Ärzte in Schutzanzügen bei einem Patienten auf einer Intensivstation für Covid-19-Patienten in Berlin
Reuters/Fabrizio Bensch
Deutschland

Spitäler verringern Zahl der CoV-Betten

Die deutschen Spitäler halten trotz steigender Infektionszahlen immer weniger Betten auf ihren Intensivstationen für Patientinnen und Patienten frei, die schwer am neuartigen Coronavirus erkrankt sind. Das ist eine gute Nachricht für alle anderen Patienten. Wie rasch bei Bedarf die Kapazitäten wiederhergestellt werden könnten, ist unklar.

Laut der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ entschied die Landesregierung Baden-Württembergs diese Woche, dass künftig statt 35 nur noch zehn Prozent der Betten für diese Patienten reserviert sein sollen. Sie folgte damit der Entwicklung in anderen Bundesländern. In Berlin sind bereits seit Juni nur noch zehn Prozent der Betten für Covid-19-Patienten reserviert, Niedersachsen folgte Mitte Juli.

In Österreich, das seit Tagen mit – gemessen an der Gesamtbevölkerung – viel stärker steigenden Infektionszahlen konfrontiert ist, gibt es derzeit in den Spitälern grundsätzlich noch keine Engpässe. Eines der drei Wiener CoV-Schwerpunktspitäler, das ehemalige Franz-Josef-Spital in Favoriten, hat allerdings am Wochenende offenbar seine Kapazitätsgrenze erreicht – mehr dazu in wien.ORF.at.

Ausnahme Rheinland-Pfalz

In Bayern und Brandenburg müssen die Krankenhäuser seit dem Sommer gar keine Intensivbetten mehr für Covid-Patienten freihalten, Hamburg schaffte die Quote im August ab. Anfang September kippte auch Sachsen-Anhalt die Regelung ganz. Allein in Rheinland-Pfalz sind Krankenhäuser seit dem Frühjahr unverändert dazu angehalten, 20 Prozent ihrer Intensivbetten wegen der Pandemie freizuhalten. Es sei nicht geplant, daran etwas zu ändern, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums in Mainz dem Blatt.

Höchstwert bei Neuinfektionen seit April

Die Zahl der Coronavirus-Neuinfektionen in Deutschland erreichte jedenfalls den höchsten Stand seit der zweiten April-Hälfte. Innerhalb eines Tages meldeten die Gesundheitsämter 2.297 neue Fälle, wie das Robert Koch-Institut (RKI) heute bekanntgab. Mit rund 83 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern hat Deutschland damit aber proportional an der Bevölkerung gesehen weiterhin weitaus weniger Neuinfektionen als etwa Österreich.

„Nach einer vorübergehenden Stabilisierung der Fallzahlen auf einem erhöhten Niveau ist aktuell ein weiterer Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten“, schrieb das RKI in seinem Bericht vom Vorabend. Allerdings wurde auch bei den Testungen mit 1,12 Millionen in der vergangenen Woche ein Rekordwert erreicht.

Spahn: Derzeit ausreichend Spitalskapazitäten

Die Lage auf den Intensivstationen ist nach wie vor recht entspannt – das geht aus dem sogenannten DIVI-Intensivregister hervor, das die freien und belegten Intensivbetten von fast 1.300 Krankenhäusern erfasst. „Aktuell kann unser Gesundheitssystem gut mit der Situation umgehen, aber die Dynamik in ganz Europa besorgt“, schrieb Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf Twitter. Er appellierte erneut an die Bürgerinnen und Bürger, Abstand zu halten, Mund-Nasen-Schutz zu tragen und Hygieneregeln zu beachten.

Höchster Stand bei 6.300

Der Höhepunkt bei den täglich gemeldeten Neuansteckungen war Ende März, Anfang April bei mehr als 6.000 gelegen. Die Zahl war dann in der Tendenz gesunken und im Juli wieder gestiegen. Die Zahl der erkannten Neuinfektionen ist auch davon abhängig, wie viele Menschen getestet werden. Die Zahl der Tests nahm laut RKI zuletzt wieder leicht zu.

Während in Deutschland, aber auch in Italien, die Lage grundsätzlich entspannt ist, sind weite Teile Europas mit einem starken Anstieg der Neuinfektionen und mit der Überforderung der – für die Einschätzung der Entwicklung so entscheidenden – Kontaktnachverfolgung konfrontiert. Von England, Frankreich und Spanien bis hin zu mittel- und osteuropäischen Ländern gibt es starke Anstiege.

Rekordwerte in Slowakei und Polen

In Polen wurden binnen 24 Stunden 1.002 Neuansteckungen mit dem neuartigen Coronavirus registriert. Auch die Slowakei und Litauen meldeten am Samstag den höchsten Stand der Neuinfektionen seit Beginn der Pandemie.

„Die Zahlen, die wir heute haben, sind das Ergebnis einer Rückkehr der Menschen zu einem normalen Alltag, der Rückkehr zur Arbeit“, erklärte ein Sprecher des polnischen Gesundheitsministeriums. Im 38-Millionen-Einwohner-Land Polen wurden bisher 78.330 CoV-Infektionen nachgewiesen. Die Zahl der CoV-Toten stieg am Samstag um zwölf auf 2.300.

In der Slowakei wurden am Samstag 290 neue CoV-Fälle gemeldet. Damit wurden in dem Land mit 5,4 Millionen Einwohnern bisher mehr als 6.500 Ansteckungen nachgewiesen. „Die Lage ist kritisch geworden“, kommentierte Regierungschef Igor Matovic den Rekord an Neuansteckungen im Onlinenetzwerk Facebook.

Tschechien weiter stark betroffen

Nach zuletzt vier Tagen mit rasantem Anstieg schwächte sich die Zahl der Neuinfektionen in Tschechien (10,7 Mio. Einwohner) etwas ab. Das Gesundheitsministerium meldet 2.111 weitere Ansteckungen binnen 24 Stunden. Der Rückgang könnte aber auch mit dem Wochenende und der verringerten Zahl an Tests zu tun haben. Am Freitag war mit 3.130 neuen Fällen ein neuer Rekord registriert worden. Die Gesamtzahl hat sich innerhalb von rund drei Wochen auf jetzt 46.262 rund verdoppelt.

Gemessen an der Gesamtbevölkerung verzeichneten nur Spanien und Frankreich in der EU Union in den vergangenen zwei Wochen einen größeren Anstieg. Die Regierung in Prag reagierte bereits mit der Wiedereinführung von Beschränkungen. So müssen in Schulen Masken getragen werden, diverse Veranstaltungen in geschlossenen Hallen sind verboten, und seit Freitag dürfen Bars nur noch für eine bestimmte Dauer geöffnet sein.