Letzte Nationalratssitzung vor Erlassung der Maiverfassung 1. Mai 1934 im Parlament in Wien
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100 Jahre Bundes-Verfassung

Die Geschichte von der Bundes-Verfassung hängt mit der Geschichte von Österreich zusammen. Die Geburtsstunde war am 1. Oktober 1920. Da entstand die österreichische Bundes-Verfassung. Die Verfassung von einem Land ist sehr wichtig. Denn nur so funktioniert ein Land.

Die Bundes-Verfassung ist das Haupt-Gesetz für alle anderen Gesetze. In der Bundes-Verfassung steht zum Beispiel, was das Parlament darf. Es regelt auch die Grund-Rechte der Menschen in Österreich. Die Richter vom Verfassungs-Gerichtshof (VfGH) schauen darauf, dass die Haupt-Gesetze eingehalten werden. Der Verfassungs-Gerichtshof wird mit VfGH abgekürzt.

Man muss weit in die Vergangenheit gehen, um zu verstehen, wie der VfGH entstanden ist. Im Jahr 1869 begann das erste Reichsgericht seine Arbeit. Damals war Österreich eine Monarchie und größer als heute. Es wurde als „Donaumonarchie“ oder österreichisch-ungarische Monarchie bezeichnet. In einer Monarchie regiert ein Kaiser das Land. Der Kaiser konnte deshalb mitscheiden, wer Richter vom Reichsgericht wurde.

Im Jahr 1918 endete die österreichisch-ungarische Monarchie. Es kam wieder zu Veränderungen für Österreich. Österreich war nun eine Republik. Auch der Name vom Reichsgericht änderte sich. Er hieß nun Verfassungs-Gerichtshof. In einer Republik gibt es keinen Kaiser mehr. Es gab nun ein Parlament. Karl Renner beauftragte Hans Kelsen, eine neue Verfassung für Österreich zu schreiben. Das war der Anfang von unserer heutigen Verfassung.

Portrait von Hans Kelsen
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Hans Kelsen wurde beauftragt, die neue Verfassung für Österreich zu schreiben

Der VfGH kann nicht mehr Grund-Rechte schützen

Im Jahr 1933 gründete Engelbert Dollfuß den diktatorischen „Ständestaat“. Im „Ständestaat“ verliert das Parlament seine Macht. Die Regierung hat nun die Macht. Dollfuß konnte wegen dem VfGH aber nicht so herrschen, wie er wollte. Der VfGH war für Dollfuß ein Hindernis. Es gab aber Richter am VfGH, die Dollfuß halfen. Sie kündigten ihren Beruf. Der VfGH konnte so nicht mehr arbeiten und wurde deshalb aufgelöst. Der VfGH erhielt einen neuen Namen, nämlich „Bundes-Gerichtshof“.

Im Jahr 1938 machten die Nationalsozialisten Österreich zu einem Teil vom Deutschen Reich. Der Führer der Nationalsozialisten war Adolf Hitler. Während dem Nationalsozialismus wurden viele Menschen eingesperrt und mit Gift-Gas getötet. Es gab auch immer weniger Richter, die arbeiten durften. Das Gericht war nur mehr eine Stelle vom „Reichsverwaltungs-Gericht“ in der deutschen Hauptstadt Berlin.

Schwierige Situation für den Verfassungs-Gerichtshof

Nach dem Ende vom Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1945, gab es wieder den VfGH. Für die Richter vom VfGH war die Arbeit aber nicht einfach. Die Richter mussten nämlich mit Rechts-Texten aus 5 Zeit-Abschnitten arbeiten. Außerdem war die Ausstattung sehr schlecht. Es war schwierig, die Räume im VfGH gut genug zu beheizen. Mehr als 65 Jahre war der Standort vom VfGH eine Übergangs-Lösung.

Die Richter beim VfGH hatten aber immer mehr Arbeit. Deshalb bekam der VfGH mehr Mitarbeiter. Ende der 80er Jahre bekamen die Richter vom VfGH dann Computer. Seit August 2012 befindet sich der VfGH auf der Freyung. Die Freyung ist in der Innenstadt von Wien.

Wichtige Arbeit vom Verfassungs-Gerichtshof

Seit 2010 gibt es viele Entscheidungen, die für Aufmerksamkeit sorgten. Zum Beispiel gab es im Jahr 2017 die Entscheidung vom VfGH, dass die Ehe für alle Menschen in Österreich erlaubt ist. Das bedeutet, dass Menschen vom gleichen Geschlecht heiraten dürfen.

Im Jahr 2016 entschieden die VfGH-Richter, dass die Bundespräsidenten-Wahl nicht gültig ist. Es war die Wahl zwischen Norbert Hofer von der FPÖ und Alexander Van der Bellen von den Grünen. Die Wahl musste wiederholten werden. Grund dafür war, dass bei der Auszählung von Wahl-Stimmen gegen die geheime Wahl verstoßen wurde.

Im Jahr 2018 gab es das erste Mal eine Frau, die Präsidentin vom VfGH wurde. Ihr Name war Brigitte Bierlein. Das ist besonders, weil es erst seit kurzer Zeit Richterinnen beim VfGH gibt. In den vergangenen Jahren erkannte der VfGH immer wieder, dass Gesetze nicht gut genug geschrieben wurden.

Brigitte Bierlein als Richterin im Verfassungsgerichtshof 2016
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Brigitte Bierlein war die erste Frau, die Präsidentin des VfGH wurde

Der VfGH konnte nach der Zeit des Nationalsozialismus wieder wichtige Aufgaben in Österreich übernehmen. Er wurde im Laufe der Zeit aber nicht nur größer. Der VfGH hat sich auch Herausforderungen stellen müssen, wenn es zum Beispiel Kritik von Politikern gibt. Er hat auch lernen müssen, mit Medien wie Fernsehen und Radio zu sprechen.