Blick ins Lokal 7 beim Ibiza Untersuchungsausschuss
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Geld an Mock-Institut

Novomatic zahlte offenbar mehr als bekannt

Am Mittwoch ist nach einem Ex-Novomatic-Geschäftspartner der Aufsichtsratschef des Glücksspielkonzerns, Bernd Oswald, dem „Ibiza“-U-Ausschuss Rede und Antwort gestanden. Schon am Vormittag wurden neue Chat-Nachrichten medial publik. Am Nachmittag wurde ein Dokument vorgelegt, in dem von noch nicht thematisierten Geldflüssen der Novomatic an das Alois-Mock-Institut die Rede ist.

Im Zuge einer Frage zu Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), der auch Präsident des Alois-Mock-Instituts ist, legte NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter ein Dokument vor, das offenbar am Mittwoch dem U-Ausschuss übermittelt wurde. Demnach hat der Konzern über mehrere Jahre fast 109.000 Euro an den ÖVP-nahen Verein überwiesen. Sobotka selbst sagte in seiner Befragung: „Ich halte fest, dass es keine Spende an das Alois-Mock-Institut gibt.“ Und: „Es gab immer für eine Leistung eine Gegenleistung.“

Eine Antwort auf das neue Dokument blieb Oswald schuldig. Zu dem besagten Zeitraum war er weder im Aufsichtsrat der Novomatic noch dessen Vorsitzender. Zwischen 2009 und 2012 gehörte er dem Gremium an, seit 2017 ist er Präsident.

Nachdem Geldflüsse von der Novomatic an das Mock-Institut medial zum Thema wurden, hatte Vereinsobmann Christian Rädler im Juni 2020 gesagt, dass man in den Jahren 2017 bis 2019 von der Novomatic für Inserate im „Mock-Report“ insgesamt 14.000 Euro netto erhalten habe. Laut dem Dokument der Ermittler, aus dem NEOS-Mandatar Brandstätter zitierte, wurden jedoch im Jahr 2013 noch 30.000 Euro, 2014 20.000 Euro und 2015 10.000 Euro als „Kostenersatz“ – offenbar für „Podiumsdiskussionen“ überwiesen. Danach (2016: 8.807 Euro; 2017: 11.900 Euro; 2018: 14.688 Euro; 2019: 13.540 Euro) wurden als Leistung etwa Catering, Miete und Schaltkosten angegeben.

Bernd Oswald beim Ibiza Untersuchungsausschuss
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Auskunftsperson Oswald machte am Mittwoch von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch

Sobotka-Graf-Treffen wieder Thema

Dass Rädler nur Zahlungen – wenn auch weniger als im Dokument angegeben – aus den Jahren 2017 bis 2019 angab, könnte mit dem Untersuchungszeitraum zusammenhängen, der eben die Vollziehung unter der ÖVP-FPÖ-Regierung betrifft. Oswald wollte sich ohnehin – wie auch bei weiteren Themen – zu Sobotka nicht äußern. Zum Betriebsbesuch, bei dem Sobotka Novomatic-Gründer Johann Graf getroffen hat, meinte Oswald nur: „Ich habe ihn da begrüßt.“ Denn: „Er ist der Erste Nationalratspräsident, man ist gut erzogen worden, also begrüßt man den auch.“

Dass der Ausschussvorsitzende auch Präsident eines Vereins ist, der von der Novomatic Geld erhalten hat, wird Sobotka seit Ausschussbeginn vorgehalten. Mehrere Fraktionen wittern daher Befangenheit. Während der Befragung Oswalds hatte Sobotka seinen Vorsitz an seinen Parteikollegen Andreas Hanger abgegeben. Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl argumentierte, dass laut Verfahrensordnung nur der Ausschussvorsitzende sich selbst als befangen erklären könne. Der Nationalratspräsident hat das bisher nicht getan.

Im stenografischen Protokoll von Sobotkas Befragung, das ORF.at vorliegt, heißt es etwa, dass es „nie eine Sponsoringtätigkeit“ gegeben habe, auch keine Spende. Sobotka sprach immer von einer Kooperation, die man auch für Veranstaltungen eingegangen sei. Der Nationalratspräsident betonte in seiner Befragung, dass er sich nur auf den Untersuchungszeitraum vorbereitet habe. Sobotka habe sich nur kundig gemacht, „welche dementsprechenden Möglichkeiten oder welche Geldflüsse zwischen Novomatic und dem Alois-Mock-Institut zu verzeichnen sind“.

