US-Präsident Donald Trump
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„Habt keine Angst vor dem Virus“

Trump inszeniert Rückkehr ins Weiße Haus

US-Präsident Donald Trump ist nach einer dreitägigen Spitalsbehandlung wegen seiner Coronavirus-Infektion ins Weiße Haus zurückgekehrt. Trump inszenierte seine Ankunft am Montagabend (Ortszeit) als Demonstration der Stärke: Er ging die Stiege zum Balkon auf der Südseite seiner Residenz hinauf und nahm dort und in der Nähe von Kameraleuten demonstrativ die Maske ab – obwohl er nach wie vor ansteckend sein dürfte.

Danach nahm der Präsident ein Video auf, in dem er seine Landsleute aufrief, keine Angst vor dem Virus zu haben. Trump war in der Klinik unter anderem mit einem experimentellen Antikörpermittel behandelt worden. Nach Einschätzung des von der US-Regierung beauftragten Chefepidemiologen Anthony Fauci könnte das entscheidend zur schnellen Verbesserung von Trumps Gesundheitszustand beigetragen haben.

„Ich habe einen starken Verdacht, dass ihm das geholfen hat“, sagte Fauci gegenüber dem Nachrichtensender CNN. Das Mittel war von der Biotech-Firma Regeneron auf Anfrage der Ärzte des Präsidenten bereitgestellt worden. Es wird für gewöhnliche Patientinnen und Patienten noch lange nicht verfügbar sein. In einer Vielzahl von Tweets wies Trump ungeachtet dessen darauf hin, dass seine Entlassung zeige, dass es bereits erfolgreiche Behandlungsmethoden gegen das Virus gäbe.

Der Hubschrauber des US-Präsidenten vor dem Weißen Haus
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Trump inszenierte seine Rückkehr ins Weiße Haus: „Fühle mich wieder großartig“

„Lasst es nicht euer Leben beherrschen“

Trotz dieser problematischen Umstände bekräftigte Trump seinen Aufruf an seine Landsleute, sie sollten sich nicht vor dem Virus fürchten. „Lasst es nicht euer Leben beherrschen! Habt keine Angst davor!“, sagte der Präsident in dem auf dem Balkon des Weißen Hauses aufgenommenen Video. „Geht raus, seid vorsichtig!“ Ihm selbst sei es nicht so gutgegangen, gab er zudem an. „Aber vor zwei Tagen fühlte ich mich wieder großartig, besser, als ich mich seit Langem gefühlt habe.“

Zuvor hatte Trump via Twitter verkündet, er fühle sich besser als vor 20 Jahren. Vielleicht sei er jetzt immun gegen das Coronavirus, mutmaßte der Präsident zudem. Er wirkte immer noch etwas kurzatmig. Trump müsste entsprechend den Vorgaben von Gesundheitsbehörden eine Maske tragen, um Personen in seiner Nähe zu schützen – dagegen verstieß er aber demonstrativ.

Leibarzt: „Noch nicht über den Berg“

Der US-Präsident war Montagabend (Ortszeit) aus dem Walter-Reed-Militärkrankenhaus in einem Vorort von Washington entlassen und per Hubschrauber ins Weiße Haus gebracht worden. Trumps Leibarzt Sean Conley sagte, der Gesundheitszustand des Präsidenten habe sich weiter verbessert, er erfülle alle medizinischen Kriterien für eine Entlassung aus der Klinik. Der Präsident sei zwar noch „nicht vollkommen über den Berg“, im Weißen Haus werde es aber 24 Stunden am Tag eine „medizinische Betreuung auf Weltklasseniveau“ geben, so Conley.

Donald Trumps Leibarzt Sean Conley spricht vor dem Walter Reed National Military Medical Center mit der Presse
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Trump sei „noch nicht endgültig über den Berg“, sagte sein Leibarzt. Die Entlassung aus dem Spital sei aber in Ordnung.

Zum weiteren Prozedere sagte Trumps Leibarzt, dass er voraussichtlich erst kommende Woche Entwarnung für den Krankheitsverlauf geben könne. „Wenn wir durch das Wochenende bis zum Montag kommen und sein Zustand genauso bleibt oder sich verbessert, dann können wir alle schließlich erleichtert aufatmen“, sagte Conley.

