Ibiza-U-Ausschuss am 16.09.2020
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„Ibiza“-U-Ausschuss

Wie in Ministerien entschieden wird

Nach OMV-Chef Rainer Seele hat am Mittwoch Elisabeth G., Spitzenbeamtin im Finanzministerium – auch in der Abteilung für Beteiligungen und Liegenschaften – vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss ausgesagt. Sie gab unter anderem Einblicke in die Entscheidungsfindung im Ministerium. Die Vertrauensperson von G. hatte schon Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) in den Ausschuss begleitet.

Zu Beginn der Befragung führte G. in ihrer Stellungnahme unter anderem aus, dass die Rechtsform der ÖBIB im Gegensatz zur Nachfolgerin ÖBAG zahlreiche Nachteile hatte. So habe die ÖBIB nicht in den Aufsichtsräten der Unternehmen mit Beteiligungen sitzen dürfen, dadurch habe die Republik nur unzureichende Einflussmöglichkeiten gehabt. Das habe zu einem unterbrochenen Informationsfluss und Verzögerungen geführt.

Sie selbst kenne ÖBAG-Alleingeschäftsführer Thomas Schmid seit Ende 2015, damals noch als Kabinettschef, führte die Beamtin aus. Die Zusammenarbeit mit Schmid sei sachorientiert und professionell gewesen. Alleinvorstände habe es in der ÖIAG und den Nachfolgestrukturen seit 2006 gegeben. Kein Thema im Ministerium sei gewesen, dass Schmid, damals Generalssekretär im Finanzministerium und damit auch mit der Umstrukturierung beschäftigt, selber Kandidat für die ÖBAG-Alleingeschäftsführung war.

Jan Krainer
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SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer wollte von G. unter anderem Details zum Syndikatsvertrag

Ministerium bereitet Entscheidungen für Minister vor

Gefragt zur Entstehung des ÖBAG-Gesetzes sagte G., dass ihre Abteilung damit beschäftigt gewesen sei. Schmid sei zudem Mitglied der Arbeitsgruppe gewesen. Letztlich treffe aber der Minister Entscheidungen, so G., auch, wie der Aufsichtsrat zu besetzen sei. G. hat auch einen Entwurf für den Ausschreibungstext geschrieben, es habe mehrere gegeben, schließlich habe der Aufsichtsrat einen Text beschlossen, auch ein Berater wurde demnach engagiert.

G. führte aus, dass Entscheidungen des Ministers im Ministerium selbst, auch in ihrer Abteilung zum Beteiligungsmanagement, vorbereitet würden. Dazu zähle etwa mögliches Stimmverhalten in Aufsichtsräten. Die Möglichkeiten würden dann über verschiedene Stufen im Ministerium hinauf bis zum Kabinett geprüft und entsprechend genehmigt. Abgelehnt würden Vorschläge nicht, aber mitunter nicht umgesetzt.

Helmut Brandstätter
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NEOS-Abgeordneter Helmut Brandstätter wollte G. nicht glauben, dass Schmid als ÖBAG-Chef im Ministerium nie Thema war

Keine Erinnerung an Wechsel in Aufsichtsräten

Wenig sagen konnte G. zur Frage, ob Aufsichtsräte in Unternehmen mit ÖBAG-Beteiligung dazu bewegt wurden, ihr Amt zurückzulegen – und ob im Finanzministerium über die Besetzung von Vorständen beraten wurde. Sie haben auch keinen entsprechenden Auftrag erhalten. Erinnern konnte sie sich an eine Vorstandsbesetzung bei der Telekom Austria, die stehe aber in Zusammenhang mit einem Syndikatsvertrag mit dem Mehrheitseigner America Movil. Darüber könne sie nicht sprechen, weil es um Geschäftsgeheimnisse gehe.

Es folgte eine intensive Debatte über das Entschlagungsrecht der Auskunftspersonen, gefolgt von einer Debatte darüber, dass die Vertrauensperson nur reden darf, wenn sie angesprochen wird. Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) kündigte an, dass man sich im Ausschuss haargenau an die Gesetze halten werde.

Nina Tomaselli
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Nina Tomaselli (Grüne; links) fragte G. vor allem zum Thema ARE

G. sitzt auch im Aufsichtsrat der Finanzmarktaufsicht (FMA). Dort habe man sich Gedanken über die Umsetzung der angedachten Umstrukturierung der FMA gemacht, in die Vorbereitungen selbst sei sie nicht eingebunden gewesen, dafür sei eine andere Sektion im Finanzministerium zuständig gewesen. Zur Privatisierung der ARE, der Immobilientochter der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), sagte G., es habe wohl auch Überlegungen, aber keine konkreten Pläne und „keinen Zug zum Tor“ gegeben.

McKinsey am „Projekt Edelstein“ beteiligt

Zum „Projekt Edelstein“ rund um die angedachte Privatisierung des Bundesrechenzentrums (BRZ) sagte G., die auch im Aufsichtsrat des BRZ sitzt, man habe sich als Auftrag im Ministerium überlegt, wie man Synergie schaffen und Effizienz steigern könne, ohne neu ausschreiben zu müssen. Vor diesem Hintergrund sei als eine von mehreren Optionen die Idee mit der Übertragung an die Post entstanden. Sie habe auch mit Schmids engstem Mitarbeiter darüber geredet. In das Projekt eingebunden waren Berater von McKinsey. Eine Studie von McKinsey habe 75.000 Euro gekostet. Beschäftigt wurde auch die Ex-Kanzlei von G., für 11.000 Euro.

Es seien eine Reihe von Möglichkeiten für die ARE geprüft worden, so G. weiter, darunter auch ein Börsengang. Dass auch alles so bleiben kann wie gehabt, habe wohl sie später auch als Option reklamiert. Die befasste Strategiegruppe habe dann beschlossen, nichts zu tun. Schließlich sei ohnedies alles obsolet gewesen, da die Entscheidung fiel, dass die BIG samt ARE an die ÖBAG übertragen wird.

Laut G. gab es beim „Projekt Edelstein“ auch Sicherheitsbedenken rund um die dort gespeicherten Daten des Bundes. Ob das Bundeskanzleramt am „Projekt Edelstein“ beteiligt gewesen sei, könne sie nicht sagen, es sei aber wahrscheinlich.