Touristin fotografiert Ausblick auf die Stadt Salzburg
Getty Images/Matt Dutile
Wirtschaftseinbruch

Düstere Zeiten für Hotels und Wirte

Die Gäste sind ausgeblieben: Der heimische Tourismus und die Gastronomie erlitten heuer im Sommerhalbjahr wegen der Coronavirus-Pandemie einen herben Rückgang, wie aus den vorläufigen Zahlen der Statistik Austria von Montag hervorgeht. Zwischen Mai und August gingen die Nächtigungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um nahezu ein Drittel zurück. Die Gesamtwirtschaft erlitt so einen großen Einbruch.

Der stärkste reale Rückgang der Wirtschaftsleistung mit 61,1 Prozent zum Vorjahresquartal und 65,2 Prozent zum Vorquartal entfiel im Quartal April bis Juni auf den Bereich Beherbergung und Gastronomie, gefolgt vom Unterhaltungs- und Kulturbereich, der gegenüber dem Vorjahresquartal um 35,3 Prozent und gegenüber dem Vorquartal um 27 Prozent abstürzte.

Zwischen Mai und August sanken die Nächtigungen in den Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres im landesweiten Schnitt um 33 Prozent auf 39,5 Millionen. Im Tourismusbereich besonders hart traf es Wien mit einem Einbruch der Buchungen um 82 Prozent.

Besucher mit Gesichtsmaske in einer Gondl
APA/Barbara Gindl
Auf heimische Gäste hoffte die Tourismusbranche, doch konnten sie die Verluste wie erwartet nicht ausgleichen

Noch am glimpflichsten kamen Kärnten mit einem Minus von 15 Prozent und in Summe 6,9 Mio. Nächtigungen, die Steiermark mit minus 18 Prozent (4,4 Mio. Nächtigungen) und das Burgenland mit minus 19 Prozent (1,3 Mio. Nächtigungen) davon. Das spiegelt sich auch in der Jobstatistik wider. In Wien fielen besonders viele Arbeitsstellen im Tourismus weg, in Kärnten am wenigsten, wie eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) zeigt.

Größter Wirtschaftseinbruch seit Zweitem Weltkrieg

Die Buchungen ausländischer Urlauberinnen und Urlauber gingen um 43 Prozent auf 23,8 Millionen zurück – wobei vor allem das Minus von 24 Prozent der deutschen Gäste zu Buche schlug, die heuer in der Sommersaison nur auf 16,5 Mio. Übernachtungen kamen. Die Österreicherinnen und Österreicher buchten um nur sieben Prozent weniger als in der Vorjahresperiode und sorgten für 15,7 Mio. Nächtigungen.

Die Zahlen für die Gesamtwirtschaft sehen ebenfalls düster aus. Nach dem Lockdown im März brach die Wirtschaftsleistung in den Folgemonaten April, Mai und Juni um 14,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal ein. Gegenüber dem Vorquartal betrug das Minus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) real, also saison- und arbeitstagbereinigt, 12,1 Prozent. „Das ist der kräftigste Rückgang seit dem Zweiten Weltkrieg“, so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.

Experte: Alles hängt vom Winter ab

Die Statistik Austria gab entsprechende vorläufige Berechnungen bekannt. Der Einbruch fiel stärker aus als zuletzt von Wirtschaftsforscherinnen und -forschern erwartet. Das WIFO ging Ende August von einem Minus von 12,5 Prozent aus. Mit dem starken BIP-Rückgang im zweiten Quartal ist Österreich aber nicht allein. Weltweit brach im zweiten Quartal die Wirtschaftsleistung ein. In den meisten europäischen Ländern was das Minus zweistellig.

Ob sich die Lage wieder entspannen werde, hänge allein vom Winter ab, so der Wirtschaftswissenschaftler und Universitätsprofessor am Institut für betriebliche Finanzwirtschaft an der Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz, Teodoro Cocca. Er schätzte gegenüber ooe.ORF.at die Lage so ein: „Wenn wir den Winter allerdings einigermaßen glimpflich überstehen, dann, denke ich, hält sich die Pleitewelle in Grenzen", sagte Cocca in Hinblick auf einen möglichen zweiten Lockdown, den die Regierung freilich vermeiden will – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Die Aussichten für die Wintersaison 2020/21 sind allerdings alles andere als rosig. Die wieder steigenden aktuellen Fälle sowie damit verbundene Reisebeschränkungen lassen sinkende Gästezahlen befürchten, so das WIFO in seiner Studie. Auch sei nicht zu erwarten, dass die Inlandsnachfrage die ausfallenden Gäste aus dem Ausland im selben Ausmaß kompensieren kann wie im ersten Coronavirus-Sommer.

