Donald Trump am Orlando Sanford International Airport
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„Jeden küssen“

Trump nach Infektion zurück im Wahlkampf

US-Präsident Donald Trump hat sich bei seiner Rückkehr auf die Wahlkampfbühne nach seiner Coronavirus-Infektion von seinen Anhängern und Anhängerinnen im US-Bundesstaat Florida feiern lassen. „Ich fühle mich so stark“, sagte Trump am Montagabend (Ortszeit) während seines rund einstündigen Auftritts in Sanford bei Orlando. Er werde jeden küssen. Der 74-Jährige sagte wie schon am Wochenende, er sei nun immun.

„Ich werde jeden in diesem Publikum küssen. Ich werde die Kerle und die schönen Frauen küssen (…). Ich werde euch einfach allen einen dicken, fetten Kuss geben“, sagte er in Sanford. Florida ist ein potenziell entscheidender Bundesstaat für die Präsidentenwahl am 3. November.

Trumps Leibarzt Sean Conley hatte zuvor mitgeteilt, dass mehrere CoV-Schnelltests an „aufeinanderfolgenden Tagen“ bei dem 74-Jährigen negativ ausgefallen seien. Neben den Antigentests seien auch andere Labordaten hinzugezogen worden, um zu ermitteln, dass der Präsident nicht mehr ansteckend sei. Wann Trump das erste Mal negativ getestet wurde und wie oft, ist unklar. Auch sagte Conley nicht, warum Trump offenbar nicht mit der üblicherweise durchgeführten PCR-Methode getestet wurde, die im Vergleich zu Antigentests als zuverlässiger gilt.

Donald Trump am Orlando Sanford International Airport
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Die Air Force One dient Trump als Hintergrund für seine Wahlkampfauftritte

Keine Maske getragen

Wegen seiner Anfang Oktober bekanntgewordenen CoV-Infektion musste Trump seine Wahlkampfauftritte auf Flughäfen mit dem Präsidentenflugzeug als Kulisse abrupt auf Eis legen. Er wurde drei Tage lang in einem Militärkrankenhaus bei Washington behandelt. Am Samstag hatte Conley gesagt, Trump sei nicht mehr ansteckend. Über Testergebnisse erteilte er bis Montag keine Auskunft.

Dr. Sean Conley
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Leibarzt Conley erklärte Trump für nicht mehr ansteckend

Trump verzichtete bei seiner Reise nach Florida auf das Tragen einer Maske, wie Fotos von der Abfahrt zeigten. Der Republikaner hat sich seit Beginn der Pandemie äußerst selten öffentlich mit Mund-Nasen-Schutz gezeigt. Seine Gegner kritisierten ihn deswegen als schlechtes Vorbild.

Falsches über Biden bei Auftritt verbreitet

„Normales Leben, das ist alles, was wir wollen“, sagte Trump nun vor seinen Anhängern. Er behauptete, sein demokratischer Herausforderer Joe Biden würde der Erholung von der Krise ein Ende bereiten, einen Impfstoff verzögern und die Pandemie verlängern. Zudem wolle Biden für Florida einen „drakonischen, unwissenschaftlichen Lockdown“.

Donald Trump am Orlando Sanford International Airport
Reuters/Jonathan Ernst
Trump bei seinem ersten Wahlkampfauftritt nach seiner CoV-Infektion in Florida

In Wirklichkeit verspricht Biden, die Pandemie mit einer nationalen Strategie eindämmen und dabei dem Rat von Wissenschaftlern und Gesundheitsexperten folgen zu wollen, um die Menschen zu schützen. Er betont immer wieder die Bedeutung von Masken. Biden kritisierte Trump am Montag nicht nur wegen dessen Umgang mit der Pandemie insgesamt. „Sein rücksichtsloses persönliches Verhalten seit seiner Diagnose war skrupellos“, sagte Biden bei einem Auftritt in dem ebenfalls umkämpften Bundesstaat Ohio. „Je länger Donald Trump Präsident ist, desto rücksichtsloser scheint er zu werden.“