Kooperation mit Alois-Mock-Institut

Warum es überhaupt zu einer Kooperation zwischen dem Alois-Mock-Institut und der Novomatic kam, konnte Oswald nicht sagen. „Das entzieht sich meiner Kenntnis“, so die Auskunftsperson. Sobokta sagte, dass die Novomatic deshalb interessiert gewesen sei, weil der ÖVP-nahe Verein auch Themen „aufreißt“, die zum Beispiel Osteuropa betreffen. „Es geht um eine wirtschaftspolitische Perspektive im Osten“, erklärte Sobotka als Auskunftsperson im U-Ausschuss.

Geldfluss an Mock-Institut

Die Befragung des Novomatic-Aufsichtsratsvorsitzenden Bernd Oswald im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss hat auch ein paar neue Erkenntnisse über die Zahlungen des Glücksspielkonzerns an das Alois-Mock-Institut zutage gefördert.

Aus den neuen Dokumenten zitierte auch NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper eine Nachricht von Anfang 2017. Es ging um den Niederösterreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund (NÖAAB) und einen Vortrag dort von einem Politikberater, Kostenpunkt 2.000 Euro. Laut Nachricht eines Novomatic-Sprechers an den damaligen Novomatic-Vorstandsvorsitzenden Harald Neumann sollte das Geld aber von der Novomatic kommen. „Lieber Harald, Der NÖAAB macht einen Vortrag mit … und hat uns gebeten, mittels Sponsoring die Kosten zu übernehmen“, heißt es in der Nachricht des Sprechers.

Der sogenannte Compliance-Check sei positiv verlaufen. „Die Rechnung […] über 2000 Euro würden wir direkt übernehmen, dh damit erfolgt auch keine Zahlung an den NÖAAB“. Neumann antwortete: „ok!“ Der ÖAAB ist eine der sechs Teilorganisationen der ÖVP. Ob das Geld floss, ist aus der Nachricht nicht ersichtlich. Die Novomatic hat bisher alle Vorwürfe in diese Richtung bestritten. Nach dieser Frage war die Befragungszeit allerdings schon überschritten.

Entschlagungsreigen am Anfang

Zu Beginn sprach Oswald in seiner Stellungnahme von „enormen Herausforderungen“ in den vergangenen zwei Jahren. Privat ist er Ehemann einer nahen Verwandten von Novomatic-Gründer Graf; Oswalds Ehefrau ist Juristin und Staatsanwältin und war vorübergehend im Kabinett der Innenminister Sobotka und Karl Nehammer (beide ÖVP). Die Befragung erinnerte zunächst an jene von Dienstag, als es zu einem Entschlagungsreigen wegen des Beschuldigtenstatus der Auskunftsperson kam.

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl und Wolfgang Sobotka
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Verfahrensrichter Pöschl musste am Mittwoch öfters einschreiten, als ihm lieb war, sagte er

Die Debatte über den Vorsitz Sobotkas flammte erneut auf. SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer sagte in Richtung Ausschussvorsitzenden: „Die einfachste Regelung wäre, dass Sie hier Ihren Vorsitz zurücklegen.“ Sobotka betonte, dass er keine Fragerechte beschneiden werde. Noch in der ersten Fragerunde wechselte der Vorsitz ohnehin: Hanger übernahm von Sobotka.

Ein Verfahren – breites Entschlagungsrecht

Jurist Oswald konnte sich entschlagen, weil er als Beschuldigter in einem laufenden Strafverfahren geführt wird und weil er wegen seiner beruflichen Tätigkeit als Jurist und seines Amtes als Aufsichtsratsvorsitzender gewissen Verschwiegenheitspflichten unterliegt. Viermal im Jahr gebe es eine Aufsichtsratssitzung, bei der der Vorstand an das Kontrollgremium berichtet. Dabei traf er eben auf den damaligen Vorstandsvorsitzenden Neumann. Ob er auch mit Novomatic-Eigentümer Graf in Kontakt stand, sagte Oswald nicht. Er bezog sich dabei auf die Schenkungsliste (also Geldgeschenke), auf der auch Oswald steht. „Es gibt den Vorwurf, dass die Schenkungen nicht aus dem Privatbestand von Graf stammen“, so der Jurist.

