Liegen unter einem einzelnen Baum auf einem Strand auf Aruba
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Fernarbeiter statt Touristen

Trauminseln werben um neue Bewohner

Ob verflucht oder geschätzt: Homeoffice oder Fernarbeit ist in diesem Jahr zu einem integralen Bestandteil der Arbeitswelt geworden – und wird es wohl bleiben. Findige Länder, die großteils für ihre paradiesischen Strände bekannt sind, versuchen nun Erwerbstätige anzulocken, die ihre Arbeitsstätte problemlos verlegen können.

Die Anreizprogramme sollen primär dazu dienen, den pandemiebedingt starken Einbruch im Tourismus abzufedern und frische Gelder in die Wirtschaft zu spülen, wie CNN und CNBC jüngst berichteten. Gerade angesichts der kommenden Wintermonate im Norden könnte ein Arbeitsplatz in der Karibik für flexible Erwerbstätige tatsächlich verheißungsvoll wirken.

Anguilla in der östlichen Karibik etwa ist bekannt für seine Korallenriffe und ausnehmend schönen Strände. Seit dem 21. August nimmt das britische Überseegebiet, das bisher nur eine Handvoll Covid-19-Fälle registriert hat, Anträge von Fernarbeitenden an. Nach Angaben des Anguilla Tourist Board wird erfolgreichen Bewerberinnen und Bewerbern gestattet, zwischen drei Monaten und einem Jahr im Land zu verbringen.

Digitale Nomaden gesucht

Laut Auskunft von Kenroy Herbert, dem Vorsitzenden des Anguilla Tourist Board, wird „eine neue Klientel angesprochen, die wir als digitale Nomaden bezeichnen und die mit einem verlängerten Aufenthaltsvisum aus der Ferne nach Anguilla kommen und dort arbeiten werden“. Vorrang bei der Einreise haben Bewerber und Bewerberinnen aus Covid-19-Niedrigrisikoländern, definiert als Länder mit einer Prävalenzrate von weniger als 0,2 Prozent.

Strand auf der Karibikinsel Anguilla
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Arbeiten, wo andere Urlaub machen: Damit wirbt Anguilla in der Ostkaribik

Ein Aufenthalt unter drei Monaten kostet 1.000 Dollar (855 Euro) für Einzelpersonen und 1.500 Dollar für eine vierköpfige Familie. Die Einreisegebühren, die sich bei längeren Aufenthalten verdoppeln, decken zwei Covid-19-Tests und eine digitale Arbeitserlaubnis ab. Im Gegensatz zu anderen Reisezielen verlangt Anguilla nur eine „kurze Beschreibung“ der Art von Arbeit, die während des Aufenthalts verrichtet wird.

All-Inclusive auf Aruba

Auch das nahe gelegene Aruba bietet sich als Zufluchtsort für Telearbeitende an – das „One Happy Workation“-Programm richtet sich jedoch speziell an US-Bürger und -Bürgerinnen, wie CNN berichtete. Es steht allen Personen mit einem gültigen US-Reisepass offen und erlaubt es, bis zu 90 Tage lang auf Aruba zu leben und zu arbeiten. Geboten werden Sondertarife in mehreren Hotels und Resorts mit Vorteilen wie kostenlosem WiFi und All-Inclusive-Unterbringung. Die Initiative zielt explizit darauf ab, „Einnahmen für arubanische Unternehmen zu generieren und zur Ankurbelung der lokalen Wirtschaft beizutragen“, Gebühr wird allerdings keine erhoben.

Bunte Liegen auf einem Strand der Karibikinsel Aruba
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Arbeitsplätze auf Aruba stehen bereit

Bewerbende müssen aber bei einem Unternehmen angestellt oder in ihrem Heimatland als selbstständig erwerbstätig registriert sein und dürfen ohne eine zusätzliche Arbeits- oder Geschäftsgenehmigung keine Dienstleistungen für arubanische Unternehmen oder Einzelpersonen erbringen und kein Einkommen von diesen erhalten. Sie sind jedoch nicht verpflichtet, in Aruba Einkommensteuer zu zahlen.

