Peter Barthold beim Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
„Ibiza“-U-Ausschuss

Geldgeschenke und ein angebliches Angebot

Am Mittwoch steht im „Ibiza“-U-Ausschuss erneut der Glücksspielkonzern Novomatic im Mittelpunkt des Interesses. Die zentrale Frage bleibt, ob das Unternehmen Einfluss auf die Gesetzgebung unter ÖVP und FPÖ nehmen wollte oder konnte. Als ehemaliger Novomatic-Geschäftspartner befragt wurde der ehemalige Rapid-Tormann Peter Barthold. Er erteilte Auskünfte zu Geldgeschenken und einem angeblichen Angebot.

Barthold war jahrelang als Glücksspielbetreiber tätig – von 2016 bis 2019 war er in einen Rechtsstreit mit Novomatic verwickelt. Mit dem Verbot des kleinen Glücksspiels in Wien mit Ende 2014 sei es zum Streit gekommen (Barthold hatte einst behauptet, Novomatic habe ihm eine Fortführung seiner Geschäfte bis 2024 versprochen). 2016 habe er Novomatic geklagt; dazu kamen Ermittlungen, die heuer zur Gänze eingestellt worden seien, wie Barthold angab.

Er habe gesehen, was passieren könne, wenn man ins Glücksspiel hineinkippe. Über die Jahre sei er Glücksspielexperte geworden („Mir kann da niemand was vormachen“). „Sportlokale zu machen“ habe er in den USA gesehen, das sei dann seine Vision gewesen, gab er eingangs an. Am Ende habe er 15 Prozent aller Admiral-Filialen gastronomisch betrieben, das Wettgeschäft habe eben Admiral gemacht. Seit 2015 bestehe keine Geschäftsbeziehung zur Novomatic mehr, gab er an. Er betonte, nach wie vor in regelmäßigem Kontakt mit Novomatic-Vertretern zu stehen.

Peter Barthold beim Ibiza Untersuchungsausschuss
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Barthold lieferte bei seiner Befragung Einblicke in die Glücksspielbranche

Geld für Antworten im Ausschuss?

Mit einer Aussage sorgte Barthold nach bereits stundenlanger Befragung für Aufsehen – so soll ihm Geld für seine Aussage im U-Ausschuss angeboten worden sein. Er habe im Sinne von Novomatic aussagen sollen. Wie Barthold ausführte, habe er S., einen Insider der Glücksspielbranche, am Sonntag in einer Autobahnraststätte in St. Pölten getroffen, dieser habe ihm einen Konkursspezialisten genannt, der Bartholds Privatkonkurs abwickeln sollte.

S. habe betont, nicht im Auftrag der Novomatic gekommen zu sein. Die Auskunftsperson vermutete, man habe seine Aussage vor dem U-Ausschuss beeinflussen wollen. Dazu habe er auch von einem Mittelsmann per Mail eine Liste mit den erwünschten Antworten erhalten. Die Liste brachte Barthold mit in den Ausschuss, sie wurde in den Aktenbestand aufgenommen. Das Geld für die Konkursbereinigung wäre in weitere Folge wohl von einem Dritten gekommen, von wem, vermochte die Auskunftsperson nicht einzuschätzen.

U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) kündigte eine Anzeige an und sprach von „strafrechtlich höchst relevanten“ Vorgängen. S. betonte gegenüber Ö1, Barthold habe selbst gefragt, ob S. behilflich sein könne. Es habe jedenfalls kein finanzielles Angebot gegeben, sagte S. weiter, sondern sei um „Hilfe zur Selbsthilfe“ gegangen. Sonst habe S. eigenen Aussagen zufolge keine Zusagen gemacht.

Novomatic: „Völlig lebensfremd“

Novomatic reagierte umgehend und schloss kategorisch aus, Barthold im Zusammenhang mit seiner Aussagen im U-Ausschuss Geld angeboten oder bezahlt zu haben. „Es wäre auch völlig lebensfremd anzunehmen, dass wir jemandem, mit dem wir seit Jahren im Rechtsstreit stehen, Geld anbieten würden“, so ein Sprecher. Noch dazu, wo Barthold, ehemals Geschäftspartner und dann erbitterter Gegner Novomatics, alle Verfahren verloren habe, die nicht eingestellt wurden.

