Bergkarabach: Gefechte halten trotz Waffenruhe an

Ungeachtet der Einigung auf eine Waffenruhe haben Armenien und Aserbaidschan ihre Kämpfe um die umstrittene Südkaukasus-Region Bergkarabach fortgesetzt. Die Behörden in der Region Bergkarabach, die sich selbst seit 2017 als unabhängige Republik Arzach bezeichnet, warfen den aserbaischanischen Streitkräften heute vor, Offensiven im Süden, Norden und Nordosten des Gebiets gestartet zu haben.

Die Regierung in Baku beschuldigte ihrerseits Armenien, die aserbaidschanischen Landkreise Goranboy, Terter und Agdam angegriffen zu haben.

Zwei Wochen nach Beginn der Gefechte stieg die Zahl der offiziell gemeldeten Todesopfer auf fast 600, darunter 73 Zivilpersonen. Beide Konfliktparteien nehmen für sich in Anspruch, der jeweiligen Gegenseite noch deutlich größere Verluste zugefügt zu haben.

Bergkarabach liegt in Aserbaidschan, wird aber mehrheitlich von Armenierinnen und Armeniern bewohnt, welche die Region auch unter ihrer Kontrolle haben. Der Konflikt dauert bereits seit Jahrzehnten an, die Ende September aufgeflammten Gefechte sind jedoch die schwersten seit Jahren. Sowohl Armenien als auch Aserbaidschan haben das Kriegsrecht verhängt.

Einigung auf Feuerpause

Unter Vermittlung des russischen Außenministers Sergej Lawrow hatten sich beide Seiten am Samstag in Moskau auf eine Feuerpause geeinigt, die sich jedoch bereits nach wenigen Stunden als äußerst brüchig erwies.

Bei einem Treffen mit seinem armenischen Kollegen Sohrab Mnatsakanjan gestern appellierte Lawrow an beide Konfliktparteien, die Waffenruhe einzuhalten. Auch die EU und der Iran forderten die Konfliktparteien dazu auf, die Kampfhandlungen einzustellen.

Beobachterinnen und Beobachter fürchten, dass sich der Konflikt zu einem Stellvertreterkrieg zwischen Russland und der Türkei im Kaukasus ausweiten könnte. Die Türkei unterstützt in dem Konflikt das Nachbarland Aserbaidschan. Russland unterhält gute Beziehungen zu beiden Seiten, gilt aber als die militärische Schutzmacht Armeniens.

Internationale Reaktionen

Unter anderen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warf der Türkei vor, dschihadistische Kämpfer von Syrien nach Aserbaidschan verlegt zu haben. Nach Angaben der in Großbritannien ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden seit Beginn der Gefechte insgesamt 1.450 protürkische Söldner aus Syrien nach Aserbaidschan geschickt. 119 der Kämpfer wurden demnach getötet.

US-Außenminister Mike Pompeo forderte indes Aserbaidschan und Armenien zur Einhaltung der von ihnen vereinbarten Waffenruhe auf und dazu, den Beschuss ziviler Ziele wie der Stadt Ganja in Aserbaidschan und der Regionalhauptstadt Stepanakert in der Bergkarabach einzustellen, schrieb Pompeo auf Twitter.