Walter Grubmüller
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„Ibiza“-U-Ausschuss

„Du musst dir politischen Willen erkaufen“

Der „Ibiza“-U-Ausschuss widmet sich einem bisher nur am Rande behandelten Thema – der Causa PRIKRAF. Dahinter verbirgt sich der Privatanstalten-Finanzierungsfonds. Dieser geriet in den Fokus, weil Spender von ÖVP und FPÖ von Gesetzesänderungen unter ÖVP und FPÖ profitiert haben sollen. Mit dem Privatklinikbetreiber Walter Grubmüller war am Donnerstag einer der mutmaßlichen Profiteure geladen – er nutzte seinen Auftritt für eine Abrechnung mit einem „korrupten System“.

Beim PRIKRAF handelt es sich um einen Fonds, aus dem Privatspitäler Geld bekommen, sofern sie medizinisch notwendige Leistungen für Pflichtversicherte erbringen. Wer daraus Leistungen erhält, ist gesetzlich festgeschrieben. Der Vorwurf lautet, dass ein FPÖ-Spender 2018 in den Fonds aufgenommen wurde, nachdem er beim damaligen FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache mehrmals dafür vorstellig geworden war.

Dabei handelt es sich eben um Grubmüller, Betreiber der Wiener Privatklinik Währing – er spendete der FPÖ 10.000 Euro. Dazu hatte Grubmüller eine Erklärung parat: Er komme aus einer „tief sozialistischen Familie“, sei auch „sozialistisch erzogen“ worden. Nach 49 Jahren sei er aus der SPÖ ausgetreten, weil sie ihm nicht helfen wollte, um zu seinem Recht zu kommen, wie er es formulierte.

Für die Aufnahme hätte es einen Vertrag mit Sozialversicherung und Wirtschaftskammer gebraucht, schilderte die Auskunftsperson. Die Wirtschaftskammer habe Geld für Anwälte in die Hand genommen, „um mich (also die Aufnahme des Privatspitals zum PRIKRAF, Anm.) zu verhindern“. Die Wirtschaftskammer habe sich „geweigert“, um ihre Kliniken zu schützen – „zu schützen vor mir und meiner Klinik“.

Spende an FPÖ aus „Frust über SPÖ“

Jede politische Fraktion außer der ÖVP habe ihm recht gegeben, so Grubmüller. Strache sei aber der Einzige gewesen, der sich die Gutachten durchgelesen habe, die Freiheitlichen hätten sich der Sache angenommen. Aus Frust über die SPÖ habe er der FPÖ die 10.000 Euro gespendet. „Ich wollte, dass das durch den Rechnungshof geht“ und öffentlich bekannt werde, so Grubmüller, darum habe er die Summe auch nicht gestückelt.

Walter Grubmüller
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Grubmüller bei seiner Ankunft vor dem Ausschusslokal

Er habe sich gar nichts erwartet aus der Spende, sie als SPÖ-Mitglied nur getätigt, damit die Wahlwerbung der FPÖ leichter finanziert werden könne. Er sei davor stets mit dem früheren und im Vorjahr verstorbenen Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) in Kontakt gestanden. Diesem habe er sein Leid geklagt. Hundstorfer habe ihm immer gesagt, dass er nicht „die Koalition (mit der ÖVP, Anm.) belasten“ könne. Man werde aber einen Abtausch mit den Schwarzen machen, habe er ihm gesagt. Passiert sei jedoch nichts, so Grubmüller.

„Nie Gesetz kaufen wollen“

Er habe „nie ein Gesetz kaufen wollen“, überhaupt sei das Gesetz nicht zu seinem Vorteil geändert worden, sondern zu seinem Nachteil. Das Direktabrechnungsabkommen mit der Krankenkasse sei dem Spital bis heute mit „fadenscheinigen Argumenten“ verwehrt worden. „Das Gesetz hat uns nichts gebracht“, so Grubmüller. Es sei kein Etappensieg gewesen. „Ich brauchte auch keine Gesetzesänderung, sondern nur eine Gleichbehandlung.“ Im Verlauf der Befragung gab Grubmüller an, erst am Vortag von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zur Spende einvernommen worden zu sein.

Seine Familie habe die Klinik 2011 aus einem Insolvenzverfahren heraus gekauft, schon dem Verkäufer, dem Arzt Peter H., habe man den Eintritt in den PRIKRAF verhindert. Deswegen sei der in ein Insolvenzverfahren gestolpert. NEOS wollte wissen, warum Grubmüller geglaubt habe, dass er etwas erreichen könne, was sein Vorgänger H. nicht erreicht habe. Grubmüller führte in der Folge zu einem Treffen mit dem Lobbyisten, Herbert V., aus. Es handelte sich um einen ehemaligen Pressesprecher des 2017 verstorbenen Ex-Außenministers Alois Mock („V. war bestens vernetzt in der ÖVP“).

