Die tschechische Atomaufsicht SUJB hat eine unbefristete Genehmigung für den weiteren Betrieb des Blocks 1 im südböhmischen Atomkraftwerk Temelin erteilt. Global 2000 reagierte alarmiert. Mit der Entscheidung solle eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unter Einbeziehung der betroffenen Nachbarländer für die Laufzeitverlängerung des umstrittenen grenznahen AKW umgangen werden, warnte die Umweltschutzorganisation gestern.
SUJB-Inspektoren und -Spezialisten prüften 163.000 Seiten an Dokumenten und führten in den vergangenen drei Jahren mehr als 200 Kontrollen in Temelin durch. Sie fanden nichts, was SUJB daran hindern würde, die Genehmigung zu erteilen, meldete die tschechische Nachrichtenagentur CTK. Die Betriebserlaubnis gilt auf unbestimmte Zeit. Allerdings muss der Energiekonzern CEZ regelmäßig, in jährlichen Abständen, Informationen über die Sicherheit, Maschinen und das Personal zur Verfügung stellen, um nachzuweisen, dass alle Bedingungen eines sicheren Betriebs erfüllt sind.
„Durch Hintertür soll UVP vermieden werden“
Hier solle „durch die Hintertür eine tatsächliche Umweltverträglichkeitsüberprüfung mit Alternativenprüfung unter Einbeziehung der betroffenen Nachbarländer, wie eigentlich unter UNECE-Recht nach der Espoo-Konvention vorgesehen, vermieden werden“, kritisierte Patricia Lorenz, Anti-Atom-Sprecherin von Global 2000, in einer Aussendung. Die im Februar 1991 in der finnischen Stadt Espoo unterzeichnete Konvention der UNO-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) regelt die Beteiligung von betroffenen Staaten und deren Öffentlichkeit an UVP-Verfahren bei Vorhaben mit möglicherweise erheblichen grenzüberschreitenden Auswirkungen.
Lorenz betonte weiters: „Während für den Ausbau der Erneuerbaren Energieträger wie Wind und Solar umfangreiche Genehmigungsprozesse erfolgen müssen, können im Falle der vorgesehenen Laufzeitverlängerung eines 1.000-Megawatt-Atomblocks hier einfach ohne Einbindung der Bevölkerung Fakten geschaffen werden – die sich aber über das Risiko des gealterten Reaktors informieren können müsste und die sich vielleicht auch für alternative, mittlerweile kostengünstigere Stromversorgungsarten ohne Unfall- und Entsorgungsrisiko aussprechen würde“. Sie kritisierte dies als „eine weitere Marktverzerrung zugunsten von Atomkraft“.
CEZ hatte das AKW Temelin trotz großer Bedenken Österreichs im Dezember 2000 in Betrieb genommen. Das Kraftwerk liegt nur rund 60 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt. Temelin ist der größte Stromerzeuger in Tschechien und deckt rund 20 Prozent des Verbrauchs des Landes. Im vergangenen Jahr erzeugte das Kraftwerk 15,76 Terawattstunden Strom. Temelins zweiter Block hat eine Betriebserlaubnis, die noch zwei Jahre gültig ist.