Grippeimpfung
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Grippeimpfstoff

Hohe Nachfrage, großes Angebot

Wegen der Coronavirus-Pandemie ist die Nachfrage nach der Grippeimpfung in Österreich und international heuer besonders hoch. Gewachsen ist aber auch das Angebot: Mit 1,25 Mio. Dosen steht heuer in Österreich um 60 Prozent mehr Grippeimpfstoff zur Verfügung als im Vorjahr. Ob die Menge ausreicht, steht im Moment noch nicht fest. Das Gesundheitsministerium versucht, die Verteilung des Impfstoffs landesweit gleichmäßiger zu verteilen.

Aus Apotheken in Wien, Tirol und der Steiermark gibt es Berichte über Impfstoffknappheit. „Viele Apotheken sind schon am Ende ihrer Reservierungsliste und schon im Bereich der Warteliste“, sagte Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer, gegenüber Ö1.

Dabei wurde das Impfstoffkontingent für die Influenzasaison 2020/21 stark erhöht. Standen im Vorjahr 800.000 Dosen bereit, sind es nun 1,25 Mio. „Wir können statt der acht Prozent vom letzten Jahr, die geimpft wurden, heuer 14 Prozent impfen“, sagte Kobinger. Die Nachfrage dürfte aber selbst das erhöhte Angebot übersteigen: Berichten zufolge wollten sich 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung gegen die Grippe impfen lassen, so Kobinger. Empfohlen ist die Impfung vor allem für Risikogruppen, ältere Menschen sowie Kinder.

„Man sollte nicht in Panik verfallen“

Seitens der Impfstoffhersteller verweist man auf die in diesem Jahr insgesamt deutlich höhere Menge an Grippeimpfstoffen – und auf die wegen der CoV-Pandemie besonderen Umstände. „Ich glaube, man sollte nicht in eine Art Panik verfallen. Wir bekommen in diesem Jahr für die Erwachsenen allein mehr an Influenzavakzinen als vergangenes Jahr in Österreich für Erwachsene und Kinder gemeinsam“, sagte die Präsidentin des Verbandes der Österreichischen Impfstoffhersteller (ÖVIH), Renee Gallo-Daniel.

„Was anders ist als in den vergangenen Jahren: Die Hersteller liefern sukzessive. Und sie beginnen jetzt, die ersten Chargen auszuliefern“, sagte Gallo-Daniel. In den vergangenen Jahren waren die Vakzine zumeist im Herbst quasi „mit einem Schlag“ an Apotheken und Ärzte ausgeliefert worden.

2020/2021 ist allerdings alles anders. „Von den 1,25 Millionen Dosen hat der Bund 350.000 an nasal zu verabreichenden Influenzaimpfstoffen für das Kinderimpfprogramm bestellt. Die kommen im November. Die Gemeinde Wien hat 400.000 Dosen für Erwachsene gekauft. Die sind teilweise schon ausgeliefert“, sagte die Repräsentantin der Impfstoffhersteller.

Hinzu kämen 90.000 Dosen an speziell für betagte Menschen geeigneten Influenzavakzinen, die der Bund für Pflegeheime etc. bestellt habe. Das alles macht bereits rund 800.000 Impfstoffdosen aus. „Der Rest (auf die 1,25 Millionen insgesamt; Anm.) geht in den freien Verkauf, an die Apotheken“, erklärte Gallo-Daniel. Allerdings hat beispielsweise Oberösterreich auch noch rund 200.000 Dosen bestellt.

Infektiologe: Ende Oktober bester Zeitpunkt für Impfung

Hinzu kommt laut Gallo-Daniel: Weil die Impfstoffe sukzessive erhältlich werden, habe man sich dazu entschlossen möglichst viele Apotheken zu beliefern, was die Menge für die einzelnen Apotheken vorerst reduziere. Es werde aber nachgeliefert werden. „Aber man muss sich nicht schon Ende September gegen die Influenza impfen lassen“, so Gallo-Daniel. Weil die saisonale Influenza jedes Jahr zumeist erst ab Mitte Jänner losgeht, sei genug Zeit vorhanden.

Der Infektiologe Herwig Kollaritsch hält es überhaupt für sinnvoll, mit der Impfung noch ein wenig zu warten. Die beste Zeit dafür sei Ende Oktober bis Mitte November, denn der Impfschutz dauere meist rund sechs Monate an, sagte Kollaritsch dem „Standard“. In den ersten drei sei er optimal, danach nehme er langsam ab. Bei älteren Menschen oder jenen mit einem eingeschränkten Immunsystem passiere das noch schneller.

Frage der Verteilung

Ob die Impfstoffmenge für Österreich ausreicht, steht noch nicht fest. Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung Impfwesen im Gesundheitsministerium, verwies gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal darauf, dass die Impfstoffe derzeit gerade an Impfstellen, Ärzte und Apotheker ausgeliefert werden. Erst wenn die 1,25 Mio. Dosen verimpft seien, könne man davon sprechen, dass man zu wenig Impfstoff habe.

Innerhalb der Kontingente könne es in den nächsten Wochen noch zu Umschichtungen kommen, so Paulke-Korinek. Für die Schaffung der Impfstoffangebote sind die Bundesländer zuständig, die Ausgangslage sei daher von Land zu Land unterschiedlich. Um eine gleichmäßige Verteilung zu gewährleisten, wurde laut Paulke-Korinek im Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) eine eigene Informationsschnittstelle eingerichtet.

Sprich: Sollte beispielsweise in Wien Impfstoff übrig bleiben, könnte dieser auf andere Bundesländer aufgeteilt oder an andere Impfstellen abgegeben werden. Im Vorjahr wurden von 765.000 Dosen des Grippeimpfstoffs 60.000 nicht verabreicht. Wegen der CoV-Pandemie ist die Lage aber nur schwer mit diesem Jahr zu vergleichen.

Auf Liste setzen lassen

Apotheker Kobinger rät, sollte ein Impfstoff aktuell nicht verfügbar sein, sich auf jeden Fall auf eine Warteliste setzen zu lassen. Manche Österreicher hätten vorsorglich bei mehreren Apotheken reserviert, was bedeute, dass wohl noch Impfstoff frei werde. „Nicht auszuschließen“ ist für Kobinger zudem, dass von den 400.000 Wiener Impfdosen noch etwas übrig bleibt.

WHO warnte vor Engpässen

Laut Apotheker Kobinger werde zudem versucht, Impfstoffe nachzubestellen. Die Nachfrage sei aber auch international hoch, „der ganze Weltmarkt ist explodiert“. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte bereits vor möglichen Engpässen. Länder, die nicht genug Impfstoff bestellt haben, sollten Prioritäten setzen und zuerst Pflegepersonal und ältere Menschen impfen, hieß es.

Der Grippeimpfstoff schütze zwar nicht vor der durch das Virus ausgelösten Covid-19-Krankheit. Mit umfangreichen Grippeschutzimpfungen wollten Regierungen aber möglichst viele schwere Grippeverläufe verhindern, um in Krankenhäusern Betten für CoV-Patientinnen und -Patienten frei zu halten.

Einen Lichtblick gab es von der Südhalbkugel: In der dortigen Grippesaison erkrankten deutlich weniger Menschen als in Vorjahren. Während in normalen Jahren zehn bis 30 Prozent der untersuchten Patientenabstriche Influenza-Infektionen aufwiesen, sei es in der abgelaufenen Saison weniger als ein Prozent gewesen, sagte Moen. Geholfen haben dürften die CoV-Schutzmaßnahmen wie Abstand halten, Handhygiene und Maskentragen, die auch vor Grippe schützten.