„Die wollten mich abkassieren“

V., der in der Glücksspielbranche lobbyiert habe, habe ihm eine Liste vorgelegt, an welche Vereine er 100.000 Euro spenden könne, wenn er in den PRIKRAF wolle. 10.000 Euro habe der Lobbyist für sich gewollt. In diesem Zusammenhang rückte einmal mehr das ÖVP-nahe Alois-Mock-Institut in den Fokus. Grubmüller schilderte, V. habe ihm nahegelegt, Geld an mehrere ÖVP-nahe Vereine zu spenden, um der Privatklinik Währing zu helfen. „Die wollten mich abkassieren“, er habe es abgelehnt, so Grubmüller.

Aus dem Büro von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hieß es unmittelbar nach der Befragung, V. sei nie berechtigt gewesen, für das Alois-Mock-Institut zu sprechen. Er habe auch zu keinem Zeitpunkt eine Funktion innegehabt. ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl verwies darauf, dass V. seit 1988 keine Funktion mehr in der ÖVP gehabt habe. V. habe seine Aussagen als Privatmann getätigt, „sofern sie stimmen sollten“, so Gerstl. Er bedauerte, dass Grubmüller den Bestechungsvorwurf nicht angezeigt habe, und fand Grubmüllers Auskünfte „sehr, sehr ‚strange‘“.

Walter Grubmüller vor dem Ibiza-U-Ausschuss
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Grubmüller im U-Ausschuss: Österreich ist korrupt

„Korruption, Korruption, Korruption“

V. habe die Liste zeitnah zur vorletzten Nationalratswahl vorgelegt, so Grubmüller. „Ich habe sie ihm zurückgeschoben, gesagt: Lass mich in Ruh! Ich werde das so auch schaffen“, habe er ihm mitgeteilt. Grubmüller gab an, es zu bereuen, dass er diese Liste nicht mitgenommen habe, er habe aber einen Zeugen für dieses Gespräch. Sein Bruder, der auch als sein Anwalt fungiert, habe ihm abgeraten: „Hände weg, das kannst nicht machen!“

Insgesamt habe er V. „zwischen 35.000 und 40.000 Euro“ gegeben. Aus damaliger Sicht habe sich die Investition gelohnt, aus heutiger Sicht nicht. Als dann das Gesetz geändert worden sei, habe er sehr harte Gespräche geben.

V. habe ein wichtiges Tor geöffnet, bestätigte Grubmüller auf Fragen der FPÖ. Dass noch zusätzlich ein, zwei weitere Tore zu überwinden waren, sei ihm erst später bewusst geworden. „Korruption, Korruption, Korruption“, so Grubmüller. Der Lobbyist habe ihm gesagt, Politik sei das Bohren harter Bretter mit stumpfen Bohrern, „und es geht leichter, wenn du schmierst“. Grubmüller deutete weiters an, dass auch Kammerfunktionäre von sich aus auf ihn zugekommen seien, um „Hilfe“ anzubieten.

„Die verlangen schon wieder“

Er habe seinem politischen Vertrauensmann Strache von den Spendenwünschen erzählt („Die verlangen schon wieder“), dieser habe gesagt, dass er daran „nicht einmal anstreifen“ solle. Mehrfach sagte Grubmüller, dass Strache ihm abgeraten habe, Geld zu zahlen, das sei kriminell. „Lass die Finger davon“, habe er ihn gewarnt. Grubmüller dazu generell: „Ich sehe überhaupt nicht ein, dass nur politische Fragen darüber entscheiden, wie man seine Geschäfte macht“, so Grubmüller.

„Mafioses System?“ „Ja“

SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer fragte, ob er es richtig verstehe, dass er, Grubmüller, ein „mafioses System“ beschreibe: „Ja, du musst dir den politischen Willen erkaufen. Es ist mir mittlerweile klar, dass es so ist, und das wird allen hier klar sein.“ Grubmüller weiter: „Ich weiß, wie Österreich funktioniert.“ Er habe noch mehr Geld in Österreich investieren wollen, davon sei er aber abgekommen.

Verwehrt worden sei der Privatklinik Währing auch die Verrechnung mit privaten Krankenversicherungen, mit dem Argument, die Klinik führe vor allem Schönheits-OPs durch. Grubmüller sagte, man habe sich auf plastische Chirurgie spezialisiert, weil man andere medizinische Leistungen nicht verrechnen konnte.

