Lega-Chef Matteo Salvini bei einer Deomstration nahe Rom
APA/AFP/Alberto Pizzoli
Regionalwahlen in Italien

Salvini mobilisiert gegen Regierung

In Italien wird am Sonntag und Montag erstmals seit Ausbruch der Coronavirus-Epidemie vor sieben Monaten gewählt. Neben einem italienweiten Referendum finden vielerorts auch Kommunal- und in sieben der 20 italienischen Regionen Regionalwahlen statt. Diese sind ein erster großer Test für die Regierung um Premier Giuseppe Conte. Und der ehemalige Innenminister, Lega-Chef, Rechtsaußen Matteo Salvini will gegen die Regierung mobilisieren.

Die Regional- und Teilkommunalwahlen fallen auch mit einem Referendum über eine Reform zur Reduzierung der Parlamentarierzahl zusammen. Insgesamt sind 51 Millionen Italienerinnen und Italiener zum Wahlgang am Sonntag und Montag aufgerufen, 18 Millionen beteiligen sich an den Regionalwahlen in sieben Regionen. 35 Kandidaten sind im Rennen um die Posten der Präsidenten der Regionen Venetien, Ligurien, Toskana, Marken, Kampanien und Apulien.

Im norditalienischen Aostatal wird das Regionalparlament gewählt, aber nicht der Präsident der Region. Am 20. und 21. September sind auch Kommunalwahlen in 1.179 Gemeinden vorgesehen, darunter in Bozen und in Venedig. Der Urnengang findet in 155 Gemeinden mit mehr als 15.000 Einwohnern statt. Stichwahlen sind am 4. Oktober vorgesehen.

Der italienische Premier Giuseppe Conte
Reuters/Remo Casilli
Die Regierung des parteilosen Premiers Conte könnte durch die Regionalwahlen geschwächt werden

Lega mit Postfaschisten verbündet

Bei den Regionalwahlen wird mehrheitlich mit einem Sieg der Mitte-rechts-Parteien um die Lega von Salvini gerechnet. Lega-Chef Salvini setzte die Woche davor auf eine ausgedehnte Wahlkampftour von Nord nach Süd. Fast täglich war er in Sozialen Netzwerken umringt von jubelnden Fans zu sehen – trotz Coronavirus-Auflagen. An der Spitze einer konsolidierten Mitte-rechts-Allianz hofft er auf den Sieg in allen am Wahlgang beteiligten Regionen.

Dem Bündnis von Salvini gehören auch die postfaschistische Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) sowie die rechtskonservative Forza Italia um den am Coronavirus erkrankten Ex-Premier Silvio Berlusconi an. Im Gegensatz zum oppositionellen Mitte-rechts-Block ziehen die in Rom regierenden Sozialdemokraten (PD – Partito Democratico) und die Fünf-Sterne-Bewegung getrennt in den Wahlkampf. Damit verringern sich ihre Erfolgsaussichten beträchtlich.

Lega-Chef Matteo Salvini beim Bad in der Menge
Reuters//Guglielmo Mangiapane
Salvini bei einer Wahltour in der Emilia-Romagna – noch vor CoV-Zeiten im Jänner 2020

Schwerer Schlag gegen Regierung möglich

Salvini weiß genau, dass ein klarer Durchbruch der Rechtsparteien bei den Regionalwahlen der ohnedies labilen Regierungskoalition von Fünf Sternen und PD in Rom einen schweren Schlag versetzen und sogar das Ende der zweiten Regierung von Premier Conte bedeuten könnte.

Zwar konnte Conte mit der Brüsseler Zusage von 209 Milliarden Euro Wiederaufbauhilfe für Italien seine politische Position und sein persönliches Ansehen in der Bevölkerung konsolidieren. Die Coronavirus-Krise belastet jedoch viele italienische Familien schwer, die einen dramatischen Herbst aus Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsrückgang befürchten.

Vergebens rief der parteilose Conte die Regierungskräfte auf, gemeinsame Wahllisten für die Regionalwahlen aufzustellen, um den Vormarsch der Mitte-rechts-Koalition zu stoppen.

