Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus im „Ibiza-Video“
Süddeutsche Zeitung/Spiegel
„Ibiza-Video“

Ermittlungsstopp zu FPÖ-Vereinsspenden

Als eine Folge der „Ibiza-Affäre“ haben die Ermittler sechs mutmaßliche FPÖ-nahe, fünf ÖVP-nahe und zwei SPÖ-nahe Vereine unter die Lupe genommen. Am Montagabend wurde nun bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) die Ermittlungen zu verdeckten FPÖ-Parteispenden über Vereine einstellte.

Nicht mehr ermittelt wird gegen den ehemaligen Parteichef Heinz-Christian Strache, der im „Ibiza-Video“ mit Umgehungskonstrukten geprahlt hatte, gegen dessen einstigen Klubchef Johann Gudenus sowie den Ex-Nationalratsabgeordneten Markus Tschank.

Es bestehe „kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung“, heißt es in einer der APA vorliegenden Benachrichtigung an die Rechtsvertreter der Betroffenen. Es wurde kein Grund genannt, warum die Vereinscausa nicht mehr verfolgenswert erscheint. „Hinsichtlich des Faktums ‚Vereinsspenden‘ konnte der Nachweis einer strafbaren Handlung (…) nicht erbracht werden“, wird die knappe Mitteilung an die Betroffenen formuliert.

Markus Tschank (FPÖ)
ORF.at/Carina Kainz
In der Causa zu den Vereinsspenden wurden neben den Ermittlungen zu Strache und Gudenus auch die zu Markus Tschank (Bild) eingestellt

Weiterhin Ermittlungen zu Casinos Austria

Prahlereien im „Ibiza-Video“ über das Schleusen der Gelder über parteinahe Vereine am Rechnungshof vorbei hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Im Fokus der Ermittler standen die Vereine „Patria Austria“, „Austria in Motion“, „Wirtschaft für Österreich“ und das „Institut für Sicherheitspolitik“.

Im Gegensatz zur Causa Vereinsspenden werde in jener zur Postenbesetzung bei den Casinos Austria aber noch weiter ermittelt, hieß es vonseiten der WKStA. Auch dabei stehen unter anderem Strache und Gudenus im Visier, aber auch etwa der ehemalige ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger.

Spende über dritte Person

Laut einem „profil“-Bericht von Ende August befassten sich die Ermittler zuletzt mit verdeckten Spenden eines Kärntner Unternehmers an den eben als FPÖ-nahe geltenden Verein „Austria in Motion“. Der Geschäftsmann soll 2018 Firmengelder in Höhe von 17.000 Euro an eine dritte Person übergeben haben, die die Spendenüberweisung dann von ihrem eigenen Konto vornahm.

Der Mittelsmann sagte demnach als Zeuge aus, der Geldgeber habe „geschäftlich in Wien Fuß fassen“ wollen „und sich Hilfe von der FPÖ erwartet“. Gegenüber dem Magazin erklärte der Kärntner Unternehmer, es habe für die Zahlung einen Gesellschafterbeschluss gegeben, er rechne mit einer raschen Einstellung des Verfahrens.

FPÖ, Strache und Gudenus sehen sich bestätigt

Mit der Ermittlungseinstellung durch die WKStA sieht sich die FPÖ in ihrer Erwartungshaltung bestätigt: Für ihn sei die Einstellung des Verfahrens auch eine „politische Genugtuung“, wie Klubobmann Herbert Kickl am Dienstag in einer Pressekonferenz sagte. Kickl war zwar nicht als Beschuldigter geführt, wurde aber laut eigener Wahrnehmung nach Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ aus dem „Innenministerium entfernt“, da er als einstiger Generalsekretär seiner Partei an strafrechtlich relevanten Konstrukten hätte beteiligt sein können.

„Wir haben von Anfang an klargestellt, dass es hier nichts gibt, das man uns in irgendeiner Form vorwerfen kann.“ Er glaube, dass auch weitere Verfahren, die seine Partei betreffen, eingestellt werden – mit Ausnahme von Straches Spesencausa, bei der die Freiheitlichen ja als Opfer geführt würden.

