Chinas Führung stattet Regale bei Thalia aus

Die Buchhandelskette Thalia verkauft, wie diese Woche aus deutschen Medien zu erfahren war, neuerdings Bücher aus China, die von dem regimetreuen Importeur China Book Trading ausgewählt wurden. Es handle sich um einen Test, der „ausschließlich in drei Buchhandlungen zeitlich begrenzt“ stattfinde, hieß es dazu in einem Statement des Händlers. Wie ORF.at gestern bestätigt wurde, nimmt auch die Wiener Filiale auf der Mariahilfer Straße daran teil – im hinteren Bereich des Erdgeschoßes finden sich zwei entsprechende Buchregale.

Aufgefallen war der Probelauf, der außer in Wien noch in Hamburg und Berlin stattfindet, einer Sinologin in der deutschen Hauptstadt: In der Filiale auf dem Alexanderplatz war die Kundin auf drei Regale mit chinesischer Literatur gestoßen. Zuerst habe sie sich gefreut, schrieb sie auf Facebook, schnell aber wunderte sie sich über die Einseitigkeit des Angebots. Auf Nachfrage erklärte ihr eine Mitarbeiterin, dass in der Filiale Regalfläche „von außen“ gekauft worden sei und dort „nichts Chinakritisches“ ausgelegt werden dürfe.

Das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) begab sich auf Augenschein und bestätigte die Existenz der Regale: Eines firmiert unter „Chinesische Autoren“, das zweite heißt „Thalia-Tipp“, das dritte ist schlicht das „Chinesische Regal“. Das Angebot sei üppig, aber einseitig: „Titel zum chinesischen Frühlingsfest, zur Geschichte und Literatur des Landes sowie Kinderbücher über Pandabären. Außerdem Werke des Literaturnobelpreisträgers Mo Yan, seines Zeichens Mitglied der Kommunistischen Partei Chinas.“

Und: „China regieren“ Teil eins und zwei von Chinas KP-Vorsitzenden und Präsidenten Xi Jinping. Wenig Wunder, gehört China Book Trading doch zu 100 Prozent der Kommunistischen Partei Chinas und untersteht ihrer Kontrolle. Unabhängige Verlage etwa aus Hongkong sind dort nicht vertreten. Das Unternehmen ist nach eigener Aussage „Chinas größter Verlag in Europa“.

Bücher zum Thema China
Privat

Wie Thalia in einem schriftlichen Statement, das auch ORF.at vorliegt, bestätigte, schlagen „unsere chinesischen Partner“ Bücher vor, die „vom Thalia Sortimentsmanagement geprüft und freigegeben werden“. Es handele sich um ein allgemeines Sortiment mit Kinderbüchern, Reiseliteratur, Lyrik und Belletristik sowie zwei Politiktiteln. Das sei ein „Service für die wachsende chinesische – bzw. China-Interessierte – Community in Deutschland“, und offensichtlich auch in Österreich.

Es handle sich um einen Test, der „ausschließlich in drei Buchhandlungen zeitlich begrenzt“ stattfinde. „Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema China findet in unseren Buchhandlungen über kuratierte Thementische und eine große Buchauswahl statt und wird durch den Test nicht beeinflusst.“ Das lässt sich tatsächlich bestätigen: In der Filiale Wien-Mariahilf finden sich im zweiten Stock auch kritische Titel wie die „Neuerfindung der Diktatur“, „Die lautlose Eroberung“ oder „Die Kronzeugin“.

Aus kaufmännischer Sicht sei das Vorgehen von Thalia unproblematisch, sagte der Literaturkritiker Jörg Plath in einem Beitrag für Deutschlandfunk Kultur. In Sozialen Netzwerken werde aber kritisiert, dass Thalia nicht klarmache, „dass diese Titel von China ausgewählt worden sind“, so Plath. „Nicht kennzeichnungspflichtiges Marketing“ sei bei großen Ketten üblich, wurde auch die deutsche Buchmarktexpertin Karla Paul auf RND zitiert. Verlage zahlten dann dafür, dass ihre Bücher auf bestimmten Verkaufsflächen herausgehoben werden. Aber, so Paul: „Das wird normalerweise von Verlagen gebucht. Als politische Einflussnahme ist es für mich neu.“