Gestrandete Wale an einem Sandstrand in der Nähe der Stadt Strahan in Australien
AP/Brodie Weeding
Schon Hunderte tot

Letzte Hoffnung für gestrandete Wale

Helfer unternehmen nach der Massenstrandung von fast 500 Walen auf der australischen Insel Tasmanien die letzten Rettungsversuche. Rund 20 Tieren soll dabei Vorrang gegeben werden, wie lokale Behörden am Donnerstag mitteilten. Von den geschätzt rund 470 Grindwalen, die in dieser Woche an mehreren Stellen der Macquarie-Bucht im Westen der Insel strandeten, wurden bisher 70 zurück ins Meer gebracht. Hunderte Tiere seien schon verendet.

Bei den Zahlen handle sich um Schätzungen, die sich ändern könnten, sagte Nic Deka von der zuständigen Behörde Parks and Wildlife Services. Die Lage gestalte sich schwierig. „Viele der Wale befinden sich unter der Wasseroberfläche, und deshalb haben wir uns nach Kräften bemüht, Zählungen durchzuführen, während wir prüfen, welche Tiere leben und welche tot sind.“ Am Mittwoch hatte Deka von 380 toten Walen gesprochen.

„Wir werden so lange weiterarbeiten, wie die Tiere noch am Leben sind“, sagte Deka. Mit an Booten befestigten Schlingen bringen sie die gestrandeten Wale seit Tagen in tiefere Gewässer zurück. Doch die Tiere werden den Helfern zufolge mit der Zeit zunehmend schwächer.

Gestrandete Wale an der Küste in der Nähe der Stadt Strahan (Australien)
Reuters/AAP Image/Patrick Gee/The Mercury
Hunderte verendete Wale an der Küste Tasmaniens

Einige Wale sollen eingeschläfert werden

Die letzten Rettungsversuche sollen innerhalb der nächsten 24 Stunden abgeschlossen sein, hieß es Donnerstag. Danach werden sich die Helfer auf die Entsorgung der Kadaver konzentrieren. Die örtlichen Behörden würden darüber beraten, was mit den toten Tieren geschehen soll.

Einige Wale sollen nach einer Beurteilung durch einen Tierarzt eingeschläfert werden. „Das sind Tiere, denen wir eine Chance gegeben haben. Wir haben versucht, sie freizulassen, und das haben sie nicht gut überstanden“, sagte der Meeresbiologe Kris Carlyon vom australischen Meeresschutzprogramm. Die meisten der gestrandeten Wale seien mit Booten nicht zu erreichen, sagte Carlyon weiter.

Helfer versuchen in Macquarie Harbour (Tasmanien) einen gestrandeten Wal zu retten
APA/AFP/Brodie Wedding/The Advocate
Die Wale sollen zurück ins Meer

Lebende Tiere rufen einander in Not zu

Am Montag waren weit über 200 gestrandete Grindwale in der abgelegenen Macquarie-Bucht entdeckt worden, von denen rund ein Drittel bereits verendet waren. Zwei Tage später wurde nur wenige Kilometer entfernt eine zweite Gruppe von rund 200 gestrandeten Tieren gefunden. Carlyon sprach von der größten bisher vor Tasmanien verzeichneten Strandung. Er glaube, es könne sogar die Größte Australiens sein. Es sei eine der schwierigsten Rettungsaktionen verglichen mit früheren Massenstrandungen in der Region.

Die Rettungsarbeiten stellten australischen Medien zufolge für die Helfer eine körperliche und emotionale Belastungsprobe dar. Der Anblick der vielen verendeten Tiere gleiche einem „Walfriedhof“, schrieb die Zeitung „Sydney Morning Herald“. Man könne hören, wie die noch lebenden Tiere einander in ihrer Not zurufen, berichtete Carlyon. „Wir haben es hier seit Tagen mit großen gestressten Tieren zu tun.“

Bis zu sechs Meter lang und drei Tonnen schwer

Von australischen Medien und Behörden veröffentlichte Aufnahmen verdeutlichten die dramatische Lage: Zu sehen waren etwa an Land gespülte Tiere an einem Strand in der Nähe des Ortes Strahan. Grindwale werden bis zu sechs Meter lang und können drei Tonnen wiegen. Andere Fotoaufnahmen aus den vergangenen Tagen zeigten, wie Flossen von zahlreichen Tieren aus seichtem Wasser ragten.

Wal-Retter an der Küste in Tasmanien (Australien)
Reuters/Bilal Rashid
Die Arbeit ist für die Helferinnen und Helfer schwierig und belastend

In Tasmanien stranden Wale recht häufig, meist sind aber weit weniger Tiere betroffen. Zuletzt war in der Gegend eine kleinere Gruppe von Pottwalen an die Küste geraten. Bei der jetzigen Strandung der Grindwale könne es sich schlicht um einen Unglücksfall handeln, sagte Carlyon weiter. Es sei unmöglich, derartige Vorfälle in Zukunft zu verhindern. In der Natur komme das einfach vor.

Gerettete Tiere schwimmen oft zu gestrandeten zurück

Langflossen-Grindwale (Globicephala melas) sind sehr soziale Tiere. Sie verständigen sich über ein umfangreiches Tonrepertoire von Pfiffen und leben in Gruppen – Schulen genannt – mit im Mittel um die 20 Tiere. Gibt es viel Nahrung, sind saisonal Zusammenschlüsse von Hunderten Tieren unterwegs. Dabei folgen die Schulen einzelnen Leittieren. Diesen schwimmen sie selbst in zu flaches Wasser nach, wo sie sich nicht mehr orientieren können. Bei solchen Strandungen, deren Ursachen noch weitgehend unklar sind, stirbt meist ein Großteil der Tiere. Bei Rettungsaktionen ist ein Problem, dass in tieferes Wasser gebrachte Tiere häufig zu ihren noch gestrandet liegenden Gefährten zurückschwimmen.

Langflossen-Grindwale, auch Pilotwale genannt, fressen vor allem Tintenfische und andere Kopffüßer. Die Art wurde lange Zeit stark bejagt, inzwischen hat sich die Zahl der Tiere wieder etwas erholt. Auf der Südhalbkugel kommen sie in allen Ozeanen vor, auf der Nordhalbkugel im Atlantik. Auch in Nord- und Ostsee wurden schon vereinzelt Exemplare entdeckt.