Für Kickl hat die Verfahrenseinstellung auch gezeigt, was der noch laufende „Ibiza“-Untersuchungsausschuss des Nationalrats bereits festgestellt habe: dass es auf der strafrechtlichen Seite genauso aussehe wie auf der politischen. „Es hat sich alles aufgelöst, was gegen die Freiheitliche Partei hier vorgebracht wurde.“ Übrig blieben Spendenvorwürfe gegenüber der ÖVP, welche sich die Staatsanwaltschaft nun mit ihren frei gewordenen Kapazitäten anschauen könnte.

Schnedlitz: „Von Anfang an klar“

„Für uns war von Anfang an klar, dass über diese Vereine keine Parteienfinanzierung stattgefunden hat. Wir freuen uns, dass nun auch die WKStA durch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens das bestätigt hat“, so FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz.

Von all den betroffenen Vereinen („Austria in Motion – Verein zur Reform der politischen Kultur in Österreich“, „Wirtschaft für Österreich“, „Patria Austria – Verein zur Förderung des österreichischen Kultur- und Brauchtums“, „Wir für HC Strache – Parteiunabhängiges Personenkomitee“, „Reformen – Zukunft – Österreich Verein für politische Kultur in Österreich“, „Institut für Sicherheitspolitik – ISP“) wurden „keine Geldflüsse an die FPÖ getätigt“, so Schnedlitz in einer Aussendung.

Der FPÖ-Generalsekretär verwies auch darauf, dass FPÖ-Chef Norbert Hofer „bereits kurze Zeit nach dem Auftauchen der Vereine als Folge des Ibiza-Videos“ diese Vereine habe prüfen lassen und das Prüfergebnis auch „umgehend“ den Medien zur Verfügung gestellt habe. Gleichzeitig äußerte Schnedlitz die Hoffnung, dass im noch laufenden Ermittlungsverfahren zu Spesenvorwürfe gegen Strache die Behörden „rasch vorankommen“. „In diesem Verfahren ist die FPÖ als Geschädigte geführt. Wir freuen uns auf den Tag, an dem in dieser Causa die Anklage fertiggestellt ist, damit auch dieses Kapitel rasch abgeschlossen werden kann.“

„Platzen wie Seifenblasen“

Auch Strache sieht sich bestätigt. Die Einstellung sei erfolgt, „wie ich dies auch stets prognostiziert habe“, erklärte er in einer Aussendung. „Außerdem belegt dies nun eindrucksvoll die in der 2. Republik beispiellose Hetzkampagne gegen meine Person und auch die medial befeuerten Vorverurteilungsmaschinerien – wie angeblich falscher Wohnsitz und Ibiza-Video – platzen wie Seifenblasen“, so Strache.

Er sei seit Erscheinen „des illegal produzierten Ibiza-Videos“ mit den „haltlosen Vorwürfen der illegalen Parteifinanzierung“ konfrontiert gewesen. Dabei habe er stets betont, „dass jegliche Spenden zu 100 Prozent rechtskonform abzuhandeln seien und auch keinerlei Gegenleistungen für etwaige Zuwendung erwartet werden können“. Kritik übte er an den Medien, gleichzeitig dankte er den Ermittlern.

„Vor Ibiza-Gangstern nur geprahlt“

Gudenus begrüßte die Einstellung des Verfahrens gegen ihn in der Causa zu parteinahen Vereinen. „Ich freue mich, dass die Ermittler nach 15 Monaten das erkannt haben, was von Anfang an klar war: Spenden an Vereine und das Bitten um solche ist nicht illegal und schon gar nicht strafrechtlich relevant – auch nicht, wenn es um ein freiheitliches Umfeld geht“, sagte er in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Für Gudenus ist damit noch etwas bewiesen: „Dass vor den Ibiza-Gangstern nur geprahlt wurde.“ Die im Video aufgezählten Großspender fänden sich gar nicht in den geprüften Vereinskonten wieder. „Möglicherweise wurde ja von Spenden an Vereine anderer Parteien gesprochen“, stellte Gudenus in den Raum.

