Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne)
APA/Georg Hochmuth
Kostenübernahme bei Absagen

„Schutzschirm“ für Veranstaltungsbranche

Die Regierung will der angeschlagenen Veranstaltungsbranche unter die Arme greifen. Wird eine Messe oder eine Kulturveranstaltung aufgrund des Coronavirus abgesagt oder kann nur eingeschränkt stattfinden, sollen jene Ausgaben, die nicht stornierbar sind, ersetzt werden. 300 Mio. Euro sollen dafür bereitgestellt werden, in Kraft treten soll die Maßnahme Anfang November.

Das teilten Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), die von den Grünen nominierte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer, Finanzminister Gernot Blümel und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (beide ÖVP) am Freitag mit.

Dieser „Schutzschirm“, der noch vom Nationalrat beschlossen und von der EU-Kommission genehmigt werden muss, soll Veranstaltern von Kongressen, Tagungen, Konzerten und Theatern Planungssicherheit geben. Gelten werde er nur für Veranstaltungen, die gemäß den geltenden Coronavirus-Bestimmungen geplant wurden. Die Abwicklung werde die Österreichische Hotel- und Tourismusbank übernehmen.

Breites Spektrum

„Ein großer, internationaler Kongress kann ebenso profitieren wie ein Kulturfestival oder ein Theater am Land“, sagte Kulturstaatssekretärin Mayer. Im Kulturbereich soll er etwa für Rock- und klassische Konzerte ebenso Sicherheit bieten wie für eine Kabarettreihe. Auch Veranstaltungen in Clubs und Diskotheken könnten darunter fallen. Detaillierte Regeln werden derzeit erarbeitet.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne)
APA/Georg Hochmuth
Laut den Regierungsmitgliedern soll die Maßnahme Planungssicherheit bringen

„Kultur, Wirtschaft und der Sportbereich sollen so bald wie möglich neu durchstarten können, dafür gibt es diesen neuen Schutzschirm“, sagte Mayer. Im Idealfall koste die Maßnahme den Steuerzahler außerdem nur sehr wenig oder gar nichts. Sollten etwa bereits im ersten Quartal des nächsten Jahres Veranstaltungen wieder gut möglich sein, würden die 300 Mio. Euro nicht annähernd gebraucht werden.

„Der Schutzschirm soll ein Anreiz sein, soll Sicherheit geben, damit die Veranstalter wieder beginnen zu planen“, sagte Köstinger. Man wolle „all diesen, die innovativ sind und ein Risiko auf sich nehmen“, eine gewisse Sicherheit geben, betonte auch Kogler. Der Schutzschirm, der Planungssicherheit im Vorhinein biete, solle den Fixkostenzuschuss ergänzen, der eine Hilfe im Nachhinein sei, sagte Blümel. Für den Fixkostenzuschuss I seien bisher mehr als 28.000 Anträge eingelangt, zwei Drittel davon bereits genehmigt. Es brauche aber auch den Fixkostenzuschuss II, bekräftigte er.

300 Mio. Euro für Veranstaltungsbranche

Die Regierung stellt 300 Millionen Euro für die angeschlagene Veranstaltungsbranche bereit. Das verkündeten Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer, Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (beide ÖVP) am Freitag.

Eine Absage nach der anderen

In den vergangenen Wochen wurden zahlreiche Veranstaltungen abgesagt. Quasi vollkommen geplatzt ist etwa die Ballsaison – neben dem Opernball werden auch andere große Bälle wie der Bauernbundball, der Jägerball und der Ärzteball nicht stattfinden. Der Wiener Ballbetrieb ist ein beträchtlicher Wirtschaftsfaktor – im vergangenen Jahr machte er 150 Mio. Euro Umsatz – mehr dazu in wien.ORF.at.

Auch bei den Herbstmessen gibt es eine Absage nach der anderen: Am Donnerstag wurde etwa die Grazer Herbstmesse abgesagt, nachdem ihr Hygienekonzept nicht genehmigt worden war – mehr dazu in steiermark.ORF.at. In Salzburg wurde zuletzt mit der Messe „Alles für den Gast“ die größte Messe der Stadt gestrichen – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Bei bereits stattgefunden Messen dürfte es teils geringe Gästezahlen gegeben haben. Bei der Herbstmesse Dornbirn waren statt 70.000 nur 12.000 Gäste – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Andere Branchen leiden mit

Kongresse und Kulturveranstaltungen seien auch für den Tourismus lebensnotwendig, ihr Fehlen sei „sehr schmerzhaft“ und bedrohe zahlreiche Unternehmen, sagte Köstinger. Die Regierung verwies auf die Wertschöpfungsketten, die hinter den Veranstaltungen stehen – etwa Veranstaltungstechnik, Catering, Messebau, Security, Moderatoren, Kunstschaffende und die Hotellerie. Letztere leidet besonders in den Städten. Wiens Hotels etwa verkündeten zuletzt die katastrophalen Auslastungszahlen für August: Diese lagen 71,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau – mehr dazu in wien.ORF.at.

Gemischte Reaktionen

Die Reaktionen auf den Rettungsschirm fielen gemischt aus. „Grundsätzlich begrüßt“ wurde die Maßnahme von NEOS, jedoch sei es „absurd, einen Schutzschirm zu präsentieren, ohne gleichzeitig auch nur irgendetwas Konkretes dazu zu sagen“, so Kultursprecher Sepp Schellhorn. Es sei unklar, wer unter welchen Umständen den Schutzschirm in Anspruch nehmen kann.

SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda begrüßte, dass „der Protest der Kultur- und Veranstaltungsszene und auch der Druck der Opposition erfolgreich“ gewesen sei. „Wesentlich ist nun, dass es nicht nur bei vollmundigen Ankündigungen bleibt, sondern die Hilfen auch ankommen.“

Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer zeigte sich am Freitag erfreut, „dass die Regierung das WKÖ-Konzept für den Schutzschirm übernimmt“. Mit der nun zugesagten staatlichen Unterstützung werde die dringend nötige Planungssicherheit für die Eventbranche und viele vor- und nachgelagerten Bereiche und Branchen geschaffen, sagte auch Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf.