Finanzminister Gernot Blümel
APA/Roland Schlager
Blümels Budgetrede

„Teure Antwort“ auf CoV-Krise

Die anhaltende Coronavirus-Krise und deren Folgen reißen auch im nächsten Jahr ein tiefes Loch in den Staatshaushalt. Die Details präsentierte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Mittwoch in seiner Budgetrede im Nationalrat. Das „administrative Defizit“ werde heuer 28,5 Mrd. Euro betragen, im kommenden Jahr dann 21 Mrd. Euro.

Blümel sprach vor den Abgeordneten von einer „budgetären Antwort auf die Covid-Krise“. Die „Antwort ist teuer, aber wir können sie uns leisten“, sagte der Finanzminister und verwies auf die „verlässliche“ Budgetpolitik der Vergangenheit, die „Arbeitsplätze in der Zukunft“ rette. Laut dem Finanzminister ist das Budget auch „ein Indiz dafür, dass sich die Corona-Nebelschwaden langsam lichten“. Man habe inzwischen mehr Planbarkeit als zu Beginn der Pandemie, sagte Blümel.

Eine weitere Steuerreform ist im Finanzrahmen bis 2024 nicht eingepreist. An der von ÖVP und Grünen für 2022 angekündigten zweiten Etappe der Steuerreform will Blümel aber festhalten, ebenso an der Abschaffung der kalten Progression.

50 Mrd. für Krisenbewältigung

Für die Bewältigung der CoV-Krise stehen laut Blümel heuer und im kommenden Jahr 50 Mrd. Euro zur Verfügung. Ein guter Teil davon sind Haftungen und Steuerstundungen, bei denen die Regierung mit Rückflüssen in Milliardenhöhe rechnet: Das Finanzministerium geht davon aus, dass die Steuerstundungen (6,6 Mrd. Euro) nur zu maximal einem Fünftel, die Haftungen (6,7 Mrd. Euro) zu 30 Prozent schlagend werden.

Grafik zeigt das Budgetsaldo in Prozent des BIP
Grafik: APA/ORF.at, Quelle: Statistik Austria/BMF

Die seit 2015 deutlich gesunkenen Staatsschulden dürften schon heuer von 70,5 auf 84 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen, 2021 auf 84,8 Prozent, 2022 mit 85 Prozent einen neuen Rekordwert erreichen und dann wieder leicht sinken. Das Defizit soll heuer 9,5 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, im kommenden Jahr 6,3 und 2022 3,5 Prozent. Die auf EU-Ebene vorgegebene Dreiprozentgrenze würde laut jetziger Planung erst 2023 (minus 1,9 Prozent) wieder unterschritten.

Mehr Geld für Arbeitsmarkt

Gegenüber dem Budgetplan vor der Krise um 2,7 Mrd. Euro aufgestockt wird das Arbeitsmarktbudget, bei dem von heuer bis 2022 700 Mio. Euro für Qualifikationsmaßnahmen („Arbeitsstiftung“) vorgesehen sind. Allein für die Kurzarbeit werden nach heuer 6,8 Mrd. Euro weitere 1,5 Mrd. Euro eingeplant. Damit befinde man sich zwar am „oberen Ende der Expertenschätzungen“, räumte Blümel ein, aber: „Alles andere wäre aus budgetärer Sicht nicht sehr sachlich.“

Budgetrede von Finanzminister Blümel

Die Budgetrede von Finanzminister Blümel stand im Zeichen der CoV-Krise. 2020 und 2021 wird es ein hohes Defizit geben.

Bildungsbudget überschreitet Zehnmilliardengrenze

Mehr Geld gibt es für die Ressorts Verteidigung, Verkehr und Umwelt und Bildung. Hier sind u. a. zusätzlich knapp 1,2 Mrd. Euro für die Universitäten von 2022 bis 2024 vorgesehen. Für Digitalisierungsmaßnahmen im Schulbereich soll es bereits im kommenden Jahr 235 Mio. Euro geben – vor allem für die Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit Laptops oder Tablets.

Das Bildungsbudget werde erstmals die Grenze von zehn Mrd. Euro überschreiten, so Blümel im Nationalrat. Investieren will die Regierung auch in den öffentlichen Verkehr und den Umweltschutz. Das Budget für das Bundesheer wird um 8,3 Prozent auf 2,67 Mrd. Euro erhöhen.

