Unterstützer von Donald Trump und Joe Biden halten Fahnen
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Entscheidende Bundesstaaten

Alte Bastionen als neue „Swing-States“

Es gibt US-Bundesstaaten, in denen Republikaner und Demokraten eine seit Jahrzehnten unerschütterlich treue Mehrheit haben – und dann gibt es „Swing-States“. Sie sind besonders umkämpft, denn dort ist die Entscheidung offen – und von ihnen hängt ab, wer die Wahl für sich entscheidet. Die Demokraten hoffen darüber hinaus heuer auch auf die Eroberung mindestens einer alten Republikaner-Bastion.

Geht es nach landesweiten Umfragen, steht der nächste US-Präsident schon fest: Der demokratische Herausforderer Joe Biden liegt seit Monaten konstant vor dem republikanischen Amtsinhaber Donald Trump. Dass die mögliche Wählerstimmenmehrheit aber nur bedingt aussagekräftig ist, hat sich schon bei anderen Wahlen gezeigt und liegt am US-Wahlsystem: Der US-Präsident wird nicht direkt von den Bürgern gewählt, sondern von einem Wahlleute-Kollegium, dem Electoral College.

Die insgesamt 538 Wahlleute wiederum werden auf Ebene der Bundesstaaten von den Bürgern gewählt. Die Zahl der Wahlmänner und Wahlfrauen pro Bundesstaat richtet sich dabei nach der Bevölkerungsgröße. Um Präsident zu werden, braucht ein Kandidat die Stimmen von 270 Wahlleuten. Letztlich geht es also darum, wie viele Bundesstaaten mit wie vielen Wahlleuten ein Kandidat gewinnt.

Detaillierte Ansicht der Wahlmännerstimmen pro Bundesstaat sowie der Stimmen Alaskas und Hawaiis auf der interaktiven Karte mittels Zoomfunktion

Eine Frage der Mobilisierung

Der Name „Swing-States“ suggeriert fälschlicherweise, dass die Wählerinnen und Wähler in diesen Bundesstaaten eher geneigt sind, in ihrer Parteienpräferenz umzuschwenken. Dass der Ausgang der Wahl dort nicht so klar vorherzusagen ist wie in den demokratischen oder republikanischen Hochburgen, liegt aber vielmehr daran, dass sie in ihrer Demografie heterogener aufgestellt sind – und der Wahlausgang dort noch mehr eine Frage der Mobilisierung ist als anderswo.

Florida gilt als der Jackpot: Mit 29 Wahlleuten ist es einer der wichtigsten umkämpften Staaten, in dem sich die Zahl der Anhängerinnen und Anhänger beider Parteien die Waage halten: Im Jahr 2000 verhalfen weniger als 540 Stimmen Vorsprung dem Republikaner George W. Bush zum Sieg im „Sunshine State“ – und damit zum Einzug ins Weiße Haus. Dahinter folgen die traditionellen „Battleground States“, dazu gehören Pennsylvania (20 Stimmen) und Ohio (18), genauso wie Michigan (16), Wisconsin (10) und Minnesota (10). Aktuelle Umfragen deuten auch in Georgia (16), North Carolina (15) und Arizona (11) auf einen offenen Stimmausgang hin.

Unterstützer von Donald Trump auf einem Boot
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Im „Sunshine State“ könnten wenige Wählerstimmen die ganze Wahl entscheiden

Texaner könnten Trump untreu werden

Ein wahres Erdbeben wäre es, falls es Biden gelingen würde, Texas zu gewinnen. Der große Staat mit 36 Stimmen geht seit Jahrzehnten an die Republikaner – manche Umfragen räumen ihm dort aber zumindest geringe Chancen ein. Dafür verantwortlich ist nicht unbedingt bzw. nicht nur die Unzufriedenheit der Texaner mit der Politik Trumps, auch der demografische Wandel spielt eine Rolle. Seit 2016 haben in Texas mehr als zwei Millionen Bürger erstmals Wahlunterlagen beantragt. Eine Mehrheit von ihnen gehört Minderheiten wie den Hispanics und Afroamerikanern an, 1,6 Millionen von ihnen sind jünger als 35 Jahre – klassische Demokraten-Wählerinnen und -Wähler.

Pennsylvania – ewig demokratisch, 2016 republikanisch

Paradebeispiel dafür, dass auch sichere Bastionen fallen können, ist Pennsylvania: Sechsmal in Folge hatte dort ein demokratischer Kandidat gewonnen – bis Trump 2016 mit einem hauchdünnen Vorsprung vor Hillary Clinton siegte. Die Demokratin konnte dort vor allem in den Regionen um die drei größten Städte Philadelphia, Pittsburgh und Allentown punkten, rundherum holten die Republikaner aber die letztlich entscheidende Mehrheit.

Bei dieser Wahl könnten die 20 Wahlleutestimmen an Biden gehen. Die entscheidenden Stimmen dafür sind weiblich: Laut einer Umfrage der Monmouth-Universität im Bundesstaat New Jersey von Anfang Oktober würden nur rund 35 Prozent der befragten Frauen für Trump stimmen, 61 Prozent hingegen für Biden. Bei den Männern liegen die beiden Kandidaten dicht beieinander. Bei seiner jüngsten Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania warb Trump daher besonders um die Stimmen der Frauen – wenig subtil mit den Worten: „Vorstadtfrauen, würdet ihr mich bitte mögen?“

Viele andere Staaten sind kaum umkämpft. Für die Demokraten etwa sind die Staaten an der Westküste eine sichere Bank, darunter das bevölkerungsreiche Kalifornien sowie Oregon und Washington. Auch im Nordosten gibt es zahlreiche als sicher geltende Staaten, darunter New York, New Jersey, Connecticut, Massachusetts, Rhode Island, Delaware und Maryland. Die Republikaner schneiden dafür in der Regel im Zentrum des Landes stark ab, darunter im Mittleren Westen sowie im Süden. Sie gewinnen in der Regel Staaten wie Montana, Kansas, Oklahoma, Missouri, Tennessee, Kentucky, West Virginia, Arkansas, Alabama, Louisiana, Mississippi und South Carolina.