US-Präsident Donald Trump und Richterin Amy Coney Barrett
APA/AFP/Olivier Douliery
US-Verfassungsgericht

Barrett offiziell von Trump nominiert

US-Präsident Donald Trump hat am Samstag die erzkonservative Juristin Amy Coney Barrett für den US-Verfassungsgerichtshof nominiert. Die 48-Jährige soll den Sitz der vergangene Woche verstorbenen liberalen Ikone Ruth Bader Ginsburg einnehmen. Mit Barrett, die noch durch den Senat bestätigt werden muss, würde das konservative Lager im US-Höchstgericht eine Zweidrittelmehrheit bekommen.

Barrett gilt als strenge Abtreibungsgegnerin. Bei der Bekanntgabe der Entscheidung im Rosengarten des Weißen Hauses würdigte Trump die „unverbrüchliche Treue“ der 48-Jährigen zur US-Verfassung. „Sie werden fantastisch sein“, sagte Trump in Richtung der neben ihm stehenden Barrett.

Barrett tritt seit Jahrzehnten als überzeugte Katholikin in Erscheinung. Ihre Gegnerinnen und Gegner befürchten, dass sich das in Urteilen niederschlagen könnte – etwa in Verfahren rund um ein 1973 ergangenes Grundsatzurteil zur Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs oder zur Rechtmäßigkeit gleichgeschlechtlicher Partnerschaften.

Richterin Amy Coney Barrett
Reuters/Carlos Barria
Barrett tritt als überzeugte Katholikin in Erscheinung – das könnte Auswirkungen auf ihre Urteile haben, befürchten Gegner

Barrett beteuert Unabhängigkeit

Die designierte Verfassungsrichterin war am Samstag in ihrem kurzen Statement vor dem Weißen Haus bestrebt, Zweifel an ihrer Unabhängigkeit zu zerstreuen. „Richter machen keine Politik“, zitierte Barrett ihren Mentor, den im Jahr 2016 verstorbenen Verfassungsrichter Antonin Scalia. Zugleich betonte sie, dass Scalia trotz tiefer inhaltlicher Differenzen immer eine „warme Freundschaft“ mit Ginsburg gepflegt habe. Diesem „Maßstab“ wolle auch sie selbst entsprechen.

„Ich liebe die Vereinigten Staaten und ich liebe die Verfassung der Vereinigten Staaten“, sagte Barrett unter dem Jubel der Teilnehmenden des Presseauftritts. Wesentlich zurückhaltender fiel der Applaus aus, als die Juristin die verstorbene Höchstrichterin Ginsburg dafür lobte, was sie für die Frauen im US-Rechtssystem erreicht habe. Ginsburg habe die gläserne Decke „nicht nur durchbrochen, sondern zerschmettert“, sagte Barrett. „Dafür wird sie immer noch bewundert von Frauen auf der ganzen Welt.“

Barrett betonte, dass sie ihr Amt „nicht für mich und meinen Kreis“ ausüben werde, „sondern um Ihnen zu dienen“. Ihre Aufgabe werde es sein, für gleiche Rechte für alle zu sorgen, versprach die 48-Jährige.

Trump würdigt Ginsburg

Trump hatte zuvor ebenfalls anerkennende Worte für Ginsburg gefunden, deren Tod ihm die Möglichkeit zur Nominierung Barretts eröffnet hat. Der US-Präsident lobte seine Kandidatin als eine der „brillantesten und talentiertesten Rechtsgelehrten“ und betonte, dass sie „äußerst qualifiziert für den Job“ sei.

Zugleich hob er hervor, dass mit Barrett erstmals eine Frau mit schulpflichtigen Kindern Höchstrichterin sein werde. Trump zeigte sich auch zuversichtlich, dass die Bestätigung der Nominierung durch den US-Senat schnell und problemlos erfolgen werde.

Die oppositionellen Demokraten kritisieren, dass Trump entgegen bisherigen Usancen die Nominierung kurz vor der Präsidentenwahl durchdrücken möchte. Das gilt auch deswegen als problematisch, weil die von ihm nominierte Höchstrichterin dann auch schon über eine mögliche Wahlanfechtung entscheiden könnte. Trump selbst hatte jüngst die Erwartung geäußert, dass sich der Verfassungsgerichtshof mit dem Wahlergebnis befassen wird müssen.

Biden: Neuer Anlauf gegen Gesundheitsreform

US-Demokraten warnten nach der Nominierung von Barrett auch, dass damit die Gesundheitsversorgung von Millionen Menschen bedroht sei. Präsidentschaftskandidat Joe Biden verwies am Samstag darauf, dass Barrett die Argumentation des Obersten Gerichts zur Bestätigung der Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama kritisiert habe. Mit der Nominierung Barretts habe Trump „die Gesundheitsversorgung der Amerikaner erneut ins Visier genommen“, so Biden.

Trump will Obamas Reform, die unter anderem Personen mit Vorerkrankungen erstmals den Zugang zur Krankenversicherung garantierte, vom Supreme Court aufgehoben sehen. Sie war bei einem früheren juristischen Angriff 2012 mit einer knappen Mehrheit von fünf zu vier Stimmen von dem Gericht bestätigt worden. Mit Barrett hätten die Konservativen eine Mehrheit von sechs zu drei Stimmen. Biden appellierte erneut an die Republikaner im Senat, nicht vor der Präsidentenwahl über die Nominierung zu entscheiden.

Biden betonte zudem, dass mit einem Aus für die Gesundheitsreform auch Patienten mit Coronavirus-Folgen wie Lungen- und Herzkomplikationen von Krankenversicherern abgelehnt werden könnten. Trump erklärte in dieser Woche zwar per Präsidentenerlass Garantien für Menschen mit Vorerkrankungen zur Regierungspolitik – es blieb jedoch unklar, wie sich das genau in der Gesetzgebung niederschlagen soll.