Estland plant neue Untersuchung zu „Estonia“-Untergang

Nach den aufsehenerregenden neuen Informationen zum Wrack der gesunkenen Ostsee-Fähre „Estonia“ will Estland eine erneute Aufarbeitung des Untergangs vor 26 Jahren vorantreiben. Die Regierung in Tallinn beschloss heute, eine weitere Untersuchung des verheerenden Unglücks von 1994 vorzubereiten. Dazu beauftragte das Kabinett das Außenministerium, die finnischen und schwedischen Behörden zu konsultieren.

Riss in der Außenhülle der gesunkenen Fähre „Estonia“
APA/AFP/TT//Dplay

Ein Filmteam hatte mit Hilfe eines Tauchroboters ein zuvor unbekanntes vier Meter großes Loch im Schiffsrumpf der „Estonia“ gefunden. Das wurde am Montag im Zuge der Veröffentlichung einer Dokuserie über den Untergang enthüllt. Die Außenminister aus Finnland, Estland und Schweden hatten daraufhin erklärt, eine mögliche Untersuchung solle gemeinsam stattfinden.

„Wir werden weiterhin mit Finnland und Schweden zusammenarbeiten, um alle Fragen zu klären, die sich angesichts der neuen Informationen ergeben haben. Für uns ist es äußerst wichtig, dass weitere Untersuchungen unabhängig, transparent und glaubwürdig sind“, wurde Estlands Regierungschef Jüri Ratas in einer Mitteilung zitiert. Dabei müssten zudem die Erkenntnisse früherer Untersuchungen berücksichtigt und der über die Fähre verhängte Grabfrieden beachtet werden.

Bis heute Spekulationen über Unglück

Der Untergang der Fähre gilt als die schwerste Schiffskatastrophe in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Die „Estonia“ war in der Nacht auf den 28. September 1994 mit 989 Menschen an Bord auf ihrem Weg von Tallinn nach Stockholm vor der Südküste Finnlands gesunken. 852 Menschen starben dabei. Dem offiziellen Untersuchungsbericht aus dem Jahr 1997 zufolge war das abgerissene Bugvisier die Ursache für den Untergang.

Dennoch wird bis heute über die Ursache des Unglücks spekuliert. Überlebende und Hinterbliebene fordern seit Langem, dass die Untersuchungen wieder aufgenommen werden. Der frühere estnische Staatsanwalt und „Estonia“-Ermittler Margus Kurm hatte zuletzt in einem Interview gesagt, die neuen Informationen deuteten darauf hin, dass die Fähre wahrscheinlich aufgrund eines Zusammenstoßes mit einem U-Boot gesunken sei. Das sorgte für kontroverse Diskussionen und neue Spekulationen.