Drogenverfahren gegen Gudenus eingestellt

Ebenfalls eingestellt wurde nun das Verfahren der Staatsanwaltschaft Wien gegen Gudenus wegen auf Visitenkarten gefundenen Kokain-Spuren. Das berichtete die „Kronen Zeitung“ (Montag-Ausgabe). Die Drogenspuren waren im August vergangenen Jahres bei einer Hausdurchsuchung bei Gudenus im Zuge der Casinos-Affäre gefunden worden. Ein entsprechender Bescheid liegt auch der APA vor. Demnach besteht „kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung“ – mehr dazu in wien.ORF.at. Es seien nun alle Ermittlungen wegen Drogendelikten eingestellt, so Gudenus.

Bereits zuvor war ein weiteres Verfahren gegen den ehemaligen FPÖ-Politiker wegen Verjährung eingestellt worden. Dieses stand in Zusammenhang mit Fotos, die im Vorfeld des „Ibiza-Videos“ aufgenommen worden waren und die Gudenus in einschlägiger Pose über ein Tischchen gebeugt zeigen. „Das ist Schnee von gestern“, hatte Gudenus die aufgetauchten Bilder kommentiert.

SPÖ: Untersuchung „politisch nicht zu Ende“

Die mutmaßlichen verdeckten FPÖ-Parteispenden über Vereine werden den „Ibiza“-U-Ausschuss im Parlament auch nach der Einstellung der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft beschäftigen. Man dürfe die strafrechtliche und die politische Verantwortung nicht vermischen, sagte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried.

„Auch wenn die Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, ist sie politisch nicht zu Ende“, so Leichtfried am Rande einer Pressekonferenz. Außerdem deutete er an, dass die SPÖ Auskunftspersonen, die sich wegen der strafrechtlichen Ermittlungen im Ausschuss der Aussage entschlagen haben, nun neuerlich laden könnte. Leichtfried sagte, „dass manche, die sich entschlagen haben, sicherlich sehr interessante Zeugen sein werden, für die Zukunft“.

Krisper: Thema in U-Ausschuss nicht „nicht abgehakt“

Das sieht auch die NEOS-Fraktionsführerin im U-Ausschuss, Stephanie Krisper, so: Das Thema sei „gar nicht abgehakt“, die Vereine seien weiterhin einer Beleuchtung würdig, sagte sie zur APA. Für sie wäre es etwa eine Option, den Ex-FPÖ-Abgeordneten und Anwalt Markus Tschank neuerlich in den U-Ausschuss zu zitieren.

An Tschanks Immobilienfirma Imbeco soll Geld vom parteinahen Institut für Sicherheitspolitik (ISP) geflossen sein, dessen Präsident er auch ist. Dieses wiederum soll über 200.000 Euro vom Glücksspielkonzern Novomatic erhalten haben und wurde vom Verteidigungsministerium seit 2017 jährlich mit 200.000 Euro bedacht. Strache und Gudenus waren an der Imbeco beteiligt, und auch der Wiener FPÖ-Chef Nepp war „stiller Teilhaber“. Die Imbeco hat das Geld mittlerweile an das ISP zurücküberwiesen, ebenso wie eine zweite Tschank-Firma (Pegasus).

Einstellungsbegründung gefordert

Auch pochte Krisper auf die Veröffentlichung der Einstellungsbegründung und will das nun über eine Parlamentarische Anfrage einfordern. Überhaupt spricht sich NEOS für eine generelle Veröffentlichungspflicht bei „clamorosen“ Fällen aus, also Verfahren, die unter öffentlichem Interesse bzw. medialer Berichterstattung ablaufen. Viele „clamorose“ Verfahren liefen zwar mit einer Berichtspflicht, was zu Verzögerungen führe, wenn es allerdings zur Einstellung komme, würden die wenigsten dieser Entscheidungen auch veröffentlicht, kritisierte Krisper. Das sei eine „gehörige Schieflage“ in Sachen Transparenz.