Grubmüller: Konkurrent für Ausschluss verantwortlich

Für den Ausschluss von der Direktverrechnung machte Grubmüller den Fachverband der Gesundheitsbetriebe und den Konkurrenten PremiQaMed verantwortlich, „sprich Uniqa, sprich Raiffeisen“, so Grubmüller. Die Uniqa-Tochter betreibt selbst vier Privatspitaler, die – im Gegensatz zu Grubmüllers Klinik – Geld aus dem PRIKRAF erhalten. Gleichzeitig habe die PremiQaMed versucht, Grubmüller die Klinik um einen „lächerlichen Preis“ abzukaufen.

Davon, dass die Aufnahme in den PRIKRAF dann auch noch von einer anderen Privatklinik, der Innsbrucker MedAlp, abhängen sollte, habe er erst jetzt erfahren. Die Grünen führten ins Treffen, dass der Eigentümer ein Freund von Landeshauptmann Günter Platter (ÖVP) und Vizepräsident der Tiroler ÖVP-nahen „Adlerrunde“ sei. Das bewegte Grubmüller nicht besonders – dazu konnte er nichts sagen. Er habe lediglich darum gekämpft, dass alle gleich behandelt würden und zu ihrem Recht kämen.

WKÖ weist Grubmüllers Vorwürfe zurück

Unterdessen wies der Fachverband der Gesundheitsbetriebe in der WKÖ die von Grubmüller erhobenen Vorwürfe zurück. Wie der Fachverband in einer Aussendung betonte, seien diese „schon seit Jahren widerlegt“. Teilweise seien sie auch Gegenstand von gerichtlichen Klagen gewesen, die Grubmüller entweder verloren habe oder die nach kurzer Zeit mangels Substanz wieder eingestellt worden seien.

Wie der Fachverband der Gesundheitsbetriebe betonte, sei „unwahr“, dass man versucht habe, die Aufnahme der Privatklinik in den PRIKRAF zu verhindern. Vielmehr habe sich der Fachverband stets für die Aufnahme ausgesprochen. Dazu würden „einstimmige Beschlüsse“ vorliegen. Zudem gebe es etliche Schreiben, in denen der Fachverband die Aufnahme empfiehlt. Der Fachverband habe stets klargestellt, dass eine Aufnahme nur bei einer entsprechenden Erhöhung des Fondsvolumens möglich sei.

Aufnahmekonnex „völlig aus der Luft gegriffen“

„Völlig aus der Luft gegriffen“ sei der konstruierte Zusammenhang zwischen der Aufnahme der Währinger Privatklinik und der – nicht zustande gekommenen – Aufnahme der Tiroler Klinik MedAlp. Die MedAlp habe 2019 einen Aufnahmeantrag gestellt, und der Fachverband habe die gleiche Stellungnahme abgegeben wie bei der Währinger Privatklinik, nämlich dass eine Aufnahme im Falle einer zusätzlichen Fondsaufstockung befürwortet würde.

Seinen Streit mit der Wirtschaftskammer verfolge er nicht mehr, so Grubmüller. Er habe sich zurückgezogen („ich bin 68 Jahre alt, ich gehe Rad fahren, ich habe es nicht nötig, mich damit zu beschäftigen“). Die Klinik habe er (um etwa zehn Mio. Euro) ohnehin gekauft, um seine Familie – vor allem seine Tochter – wieder in Österreich zu versammeln und ihr hier ein Auskommen zu ermöglichen, so Grubmüller sinngemäß.

Radfahren mit Strache auf Korfu

Während der Befragung waren auch Grubmüllers Flugreisen Thema: Auf SPÖ-Fragen führte die Auskunftsperson aus, dass er 2016 mit Strache nach Korfu geflogen sei, der habe dann in seinem, Grubmüllers, Haus vier Tage lang gewohnt und sei viel Rad fahren gegangen. Er kenne Strache schon lange, als der spätere (Ex-)Parteichef noch Bezirksrat im dritten Wiener Gemeindebezirk war und er dort ein Wettcafe gegründet habe.

2018 wollte man gemeinsam nach Ibiza, sagte Grubmüller zudem, Strache sollte mit seiner, Grubmüllers, Maschine, fliegen, die sei dann aber nicht flugfähig gewesen. Strache habe den Flug bezahlt, sei dann aber mit Laudamotion geflogen. Er selbst sei dann doch nicht nach Ibiza geflogen.