David Stögmüller (Grüne)
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Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) wollte mehr von Oswald wissen – bekam es aber öfters mit Entschlagungen zu tun

„Die Doppelgleisigkeit Tätigkeit des Ausschusses und laufendes Strafverfahren ist sehr schwierig“, sagte Verfahrensrichter Pöschl. „Es ist ein Wahnsinn“, so Grünen-Mandatar David Stögmüller und entschuldigte sich danach. Gemeint war, dass Oswald auch die Frage, seit wann er Graf überhaupt kenne, nicht beantworten wollte bzw. konnte. Ein Beschuldigter eines Strafverfahrens hat das Recht, sich der Antwort zu entschlagen – also darauf zu verzichten –, wenn er sich durch die Aussagen selbst belasten könnte. Die Auskunftsperson antwortete schließlich, dass er Graf seit ungefähr „seit dem Jahr 2004 oder 2005“ kenne.

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer merkte an, dass Oswald „nur“ im Finanzstrafverfahren (Geschenkannahme) als Beschuldigter geführt werde, seinen Entschlagungen aber auch mit anderen Verfahren begründete. Verfahrensrichter Pöschl argumentierte, dass seines Wissens nach das Finanzstrafverfahren im Hauptverfahren integriert wurde. „Ich glaube, wir haben einen unterschiedlichen Wissensstand, Herr Krainer“, sagte Pöschl und ergänzte nach einer kurzen Beratung mit seiner Mitarbeiterin, dass es nur ein Verfahren gebe. Oswald hatte dementsprechend mehrere Gründe, sich zu entschlagen.

Oswald: Neumann „trat zurück“

Auf die Anmerkung von Stögmüller, dass Oswald auf Fragen nicht antworten will, sagte dieser: „Das Entschlagungsrecht wird mit Füßen getreten.“ Ausschussvorsitzender Hanger wies Oswald zurecht, der aber dann meinte, dass die Fragen der Abgeordneten in Bezug auf ihre Qualität oft nicht zulässig seien. Grünen-Fraktionschef Nina Tomaselli reagierte und forderte Hanger auf, der Auskunftsperson zu sagen, dass der U-Ausschuss ein Kontrollorgan der gewählten Volksvertretung sei. „Als Auskunftsperson beantworten Sie bitte die Fragen“, sagte Hanger.

Eva Maria Holzleitner (SPÖ)
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SPÖ-Mandatarin Eva Maria Holzleitner führte am Mittwoch die Befragung ihrer Fraktion durch

Überhaupt betonte Oswald, dass er als Aufsichtsratsvorsitzender nicht in das operative Geschäft des globalen Glücksspielkonzerns eingreift, der in Verdacht steht, sich im Gegenzug für Glücksspiellizenzen für den FPÖ-Politiker Peter Sidlo als Finanzvorstand der teilstaatliche Casinos Austria AG (CASAG) starkgemacht zu haben. NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter wollte wissen, wer im Konzern über den „Abschied“ von Neumann als Vorstandsvorsitzendem entschieden habe. „Ein Vorstand geht, weil er abberufen wird oder zurücktritt. Neumann ist zurückgetreten“, sagte Oswald, „aus familiären Gründen.“

Kein generelles Entschlagungsrecht

Etwas überrascht war SPÖ-Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, als die Auskunftsperson nach einer Frage zu Sobotka sagte, dass sie sich „zum Thema Sobotka entschlagen“ werde. „Warum wollen Sie sich zu dieser Thematik entschlagen? Können Sie sich strafrechtlich belasten?“, fragte die Mandatarin und wollte wissen, warum die Auskunftsperson das dann gesagt habe. Antwort darauf gab es letztlich keine, aber es wurde bekannt, dass Oswald Sobotka seit 2018 oder 2019 kenne.

FPÖ-Fraktionschef Christian Hafenecker wollte mehr über das Sponsoring der Novomatic wissen: „Ich weiß es nicht, ich nehme an, es wird einen Budgetrahmen geben, den kenne ich aber nicht“, sagte Oswald. Seine Ehefrau, die für Sobotka gearbeitet habe, sei diesem – soweit er wisse – „dienstzugeteilt worden“. „Zahlenmäßige“ Treffen mit Sobotka konnte er auf Nachfrage nicht angeben, „einmal vielleicht, zweimal“. Ablauf bzw. Abläufe des bzw. der Treffen seien ihm „nicht erinnerlich“, so Oswald.

Die Auskunftsperson habe keine Wahrnehmungen zu einem möglichen FPÖ-Novomatic-Deal. Er gehe auch davon aus, dass ein Finanzstaatssekretär – unter der ÖVP-FPÖ-Regierung war das Hubert Fuchs (FPÖ) – nicht alleine eine Novelle des Glücksspielgesetzes aufsetzen kann. Hafenecker resümierte, dass die ÖVP das Finanzministerium leitete, als auch eine entsprechende Novelle in die Begutachtung geschickt und schließlich zurückgezogen wurde.