Grafik zeigt die Staatsschulden in Prozent des BIP
Grafik: APA/ORF.at, Quelle: Statistik Austria/BMF

Für die erste Ausbaustufe des „1-2-3-Klimatickets“ sind für die Jahre 2021 bis 2024 575 Mio. Euro veranschlagt, 263 Mio. sollen im selben Zeitraum in den Ausbau erneuerbarer Energieträger fließen und 833 Mio. in die Umweltförderung. Das Budget für Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) steigt ebenfalls stark – vor allem dank des 365 Mio. Euro schweren Fonds für Non-Profit-Organisation (NPO-Fonds). Zusätzliche Mittel wird es auch für das ebenfalls von Kogler geführte Sportressort geben.

Die heimische Land- und Forstwirtschaft und die Regionen werden 2021 mehr öffentliche Gelder erhalten. Für nächstes Jahr ist das heuer beschlossene Forstpaket mit 158 Mio. Euro budgetiert, für den Breitbandausbau zusätzlich 41 Mio. Euro. Im Budgetbereich Landwirtschaft, Regionen und Tourismus sollen die Ausgaben 2021 im Vergleich zum Jahr davor um 595 Mio. Euro auf 3,27 Mrd. Euro steigen.

Budgetplus für Sicherheitsbereich

Neben den wirtschafts-, klima- und forschungspolitischen Schwerpunkten nimmt auch die Sicherheitspolitik einen besonderen Stellenwert in der Budgetpolitik der Bundesregierung ein. Polizei, Bundesheer und Justiz bekommen mehr Geld. Das Innenministerium erhält neun Mio. Euro für Infrastruktur und 21 Mio. für den Ausbau der Cybersicherheit. Die Justiz bekommt 61,4 Mio. hauptsächlich für die dringend benötigte Personalaufstockung und für das Maßnahmenpaket gegen Hass im Netz.

Die von der Regierung angekündigte große Pflegereform findet sich indes im Budget von Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) für 2021 noch nicht. Vorgesehen sind im Sozialbudget aber Schwerpunkte in den Bereichen Pflege, Demenz und Behinderung. Außerdem erhält Anschober 120 Mio. Euro für den Ankauf von Coronavirus-Impfstoff. Deutlich steigen werden die Pensionskosten – auch wegen der besonders starken Pensionserhöhung 2021.

Von etwa 466 auf 496,1 Mio. Euro steigt der Voranschlag für das Kunst- und Kulturbudget 2021. Allein neun Mio. Euro davon sind für die geplanten Sanierungsprojekte der Festspielhäuser in Salzburg und Bregenz budgetiert. Bis 2024 sollen dafür von Bundesseite 70 Mio. Euro aufgewendet werden.

Zusätzliche Mittel für Auslandskatastrophenfonds

Das Außenministerium erhält im Budget 2021 um 53,9 Mio. Euro mehr als im ursprünglichen Budgetvoranschlag vorgesehen. Vor allem die Mittel für den Auslandskatastrophenfonds (AKF) und die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) werden erhöht – für den AKF gibt es 27,5 Mio. Euro, für die EZA rund elf Mio. mehr. Dazu kommen noch zusätzliche 12,7 Mio. für Maßnahmen im IT- und Sicherheitsbereich.

Das Frauenbudget wird um 2,5 Mio. Euro auf insgesamt 14,65 Mio. angehoben. Das Geld wird unter anderem für die europäische Zeitverwendungsstudie aufgewandt, an der Österreich wieder teilnehmen wird.

Tourismusentwicklung als Unsicherheitsfaktor

Grundlage des Budgets ist die jüngste WIFO-Prognose, die nach einer historischen Rezession (minus 6,8 Prozent) für kommendes Jahr wieder ein Wirtschaftswachstum von 4,4 Prozent vorsieht. Größte Unsicherheit ist laut Blümel die weitere Entwicklung der Pandemie und des Wintertourismus.

Finanzminister Gernot Blümel bei seiner Budgetrede im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates im Parlamentsausweichquartier in der Wiener Hofburg.
APA/Roland Schlager
Die Antwort auf die CoV-Krise „ist teuer, aber wir können sie uns leisten“, so Blümel im Nationalrat

Die Abhängigkeit vom Tourismus sei in Österreich so stark wie in wenigen anderen EU-Ländern. Daher müsse die Regierung möglichst alles tun, um die Infektionszahlen herunter und die Reisewarnungen wegzubekommen, so Blümel. Gerüchte über einen weiteren Lockdown wies er aber zurück: „Es ist kein Lockdown geplant, das ist ein Faktum.“

Blümel: Kurzfristig Keynes, langfristig Hayek

Zwar würden nun Schulden gemacht. