US-Präsident Donald Trump vor dem Weißen Haus
Reuters/Leah Millis
„NYT“-Enthüllung

Trump haftet selbst für 421 Mio. an Krediten

Ein nicht unwesentlicher Anziehungspunkt von US-Präsident Donald Trump für viele Anhängerinnen und Anhänger ist sein sorgsam gepflegtes Image des erfolgreichen Geschäftsmannes. Doch die nun von der „New York Times“ enthüllten Steuerunterlagen zeigen, dass es um Trumps Geschäfte möglicherweise nicht allzu gut steht.

Denn laut der Zeitung haftet Trump persönlich für Kredite in Summe von 421 Mio. Dollar. Davon werden Kredite im Umfang von 300 Mio. Dollar in den nächsten vier Jahren auslaufen, also während seiner zweiten Präsidentschaft, sollte Trump am 3. November wiedergewählt werden. Seine Gläubiger könnten damit in die „noch nie da gewesene Situation kommen, dass sie überlegen müssen, ob sie an einem amtierenden Präsidenten die Zwangsvollstreckung vollziehen“, so die „New York Times“, auch wenn ein solches Szenario nicht sehr wahrscheinlich klingt.

Steuerlich hat die Situation aber auch Vorteile für den 74-Jährigen. Unternehmer können Verluste steuerlich nur bis zur Höhe ihres darin investierten Geldes absetzen. Indem Trump für die 421 Mio. Dollar Schulden persönlich haftet, könnte er diese Summe auch in späteren Jahren als Verluste abschreiben.

US-Präsident Donald Trump fährt die Rolltreppe im Trump-Tower hinab (Archivbild aus 2015)
Reuters/Brendan Mcdermid
Der nach ihm benannte Tower, in dem Trump 2015 seine Politkarriere startete, ist eine der verlässlicheren Einnahmequellen

Eher schlechte Aussichten

Die Unternehmen, für die sich Trump hier am meisten verschuldete – das Doral Golf Resort in Florida und das Trump Hotel in Washington – stehen finanziell nicht gut da, was die Bereitschaft von Gläubigern, den Kredit zu verlängern, mindern könnte.

Dazu hänge der seit Jahren laufende Streit mit der Finanzbehörde, in dem Trump die Zahlung von fast 73 Mio. Dollar droht, wie ein Damoklesschwert über dem Präsidenten. Dazu kommen die angesichts der Coronavirus-Pandemie allgemein düsteren Wirtschaftsaussichten – und damit drohende Verluste etwa aus der Vermietung von Geschäftsflächen in Trumps Immobilien. Das Golfresort Doral bat die Deutsche Bank heuer bereits um eine Stundung der Kreditraten.

„NYT“ schützt ihre Quelle

Die „NYT“ veröffentlichte keine Originalunterlagen und erklärte das damit, dass sie ihre Quelle schützen wolle. Sie betonte lediglich, ihre Quelle habe legalen Zugang zu den Dokumenten gehabt. Das Vorgehen der Zeitung ist journalistisch üblich: So können ausgedruckte Unterlagen für das menschliche Auge unsichtbare digitale Wasserzeichen enthalten, die einem bestimmten Drucker zugeordnet werden.

Trumps Selbstbild angeschlagen

Trump hatte im Wahlkampf 2016 stark auf sein Image als angeblicher Selfmade-Milliardär gesetzt, der durch seine frühere Reality-Show „The Apprentice“ weite Bekanntheit erlangt hatte. Gleichzeitig weigerte er sich jedoch entgegen der seit einem Skandal um Richard Nixon geübten Gepflogenheit, seine Steuererklärungen zu veröffentlichen. Eine Zeitung hatte 1973 berichtet, dass Nixon 1970 lediglich 792,91 Dollar Einkommensteuer gezahlt hatte – Trumps 750 Dollar sind auch vom Betrag her auf Nixons Niveau.

Trumps Weigerung hatte stets für Spekulationen darüber sorgt, ob er etwas zu verbergen habe. Eine dieser Spekulationen ging in die Richtung, der Präsident wolle verschleiern, dass er als Geschäftsmann bei Weitem nicht so erfolgreich war wie von ihm behauptet.

TV-Hinweis

ORF2 überträgt die erste TV-Debatte in der Nacht auf Mittwoch ab 2.55 Uhr live.

Trumps Sohn Donald Trump Jr. bestritt am Montag keine Angaben aus dem „NYT“-Artikel, kritisierte aber, dass die Zeitung selektiv Informationen ausgewählt habe. Der Bericht lasse Eigentumssteuern, Sozialabgaben und Immobiliensteuern aus – „so viele Dinge, für die er schon immer Steuern bezahlt hat, während er Tausenden und Tausenden Leuten Arbeitsplätze schafft“.

Bidens Kampagne reagiert prompt

Das Timing der Zeitung, die seit Jahren immer wieder kritisch über Trump berichtet, ist zugleich sicher kein Zufall: Dienstagabend (Ortszeit) findet die erste von drei TV-Debatten zwischen Trump und seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden statt.

Die Demokraten griffen den Bericht schnell im Wahlkampf auf. Die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, forderte Klarheit über Trumps Steuerzahlungen. Die Bevölkerung habe ein Recht zu wissen, wem der Präsident Geld schulde. Trumps Schulden seien eine Frage der nationalen Sicherheit. Kate Bedingfield, eine Wahlkampfmanagerin des demokratischen Präsidentschaftskandidaten, sagte dem TV-Sender CNN, der Bericht untermauere den Eindruck, dass Trump auf arbeitende Menschen herabschaue.

„Geschäftsimperium ein Kartenhaus“

Der demokratische Senator Dick Durbin spielte auf Trumps Geschäfte an. Es sei nun klar, warum Trump seine Steuerunterlagen geheim halte: „Dieses angebliche Geschäftsimperium eines Milliardärs ist ein Kartenhaus.“

Bidens Wahlkampfteam startete auf seiner Seite zudem prompt den Verkauf von Stickern, auf denen steht: „Ich habe mehr Einkommensteuer als Donald Trump bezahlt.“ Der Bericht eröffnet Biden auch eine neue Angriffsfläche in der ersten Präsidentschaftsdebatte.