Sollten sich die Aussagen Bartholds im Protokoll des U-Ausschusses wiederfinden, behalte sich Novomatic rechtliche Schritte gegen ihn vor, so der Sprecher.

Stephanie Krisper (NEOS)
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Auf Fragen von NEOS-Fraktionsvorsitzender Stephanie Krisper sprach Barthold über das angebliche Angebot

ÖVP: Treffen mit Ausschussmandataren?

Während der Ausführungen Bartholds im Ausschuss veröffentlichte S. – also jener Mann, den Barthold nach eigenen Angaben auf der Raststation getroffen habe –, auf seiner Onlineplattform EU-Infothek einen Artikel, wonach sich Barthold im Vorfeld seiner Ladung in den U-Ausschuss mit NEOS, Grünen und SPÖ „vorab abgesprochen“ habe.

ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl fragte umgehend darauf Bezug nehmend: „Sind Sie sich sicher, dass Sie in den letzten drei Monaten mit niemandem aus dem U-Ausschuss Kontakt hatten?“ – „Sie wollen mir doch nicht ernsthaft vorhalten, was er (S.) jetzt geschrieben hat, als er erfahren hat, war wir jetzt hier besprochen haben“, so Barthold. Das Treffen sei S. offenkundig „peinlich“. Die genannten Abgeordneten habe er in den vergangenen acht Monaten nicht getroffen, so Barthold auf FPÖ-Fragen.

Hocheggers „Masterplan“

Ferner ging es bei der Befragung im Ausschuss einmal mehr um die bereits mehrfach besprochen Onlineglücksspiellizenzen. Ob sich Novomatic zwischen 2017 und 2019 um eine solche bemüht habe, wurde gefragt. In dieser Zeit habe er keine Geschäftsverbindung, „doch es steht im Raum, dass es offenbar Versuche in diese Richtung gegeben hat, ähnlich wie 2006“, so Barthold.

Auf entsprechende Fragen der Grünen zu Bemühungen um eine Onlinelizenz kam Barthold auf den „Masterplan“ für Novomatic des Lobbyisten Peter Hochegger zu sprechen. Bereits 2005 sei ein Plan entwickelt worden, der sich auch im jetzigen Untersuchungszeitraum wiederfinde. 2006 sei ja fast schon eine Gesetzesreform gekommen, die das Casinos-Monopol gekippt hätte. „Die Vorgangsweise ist eins zu eins dasselbe.“

„2006 durchstreichen und 2018 draufschreiben“

Einwänden der FPÖ und in weiterer Folge auch von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl, Barthold erzähle viel über einen für den Ausschuss nicht relevanten Zeitraum, entgegnete er: „Sie können (auf dem Masterplan, Anm.) 2006 durchstreichen und 2018 draufschreiben“, das habe denselben Effekt. Auch die Grünen versuchten zu argumentieren, es gehe um die Untersuchung von Vorbereitungshandlungen für (mutmaßlichen) Gesetzeskauf.

Martin Graf (FPÖ)
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Die FPÖ (im Bild Mandatar Martin Graf) konnte die Ladung Bartholds nicht nachvollziehen – er habe zum Untersuchungszeitraum nichts zu sagen

Umstrittenes Namedropping

Auch die Schenkungsliste von Novomatic-Eigentümer Johann Graf war ein Thema: Von April 2009 bis März 2020 gab Graf laut WKStA 157 Schenkungsverträge bei der Finanz bekannt; beschenkt haben soll er Verwandte, Freunde und Mitarbeiter. Graf ist Beschuldigter und bestreitet alle Vorwürfe. Barthold wurde von Grünen und NEOS ersucht zu nennen, wen auf der Liste er kenne. „Etliche Leute sind mir sehr, sehr gut bekannt“, so Barthold, der in der Folge einige Namen nannte.

Da sei etwa eine Angehörige von jemandem dabei gewesen, der seitens der Stadt Wien mit der Zulassung von Spielapparaten zu tun habe – im Spielapparatebeirat. 2018 habe ein hoher Ex-Novomatic-Manager „sehr viel“ Geld bekommen, führte Barthold aus. In der Folge entbrannte eine lange Diskussion über die Nennung der Namen im Sinne schutzwürdiger Interessen von Dritten.

