Außerdem gibt es eine Empfehlung an die Betriebe, eine steuerbefreite Coronavirus-Prämie von 150 Euro auszuschütten. Das Plus von 1,45 Prozent entspricht der Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate. Die Einigung erfolgte gleich am ersten Tag der Kollektivvertragsverhandlungen. Im Vorfeld der Verhandlungen wollten die Arbeitgeber eigentlich die KV-Verhandlungen auf 2021 verschieben.
„Bei dieser Lohnrunde ist sehr viel anders“, sagte der gewerkschaftlichen Chefverhandler Rainer Wimmer (Pro-Ge) Donnerstagmittag vor Journalisten und Journalistinnen in Wien. Man habe in dieser Situation „große Verantwortung“ übernommen. Es sei ein Abschluss mit „Augenmaß“. Die Metalltechnische Industrie erwartet heuer den größten Produktionseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Fachverband Metalltechnische Industrie (FMTI) wollte eigentlich die Verhandlungen zur Gänze aufs nächste Jahr verschieben.
„Aus wirtschaftlicher Sicht wäre es am sinnvollsten, die Lohnverhandlungen in das nächste Jahr zu verschieben“, hatte FMTI-Obmann Christian Knill im Vorfeld gesagt. Nun gab es zumindest eine der raschesten Einigungen überhaupt. Offenbar waren sich beide Seiten einig, dass die Situation eine längere Auseinandersetzung nicht erlaubt. Die Arbeitergeber boten zunächst eine einmalige Prämie in der Höhe von 550 Euro.
„Heuer nur Sorgen“
Man werde drei, vier Jahre brauchen, „um wieder auf das Niveau von 2019 zu kommen, so es keine weitere Krise gibt“. Es gebe daher „heuer nichts zu verteilen, nur Sorgen“, hatte Knill im Vorfeld noch Druck gemacht. Der FMTI-Obmann verwies auf Deutschland, wo die Tarifgespräche in der Metall- und Elektrobranche wegen der Pandemie heuer unterbrochen wurden. In Österreich wurden die Metaller-KV-Verhandlungen bisher noch nie verschoben.

Die Arbeitgeber zeigten sich mit dem Abschluss durchaus zufrieden. „Es war sehr wichtig, einen sehr raschen Abschluss zu erreichen“, so Knill. Man habe nicht eine große Unruhe durch lange Kollektivvertragsverhandlungen in die Unternehmen bringen wollen. Die Lohn- und Gehaltserhöhung und die Prämie seien „eine Anerkennung für unsere Mitarbeiter“. „Gerade in schwierigen Zeiten muss man zusammenstehen.“
Der Kollektivertragsabschluss wurde am Nachmittag auch von den anderen Teilbranchen der Metallindustrie übernommen. Ab November steigen die Löhne und Gehälter in der gesamten Branche um 1,45 Prozent. In der Metallindustrie arbeiten laut Gewerkschaftsangaben mehr als 190.00 Beschäftigte, davon 127.000 in der Metalltechnischen Industrie, 6.900 in der Gießerei-industrie, 35.000 in der Fahrzeugindustrie, 17.000 im Bereich Bergbaustahl, 6.700 in der NE-Metallindustrie sowie 4.000 bei Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen.
Gewerkschaft schloss Nulllohnrunde aus
Die Gewerkschaften Pro-Ge und GPA-djp hatten zum Start der Verhandlungen in der Wirtschaftskammer in Wien das Forderungsprogramm überreicht. Das Verhandlungsteam war coronavirusbedingt von 80 auf 60 Personen verkleinert worden, auf Händeschütteln wurde verzichtet.

Im Vorfeld hatten die beiden gewerkschaftlichen Chefverhandler Wimmer und Karl Dürtscher (GPA-djp) vergangene Woche auf einen raschen Abschluss gedrängt und eine Verschiebung oder ein Aussetzen der Verhandlungen abgelehnt. „Eine Nulllohnrunde kommt nicht infrage. Das wäre in der jetzigen Situation das Schlechteste für die wirtschaftliche Entwicklung“, hieß es von den beiden Arbeitnehmervertretern im Vorfeld. Es gehe aufgrund der Wirtschaftskrise „vor allem um den Erhalt von Arbeitsplätzen“.
1.200 Unternehmen betroffen
Im vergangenen Oktober einigten sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter in der fünften Verhandlungsrunde noch auf ein Lohn- und Gehaltsplus von im Schnitt 2,7 Prozent. Die Unternehmen der Metalltechnischen Industrie erwirtschafteten 2019 einen Produktionswert von knapp 40 Mrd. Euro.

Zur Metalltechnischen Industrie in Österreich gehören insgesamt rund 1.200 Unternehmen aus den Bereichen Maschinenbau, Anlagenbau, Stahlbau, Metallwaren und Gießerei. Zu den größten Firmen der Branche zählen unter anderem der Anlagenbauer und Technologiekonzern Andritz, der Seilbahnhersteller Doppelmayr, der Beschlägehersteller Julius Blum und der Kranhersteller Palfinger.
Die Coronavirus-Kurzarbeit hat den krisenbedingten Beschäftigungsabbau in der Metalltechnischen Industrie verlangsamt, bis Mai sank die Beschäftigung aber bereits um 4,1 Prozent. Arbeitgebervertreter Knill rechnet „für die nächsten Monate und Jahre mit großen Problemen für die Betriebe und in Folge auch für die Arbeitsplätze“. Auch Industriebetriebe wie der Luftfahrtzulieferer FACC und der Stahlkonzern voestalpine haben bereits einen Beschäftigungsabbau verkündet. Außerdem soll das oberösterreichische Lkw-Werk von MAN in Steyr mit 2.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bis 2023 komplett geschlossen werden.