Fauci will nicht für Wahlwerbung herhalten

Unterdessen setzte sich der Streit zwischen Trumps Wahlkampfteam und dem prominenten US-Gesundheitsexperten Anthony Fauci fort. Der Immunologe machte im Sender CNN deutlich, dass er im Wahlkampf nicht für Trump-Werbung herhalten will. Das Wahlkampfteam solle einen Werbespot, für den Äußerungen Faucis ohne dessen Zustimmung und zusammenhangslos verwendet wurden, nicht weiter nutzen. „Ich glaube, es ist wirklich bedauerlich und wirklich enttäuschend, dass sie das getan haben“, sagte Fauci.

Donald Trump am Orlando Sanford International Airport
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Der Immunologe Fauci ist bereits mehrmals mit Trump zusammengekracht

In dem 30-sekündigen Spot erweckt eine Äußerung Faucis den Eindruck, als würde er Trumps Vorgehen in der Coronavirus-Krise loben. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand mehr tun könnte“, sagte der Direktor des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID). Der Satz stammt aus einem Interview im März und bezog sich unter anderem auf die Arbeit der Coronavirus-Arbeitsgruppe des Weißen Hauses, der Fauci angehört. Fauci ist in der Vergangenheit immer wieder mit Trump wegen dessen Umgang mit dem Virus aneinandergeraten.

„Könnte nach hinten losgehen“

Er sei kein politischer Mensch und habe nie einen politischen Kandidaten unterstützt. Sollte das Wahlkampfteam Trumps erwägen, ihn für weitere Wahlwerbung zu nutzen, könnte das nach hinten losgehen, warnte Fauci. „Sie tun das gegen meinen Willen“, sagte Fauci der Nachrichtenseite Daily Beast. Bei Wahlkampfwerbung gehe es darum, Stimmen zu gewinnen. Doch die Schikanierung seiner Person könnte einige Wähler abschrecken, mutmaßte Fauci, der Teil der Coronavirus-Arbeitsgruppe des Weißen Hauses ist.

Trump-Auftritte kritisiert

Der Immunologe äußerte sich auch kritisch über Wahlkampfveranstaltungen, von denen Trump in dieser Woche noch weitere abhalten will: In den kommenden Tagen soll Trump nach Pennsylvania, Iowa, North Carolina, Georgia und erneut nach Florida reisen. „Wir wissen, dass das zu Problemen führt“, sagte Fauci mit Blick auf Ansammlungen vieler Menschen ohne Maske, wie sie bei Trump-Auftritten üblich sind.

Die Coronavirus-Pandemie ist in den USA weiterhin nicht unter Kontrolle. In den vergangenen sieben Tagen kamen täglich im Durchschnitt rund 50.000 nachgewiesene Infektionen hinzu. Seit Beginn der Pandemie wurden rund 7,8 Millionen Ansteckungen mit dem Erreger SARS-CoV-2 nachgewiesen. Mehr als 215.000 Menschen starben nach einer Infektion. Selbst das Weiße Haus hatte mit einem Ausbruch zu kämpfen: Neben Trump wurden auch zahlreiche andere Mitarbeiter und Gäste der Regierungszentrale positiv getestet.

Start für Anhörung von Trumps Wunschkandidatin

Vor dem Senat startete indes am Montag die Befragung der designierten Verfassungsrichterin Amy Coney Barrett – der Wunschkandidatin Trumps für diesen Posten. Insgesamt soll Barrett vier Tage im Justizausschuss des Senats Rede und Antwort stehen. Barretts schnelle Nominierung durch Trump ist schwer umstritten, die Bedeutung des Postens enorm für große gesellschaftspolitische Entscheidungen in den USA. Die Entscheidung Trumps für die schnelle Nominierung brachte zusätzliche Unruhe in den US-Wahlkampf.

Mit Barrett könnte Trump die konservative Mehrheit am Supreme Court auf sechs zu drei ausbauen und auf Jahre zementieren, denn Verfassungsrichter werden auf Lebenszeit nominiert. Barrett ist 48 Jahre alt und könnte lange am Gericht bleiben.