Viele Arbeitsplätze gingen verloren

Die von der Regierung verhängten Maßnahmen haben in Sachen Arbeitsplätze im Tourismus am meisten angerichtet. Im März entfiel etwa die Hälfte des gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungseinbruchs (minus 181.775) auf das Beherbergungs- und Gaststättenwesen (minus 90.757). Mit Beginn der Sommersaison verringerte sich der Jobabbau im Tourismus merklich, dennoch lag der Beschäftigungsstand im August um 10,5 Prozent (minus 24.935) unter dem Vorjahresniveau.

Im Beherbergungswesen (Hotels, Pensionen usw.) fielen die Beschäftigungsverluste regional sehr unterschiedlich aus. In Wien wurden in der Branche gegenüber August 2019 verhältnismäßig die meisten Jobs abgebaut (minus 17,6 Prozent), auch Niederösterreich (minus 13,2 Prozent) und Tirol (minus 10,1 Prozent) litten stark unter dem Ausfall ausländischer und auch inländischer Gäste. Kärnten kam dank der regen Inlandsnachfrage mit einem Jobabbau von 1,7 Prozent am glimpflichsten davon.

Grafik zum Sommertourismus
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Auch in der Gastronomie ging es den Angestellten in Wien im Sommer am schlechtesten. In der Hauptstadt ging die Beschäftigung in dem Sektor im August um 18,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zurück, gefolgt von Salzburg mit minus 11,8 Prozent und Niederösterreich mit minus 10,7 Prozent.

Auch zahlreiche andere Branchen haben die Krise noch lange hinter sich gelassen. In Friseur- und Kosmetikstudios etwa lag der Stand der unselbstständig Beschäftigten im August um 3,6 Prozent unter Vorjahr. Im Freizeit- und Kulturbereich – etwa Bibliotheken, Wettbüros, Museen, Theater, Fitnesscenter – gab es um 6,3 Prozent weniger unselbstständige Jobs. Der Baubereich dagegen verzeichnet seit dem Sommer deutliche Beschäftigungszuwächse.

Absacken schon vor Lockdown

Schon vor dem Lockdown-Quartal war die heimische Wirtschaft im Rückwärtsgang. Im ersten Quartal 2020 betrug das Minus 3,4 Prozent. Die Ausgangsbeschränkungen, um den Ausbruch von SARS-CoV-2 in Österreich einzudämmen, waren Mitte März verhängt worden, schon im Jänner und Februar litten exportorientierte Firmen unter dem Ausbruch in China.

Grafik zum Wirtschaftseinbruch
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Dazu kam, dass sich die Wirtschaft schon vor der Pandemie abkühlte. Im Jahr 2019 war die österreichische Wirtschaft real um 1,4 Prozent gewachsen, wie das nun veröffentliche vorläufige Ergebnis zeigt. 2018 betrug das BIP-Plus noch 2,6 Prozent. Für das heurige Krisenjahr 2020 erwarten WIFO und IHS einen Einbruch von rund sieben Prozent und nächstes Jahr ein Wachstum zwischen vier und sechs Prozent.

Privater Konsum stieg bei Wohnen und Lebensmitteln

Wie aus den Berechnungen der Statistik Austria hervorgeht, haben die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in Österreich in den drei Monaten nach dem Lockdown vor allem in weiten Teilen des Dienstleistungssektors deutliche Spuren hinterlassen. Andere Bereiche wie das Wohnungswesen, das Gesundheitswesen und die öffentliche Verwaltung sowie die Informations- und Kommunikationsbranche waren kaum betroffen. Bei Mieten, Strom, Heizung sowie bei Lebensmitteln und Getränken wies der private Konsum Zuwächse auf. Insgesamt lag er aber um 16,1 Prozent unter dem zweiten Quartal 2019. Auch die Investitionen gingen deutlich zurück.

Die Industrie wurde von den Auswirkungen der Pandemie in einem schon zuvor schwachen Umfeld getroffen. Ähnlich wie im Außenhandel setzte der Rückgang bereits Ende 2019 ein und erreichte im zweiten Quartal 2020 mit einem Minus von 15,6 Prozent zum Vorquartal und 18,4 Prozent zum Vorjahresquartal einen vorläufigen Tiefststand.

Österreichern blieb weniger in der Geldbörse

Der wirtschaftliche Einbruch spiegelte sich auch in den Beschäftigungskennzahlen wider. Die Kurzarbeitsregelung trug zum Rückgang der insgesamt geleisteten Arbeitsstunden bei (minus 12,9 Prozent zum Vorquartal, minus 16,6 Prozent zum Vorjahresquartal), hielt jedoch zugleich den Rückgang der Beschäftigung in Grenzen (minus 4,5 Prozent zum Vorquartal, minus 4,9 Prozent zum Vorjahresquartal).

Die Krise machte sich auch in der Geldbörse und auf dem Konto der Österreicherinnen und Österreicher bemerkbar. Das Arbeitnehmerentgelt fiel im zweiten Quartal 2020 um 7,2 Prozent (nominell, bereinigt) gegenüber dem ersten Quartal 2020 und um 6,2 Prozent im Vergleich zum zweiten Quartal 2019, wie aus den Zahlen der Statistik Austria hervorgeht.