Arbeiter mit einem Metallrohr
Getty Images/Stone RF/Buena Vista Images
Metaller-Abschluss am ersten Tag

„Das gab es eigentlich noch nie“

Der Abschluss der Kollektivvertragsverhandlungen in der Metalltechnischen Industrie schon nach einer Stunde hat am Donnerstag wohl auch die Beteiligten überrascht: „Das gab es eigentlich noch nie“, hieß es vonseiten der Gewerkschaft Pro-Ge gegenüber ORF.at. Üblicherweise brauchte es bisher mindestens zwei Gesprächsrunden. Der Abschluss gilt als grundsätzlich richtungsweisend.

Die Verhandlungen der Metaller bilden nicht nur den Auftakt der Herbstlohnrunde, sie legen üblicherweise auch die Latte für alle folgenden KV-Gespräche. Entsprechend versuchen sowohl Arbeitgeberseite als auch Gewerkschaften in den Gesprächen üblicherweise Muskeln zu zeigen. Heuer ging der Abschluss trotz der schwierigen Lage überraschend flott über die Bühne: Nach nur einer Stunde wurde Donnerstagmittag eine Einigung verkündet.

„Bei dieser Lohnrunde ist sehr viel anders“, sagte der gewerkschaftliche Chefverhandler Rainer Wimmer (Pro-Ge) Donnerstagmittag vor Journalisten und Journalistinnen in Wien. Man habe in dieser Situation „große Verantwortung“ übernommen. Es sei ein Abschluss mit „Augenmaß“, und es sei in der „sehr, sehr schwierigen Zeit wichtig, dass Entscheidungen fallen“.

PRO-GE Chefverhandler Rainer Wimmer und der Bundesgeschäftsführer der GPA-djp Karl Dürtscher
APA/Robert Jäger
Die Gewerkschaftsvertreter Wimmer und Dürtscher pochten auf eine Reallohnerhöhung

Die Ist- und KV-Löhne sowie -Gehälter steigen ab November um 1,45 Prozent, das entspricht der Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate. Zudem gibt es eine Empfehlung an die Betriebe, eine Coronavirus-Prämie von 150 Euro auszuschütten. Üblicherweise schließen die Metaller teilweise deutlich über der Inflationsrate ab, erst einmal – 2009 – lag der Abschluss ebenso niedrig wie heuer.

Alle Seiten zufrieden

Die Arbeitgeber zeigten sich mit dem Abschluss zufrieden. „Es war sehr wichtig, einen sehr raschen Abschluss zu erreichen“, so Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie (FMTI). Man habe nicht eine große Unruhe durch lange Kollektivvertragsverhandlungen in die Unternehmen bringen wollen. Die Lohn- und Gehaltserhöhung und die Prämie seien „eine klare Anerkennung für unsere Mitarbeiter“.

Säulengrafik über die Metallerabschlüsse seit 2014
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Die Gewerkschaft lehnte die von den Arbeitgebern zu Beginn angebotene Einmalzahlung von 550 Euro ab und verlangte eine „nachhaltige“ Lohn- und Gehaltserhöhung. Der zweite gewerkschaftliche Chefverhandler, Karl Dürtscher (GPA-djp), will sich genau ansehen, wie viele Unternehmen die freiwillige, steuerbefreite Prämie auszahlen. Die schnelle Einigung zeige aber, dass die Sozialpartner „in schwierigen Zeiten“ auch „tragfähige Kompromisse“ finden können.

Konflikte eigentlich erwartet

Eigentlich hatte alles nach Konflikt ausgesehen: Im Vorfeld der Verhandlungen wollten die Arbeitgeber die KV-Verhandlungen auf 2021 verschieben. „Aus wirtschaftlicher Sicht wäre es am sinnvollsten, die Lohnverhandlungen in das nächste Jahr zu verschieben“, hatte Knill im Vorfeld gesagt. Man werde drei, vier Jahre brauchen, „um wieder auf das Niveau von 2019 zu kommen, so es keine weitere Krise gibt“. Es gebe „heuer nichts zu verteilen, nur Sorgen“. In Österreich wurden die Metaller-KV-Verhandlungen bisher noch nie verschoben, die Gewerkschaften hatten das ebenso wie die Nullohnrunde ausgeschlossen.

Die Krise werfe die Branche „um mehr als zehn Jahre zurück, und eine Lohnerhöhung sichert zwar Einkommen, aber keinen einzigen Arbeitsplatz“, so Knill dann am Donnerstag. Die Metalltechnische Industrie erwartet für heuer einen Umsatzrückgang von 20 Prozent, in den vergangenen Monaten wurden rund 4.000 Mitarbeiter abgebaut, in der gesamten Metallindustrie rund 6.000.

Nicht allen Firmen geht es schlecht

Die aktuelle KV-Erhöhung werde für angeschlagene Betriebe nicht leicht zu stemmen sein, so Knill weiter: „Denen es jetzt schlecht geht, für die ist es schwierig.“ In der Branche gebe es aber auch Firmen, denen es nicht so schlecht gehe. Außerdem würde die Kurzarbeit den krisenbedingten Jobabbau bremsen. Gewerkschafter Wimmer erwartet nicht mehr Kündigungen wegen der KV-Erhöhung. „Nein, das befürchten wir nicht.“

Sprecher der Arbeitgebervertreter Christian Knill
APA/Georg Hochmuth
Knill vertritt die Arbeitgeberseite

Im vergangenen Oktober einigten sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter in der fünften Verhandlungsrunde noch auf ein Lohn- und Gehaltsplus von im Schnitt 2,7 Prozent. Die Unternehmen der Metalltechnischen Industrie erwirtschafteten 2019 einen Produktionswert von knapp 40 Mrd. Euro. Zu den größten Firmen der Branche zählen unter anderem der Anlagenbauer und Technologiekonzern Andritz, der Seilbahnhersteller Doppelmayr, der Beschlägehersteller Julius Blum und der Kranhersteller Palfinger.

Abschluss für insgesamt rund 190.000 Beschäftigte

Der Kollektivertragsabschluss wurde am Nachmittag auch von den anderen Teilbranchen der Metallindustrie übernommen. Ab November steigen die Löhne und Gehälter in der gesamten Branche um 1,45 Prozent. In der Metallindustrie arbeiten laut Gewerkschaftsangaben mehr als 190.00 Beschäftigte, davon 127.000 in der Metalltechnischen Industrie, 6.900 in der Gießerei-Industrie, 35.000 in der Fahrzeugindustrie, 17.000 im Bereich Bergbaustahl, 6.700 in der NE-Metallindustrie sowie 4.000 bei Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen.

Bei Zeitkonten können Arbeitnehmer in der Metallindustrie befristet bis Ende 2023 nun anstatt 120 insgesamt 180 Minusstunden ansammeln. Diese Maßnahme soll laut Gewerkschaft und Arbeitgeber helfen, Arbeitsplätze zu sichern. Weitere Änderungen im Rahmenrecht gab es bei diesen Kollektivvertragsverhandlungen nicht. Über eine bezahlte Maskenpause aufgrund der Coronavirus-Pandemie wurde nicht verhandelt.