Central European University in Budapest
Reuters/Bernadett Szabo
Verstoß gegen EU-Recht

EuGH kippt Ungarns Hochschulgesetz

Ungarn hat im Streit über sein Hochschulgesetz eine Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erlitten. Die von der ungarischen Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban eingeführten Bedingungen für die Tätigkeit ausländischer Hochschulen seien mit EU-Recht nicht vereinbar, urteilte der EuGH am Dienstag in Luxemburg.

Das 2017 geänderte Gesetz, das sich gegen die vom liberalen US-Milliardär George Soros gegründete Budapester Central European University (CEU) richtet, verletze unter anderem EU-Grundrechte wie die akademische Freiheit, urteilte das Luxemburger Gericht am Dienstag (Rechtssache C-66/18). Die CEU war die einzige Universität aus dem Ausland, die diesen neuen Anforderungen von 2017 nicht entsprach.

Das Gesetz der rechtsgerichteten Regierung in Budapest sieht vor, dass ausländische Universitäten auch in ihrem Heimatland lehren müssen und der Betrieb von Ungarn vertraglich mit dem Heimatland vereinbart sein muss. Betroffen davon war im Falle der CEU deren Kernstück: also Lehrgänge, die amerikanische Diplome vergeben. Die CEU stellte in der Folge die entsprechenden Studiengänge in Budapest ein und eröffnete dafür am 30. September 2019 einen neuen Campus in Wien-Favoriten.

„Recht auf akademische Freiheit und Bildung“ verletzt

Die EU-Kommission sah durch das ungarische Gesetz EU-Recht verletzt und leitete im April 2017 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Budapest ein. Weil Ungarn die Bedenken nicht ausräumte, klagte die Brüsseler Behörde schließlich vor dem EuGH. Sie argumentierte, das neue Gesetz sei ein Verstoß „gegen die Freiheit von Hochschuleinrichtungen, in der gesamten EU Dienstleistungen anzubieten oder sich niederzulassen“.

Zugleich liefen die neuen Vorschriften „dem Recht auf akademische Freiheit, dem Recht auf Bildung und der unternehmerischen Freiheit“ zuwider, die in der EU-Grundrechte-Charta verankert sind. Außerdem würden Verpflichtungen aus dem internationalen Handelsrecht – dem GATS-Abkommen – verletzt.

EU-Kommission will Umsetzung genau verfolgen

Die EuGH-Richter gaben der EU-Kommission nun weitgehend recht. Das GATS-Abkommen werde verletzt, zudem werde gegen EU-Grundrechte wie die akademische Freiheit verstoßen. Die Europäische Kommission in Brüssel nahm das EuGH-Urteil zur Kenntnis. Ungarn müsse nun rasch seine nationalen Bestimmungen in Einklang mit EU-Recht bringen, so die EU-Behörde. Die EU-Kommission werde die Umsetzung des Urteils genau verfolgen.

EuGH kippt Ungarns Hochschulgesetz

Ungarn hat im Streit über sein Hochschulgesetz eine Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erlitten. Die von der ungarischen Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban eingeführten Bedingungen für die Tätigkeit ausländischer Hochschulen sind mit EU-Recht nicht vereinbar.

Feindbild Soros

Ungarns Ministerpräsident Orban setzt die Zivilgesellschaft des Landes seit Jahren unter Druck. Den aus Ungarn stammenden Holocaust-Überlebenden Soros hat Orban als Feindbild auserkoren. Er überzieht ihn mit Verleumdungen und antisemitischen Anfeindungen. Die rechtsgerichtete Regierung wirft dem 90-Jährigen die geplante Massenansiedlung von Migranten in Europa vor.

Der Richterspruch vom Dienstag ist nicht der erste des höchsten EU-Gerichts in diesem Jahr, der Orban und seiner Regierung Einhalt gebietet. Im Mai erklärte der EuGH, dass grundlegende Teile des ungarischen Asylsystems gegen EU-Recht verstoßen. Im Juni erklärten die Luxemburger Richter das „NGO-Gesetz“ von 2017 für rechtswidrig.

Ungarns Opposition „begrüßt“ EuGH-Urteil

Ungarns Opposition begrüßt die Niederlage der Regierung: „Wir europäische Ungarn begrüßen das Urteil des Europäischen Gerichtshofes“, betonte die ungarische Oppositionspartei Demokratische Koalition (DK) am Dienstag in einer Aussendung. Das Recht auf Lernen und wissenschaftliche Forschung sei das Grundrecht eines jeden europäischen Staatsbürgers.

Das Gesetz sei geeignet, die wissenschaftliche Tätigkeit und Forschung an ungarischen Universitäten zu gefährden, lautete die Kritik. Mit dem Urteil gebe es einen neuen Beweis dafür, dass es in Ungarn keinen Rechtsstaat gebe, betonten die oppositionellen Sozialisten (MSZP) in einer Aussendung. Die Angriffe der Orban-Regierung gegen Unis und die Vertreibung der CEU aus Ungarn hätten unsagbare Schäden verursacht, erinnerte die MSZP.

„Ungarischer Hochschulunterricht ärmer gemacht“

Die oppositionelle Bewegung Momentum erklärte, Europa sehe dem Rachefeldzug der FIDESZ-Regierung nicht mehr untätig zu. Anna Donath, Europaabgeordnete der Partei, schrieb auf Facebook: „Der Hass von Viktor Orban seinem ehemaligen Mentor (Soros, Anm.) gegenüber hat den ungarischen Hochschulunterricht ärmer gemacht.“ Orban habe in nachweislich rechtsverletzender Art gehandelt.

In einer ersten Reaktion auf das Urteil forderte die SPÖ-Europaabgeordnete Bettina Vollath weitgehendere Schritte der EU gegen Orban. „Ich setze mich dafür ein, dass wir dieses Treiben endlich auch politisch stoppen und uns nicht immer nur auf die Gerichte verlassen“, sagte sie. „Wer wie Orban in Ungarn die Grundrechte mit Füßen tritt, darf keinen Cent EU-Geld mehr bekommen.“

Die Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im Europaparlament, Monika Vana, forderte: „Diese erfolgreiche Klage vor dem EuGH sollte die EU-Kommission ermutigen, weitere rechtliche Schritte gegen Orbans autokratische Bemühungen einzuleiten“.