Eines der ersten karibischen Reiseziele, das während der Pandemie ein Programm für ausländische Erwerbstätige ins Leben rief, war Barbados. Die bereits im Juli angekündigte „zwölfmonatige Barbados-Willkommensmarke“ bietet Reisenden die Möglichkeit, ihr Heimatbüro für bis zu ein Jahr auf die Insel zu verlegen. Erforderlich sind ein Beschäftigungsnachweis und eine Einkommenserklärung über mindestens 50.000 US-Dollar jährlich hochgerechnet auf die Verweildauer auf der Insel.

Barbados oder Bermudas

2.000 US-Dollar für Einzelpersonen und 3.000 US-Dollar für Familien gilt es bei erfolgreichem Antrag zu berappen, dafür entfällt die Einkommensteuer auf Barbados. Wer nach zwölf Monaten noch bleiben möchte, kann eine Verlängerung beantragen. Bei Ankunft muss ein negatives Coronavirus-Testergebnis vorliegen, auch eine Gesundheitsuntersuchung ist erforderlich.

„Sie müssen nicht in Ihrer Wohnung in einer dicht besiedelten Stadt mit den einhergehenden Einschränkungen und dem hohen Infektionsrisiko bleiben: Kommen Sie und verbringen Sie das Jahr mit uns und arbeiten auf dem Strand.“ So warb der Premierminister der Bermudas, David Burt, um „unabhängige Führungskräfte, selbstständige Unternehmer und Studierende, die Onlinekurse belegen“.

Anträge kosten 263 Dollar pro Person und sind ein Jahr lang gültig, Kinder können in öffentliche oder private Schulen eingeschrieben werden. Auf der Bewerbungswebsite sind Buchungsinformationen für Häuser am Strand, Elektroautos und Coworking-Spaces zu finden.

Friedensbrücke über den Kura-Fluss in der georgischen Hauptstadt Tiflis
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Tiflis erlaubt Arbeitsanträge aus 95 Staaten

Auch baltische Länder stehen parat

Fernab der exotischen Ziele wirbt auch Georgien an der Schnittstelle zwischen Europa und Asien um moderne Arbeitsnomaden. Das Programm „Remotely from Georgia“ ermöglicht es Erwerbstätigen, sich mindestens 360 Tage lang ohne Visum in dem Land aufzuhalten. Voraussetzungen sind ein monatliches Mindestgehalt von 2.000 US-Dollar und die Bereitschaft, sich bei der Einreise auf eigene Kosten einer zwölftägigen Quarantäne in einem Hotel zu unterziehen.

Im Baltikum-Staat Estland ist ein ähnliches Programm schon länger in Arbeit, nun aber in Kraft getreten. Die Anforderungen sind allerdings verhältnismäßig hoch: Antragsteller müssen ein fixes Einkommen von monatlich zumindest 3.504 Euro im vergangenen halben Jahr nachweisen. Verblüffend dabei ist, wie CNBC berichtete, das gerade eine der fortschrittlichsten digitalen Nationen der Welt das Visaverfahren nicht so technikfreundlich gestaltet wie andere. Anträge müssen nach Terminvereinbarung bei einer estnischen Botschaft oder einem estnischen Konsulat eingereicht werden, die Prüfung dauert 30 Tage.

Ende August kündigte auch Kroatien ein entsprechendes Programm an. Auf Twitter hielt Premierminister Andrej Plenkovic fest, man werde „eines der ersten Länder der Welt“ sein, das den Aufenthalt von Telearbeitenden gesetzlich regeln würde. Der Beitrag zeigte Plenkovic mit dem niederländischen Unternehmer Jan de Jong, der seit 14 Jahren in Kroatien lebt und die Initiative losgetreten hatte. „Es bleibt noch viel zu tun, aber wir wollen diesen Prozess abschließen und 2021 die ersten digitalen Nomaden begrüßen“, sagte de Jong.