Konkurrenz für Salvini am rechten Rand

Während die Forza Italia des viermaligen Premiers Berlusconi unter der Konkurrenz des selbstbewusst auftretenden Salvini leidet, wurde dagegen die Chefin von Fratelli d’Italia, Giorgia Meloni, zu einer gefährlichen koalitionsinternen Konkurrentin. Die gebürtige Römerin aus dem Arbeiterviertel Garbatella wettert unermüdlich gegen illegale Einwanderung, zu hohe Steuern und die Brüsseler Technokratie. Ihre Partei gewann in den letzten Monaten unter dem Druck der Coronavirus-Krise laut Umfragen stark an Zustimmung.

Zeitungsstand in Mailand
Reuters//Guglielmo Mangiapane
Ein Zeitungskiosk in Mailand vor der EU-Wahl 2019 – auch damals war Salvini auf den Titelseiten

In Venetien hofft der scheidende Präsident und Lega-Spitzenpolitiker Luca Zaia auf eine Wiederwahl. Der 52-Jährige, der sich laut Experten während des Coronavirus-Lockdowns durch gutes Management profiliert hat, geht an der Spitze der Mitte-rechts-Allianz ins Rennen. Laut Umfragen gilt er als Favorit. Die Sozialdemokraten setzen auf den ehemaligen Bürgermeister von Padua, Arturo Lorenzoni, der inzwischen am Coronavirus erkrankt ist. Auch in Ligurien hofft der zum Mitte-rechts-Lager gehörende, scheidende Präsident Giovanni Toti auf ein zweites Mandat.

Toskana als symbolträchtiger Ort

Besonders hart umkämpft ist die Region Toskana. In der linken Hochburg hofft die PD-Partei auf den Wahlsieg mit ihrem Kandidaten Eugenio Giani, der auch von mehreren Bürgerlisten unterstützt wird. Giani soll den scheidenden Präsidenten der Region und PD-Spitzenpolitiker Enrico Rossi ersetzen.

Die Mitte-rechts-Allianz schickt die Kandidatin Susanna Ceccardi, Ex-Bürgermeisterin der Kleinstadt Casina, ins Rennen. Für sie engagiert sich Lega-Chef Salvini, der von einem historischen Wahlsieg seiner Lega in der Toskana träumt. Auch in den süditalienischen Regionen Kampanien und Apulien hoffen die Mitte-rechts-Kandidaten auf einen Sieg.

Referendum über Verkleinerung des Parlaments

Die Regional- und Teilkommunalwahlen fallen mit einem Referendum über eine im Oktober 2019 vom Parlament gebilligte Reform zur Verkleinerung des Parlaments zusammen. Demnach soll die Zahl der Parlamentarier in Italien von 945 auf 600 reduziert werden. Die Reform war bereits viermal mit großer Mehrheit vom Parlament gebilligt worden und muss jetzt durch ein Referendum bestätigt werden. Für die Gültigkeit der Volksbefragung ist kein Quorum notwendig.

Laut Umfragen wollen 42 Prozent der Italiener für die Verkleinerung des Parlaments stimmen. Damit spare man eine Milliarde Euro pro Legislatur, argumentiert die für die Reform verantwortliche regierende Fünf-Sterne-Bewegung. Die Gruppierung setzt sich schon seit Jahren für eine Reduzierung der Kosten der Politik ein. Mit der Reform sollen außerdem Entscheidungsprozesse beschleunigt werden. Die Gegner der Reform, zu denen auch der ehemalige EU-Kommissionspräsident Romano Prodi zählt, erwidern, dass die Reform an den demokratischen Prinzipien rüttle, da diese die Repräsentativität der Parlamentskammern beschneide.

Sollte beim Referendum das „Ja“ siegen, würde Südtirol einen Sitz im Senat verlieren. Die Sitze in der Abgeordnetenkammer werden hingegen wieder regional vergeben. Die Region Trentino-Südtirol würde künftig nur noch sieben statt elf Mandate erhalten.