„Ist Graf so großzügig?“

„Ist Graf so großzügig?“, wollten die Grünen wissen. „Das steht mir nicht zu, mich in Graf hineinzuversetzen“, so Barthold. Wem er als zweitreichster Österreicher was schenke, sei seine Sache. Staatsanwälte und Justiz müssten das im Bedarfsfall klären, so Barthold sinngemäß. Auffällig sei, dass sich viele Gattinnen einflussreicher Akteure und auch Politiker auf den Schenkungslisten fänden, auch hier nannte Barthold auf NEOS-Fragen Namen.

Wiederum besagte Liste zur Hand, erzählte er von einer Schenkung an die Ex-Lebensgefährtin eines österreichischen EU-Politikers – sie sei früher für die Novomatic tätig gewesen. Auch die Frau eines ÖVP-Gemeinderats aus Niederösterreich sei beschenkt worden, dieser arbeite als Jurist für Novomatic. Geldgeschenke habe Graf auch einigen seiner Verwandten zukommen lassen, die in ÖVP-geführten Kabinetten tätig gewesen seien.

NEOS-Fraktionsführerin Krisper fragte nach einer Parlamentarischen Anfrage, die sie einst an ÖVP-Justizminister Josef Moser gestellt habe – es ging um das Verfahren rund um Barthold. Er, Barthold, habe damals um eine neuerliche Einvernahme seiner Person durch den Staatsanwalt gebeten – zu der sei es dann aber bis zur Einstellung nicht gekommen. Dadurch sei verhindert worden, dass neue Beweise aus den Jahren 2018, 2019 auf den Tisch kommen.

Chats zwischen Blümel und Neumann

SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer thematisierte die medial publik gewordenen Chats zwischen dem damaligen Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) und dem damaligen Novomatic-Vorstandsvorsitzenden Harald Neumann. Darin fragt Neumann Blümel, ob er, Blümel, ein Treffen mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) arrangieren könne.

„Prof Graf und ich möchten ab Mitte Februar einen Termin bei SK! Thema Glücksspiel generell aber auch Casag etc. Könntest du solch einen Termin organisieren?“, schrieb Neumann an Blümel am 30. Jänner 2018. Blümel verwies laut Antwort auf Kurz selbst. Später schrieb Neumann: „Hello, haben den Termin mal eingekippt.“ Ob ein Termin zwischen Kurz und Graf jemals stattfand, ist unklar. Kurz sagte in seiner Befragung, dass er nicht glaube, Graf persönlich getroffen zu haben.

Die Auskunftsperson hatte weder dazu noch zu weiteren Chats zwischen Blümel und Neumann Wahrnehmungen. Ende Jänner 2019, so las Krainer vor, schrieb Neumann an Blümel: „Alles geklärt, sollte auf jeden Fall durchgehen.“ Was genau „durchgehen“ sollte, geht aus der Nachricht nicht hervor. Damals hatte Peter Sidlo, der später CASAG-Finanzvorstand wurde, sein Gespräch mit den Headhuntern.

Mitte Juni 2019, nachdem die ÖVP-FPÖ-Regierung zerbrochen war, fragte Neumann, ob Blümel Zeit für ein Mittagessen habe. Blümel fragt: „Wo?“ Neumann: „Bei uns im (Novomatic, Anm.) Forum! Da hört wenigstens niemand zu!" In seiner Befragung im U-Ausschuss gab Blümel selbst an, wohl mehrmals Kontakt zu Neumann gehabt zu haben. Worum es bei dem Treffen ging bzw. ob es überhaupt stattfand, ist auch unklar.

Gegen angebliche „Verleumdungen“ verteidigt

Ferner verteidigte sich Barthold gegen angebliche „Verleumdungen“. Nie habe er Millionen verspielt, wie manche „Hetzblätter“ behaupteten. Zudem sei er ein völlig unbescholtener Bürger. Selbst die Casinos hätten jüngst bestätigt, dass er kein „auffälliges Spielverhalten“ an den Tag gelegt habe, beteuerte er. Dennoch sei er in den vier Jahren, in denen die WKStA gegen ihn ermittelte, „sehr schwer verleumdet“ worden. Das Verfahren sei schließlich eingestellt worden.