Videos zeigen schwer atmenden Trump

Über Soziale Netzwerke machten am Dienstag Videos die Runde, die einen schwer atmenden Trump zeigen. Der US-Experte Talmadge King von der UCSF School of Medicine in San Francisco versuchte via Twitter gar eine Einordnung.

Trump hatte seine Infektion am Freitag nach Mitternacht US-Ostküstenzeit bekanntgegeben und war keine 24 Stunden später per Helikopter ins Spital gebracht worden. Am Wochenende gab es widersprüchliche Angaben zu seinem Gesundheitszustand. Am Sonntag war klar: Der Zustand des Präsidenten war zwischenzeitlich ernster als zunächst dargestellt. Mit seinen 74 Jahren und Übergewicht gehört Trump zur Risikogruppe.

Das medizinische Team Trumps setzt sich neben dem Leibarzt unter anderen aus Militärärzten und Krankenhelfern zusammen. Die Einheit könne im Notfall „in den ersten 15 Minuten das leisten, was eine Notaufnahme leisten kann“, sagte Kardiologe Jonathan Reiner von der George-Washington-Uniklinik der „Washington Post“. So könnte ein Patient im Falle eines Herzinfarkts wiederbelebt, stabilisiert und dann in ein Spital verlegt werden. Für Trumps Behandlung sei ein Aufenthalt in einer Klinik dennoch ratsam.

„Furchtbare und gefährliche Ratschläge“

An der Aufforderung Trumps, „keine Angst“ vor dem Coronavirus zu haben, entzündete sich umgehend scharfe Kritik. „‚Habt keine Angst‘ sagte der Kerl mit einem Team von einem Dutzend Ärzten, Zugang zu experimentellen Medikamenten, die kein anderer bekommt, einer Krankenhaussuite mit vier Zimmern, der in einem Haus lebt mit Spitzenärzten, die 24 Stunden am Tag an Ort und Stelle sind“, twitterte der demokratische Senator Chris Murphy. „Und er bekommt das alles kostenlos, weil er sich weigert, Steuern zu zahlen.“

Der demokratische Senator Jeff Merkley schrieb, der Einschätzung, „keine Angst“ zu haben, dürften sich die Familien der inzwischen mehr als 209.000 Coronavirus-Toten in den USA kaum anschließen. Trump gebe weiterhin „furchtbare und gefährliche Ratschläge“.

Biden: Maskentragen als „patriotische Pflicht“

Der demokratische Präsidentschaftskandidat und Trump-Rivale Joe Biden appellierte bei einem Auftritt am Montagabend an seine Landsleute, Masken in der Öffentlichkeit zu tragen. Sie seien wichtig, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, so Biden. „Es sollte als patriotische Pflicht betrachtet werden“, weil man damit seine Mitbürger schütze, betonte er. Zudem hoffe er, dass auch Trump jetzt die „korrekte Botschaft“ wiedergeben werde. Ganz im Gegensatz zum Inhalt jüngster Tweets von Trump („keine Angst“) gebe es sehr viel Beunruhigendes.

Trump kehrt ins Weiße Haus zurück

Nach drei Tagen Spitalsaufenthalt hat US-Präsident Donald Trump das Krankenhaus wieder verlassen. Trump besteht darauf, dass es ihm gut geht. Entwarnung geben seine Ärzte jedoch nicht.

Auf Kurs ist unterdessen die Debatte des stellvertretenden Präsidenten Mike Pence mit Bidens Vizekandidatin Kamala Harris am Mittwoch in Salt Lake City im Bundesstaat Utah. Pence und Harris sollen dabei laut Medienberichten von einer Plexiglasscheibe getrennt werden.

Trump will an TV-Debatte teilnehmen

In vier Wochen steht in den USA die Präsidentschaftswahl an. Trump kündigte am Montagabend auf Twitter an, er werde seinen wegen der Erkrankung ausgesetzten Wahlkampf bald wieder aufnehmen. Er plane auch weiterhin, an der zweiten TV-Debatte mit Biden am 15. Oktober teilzunehmen, sagte ein Sprecher von Trumps Wahlkampfteam dem TV-Sender Fox News.

Auch das Weiße Haus hat mit einem Ausbruch zu kämpfen, dessen Ausmaße erst nach und nach klarer werden. Mehrere Personen aus Trumps Umfeld haben sich angesteckt, darunter die First Lady, Trumps Wahlkampfmanager und eine seiner engsten Beraterinnen. Am Montag gab seine Sprecherin Kayleigh McEnany ihre Infektion bekannt.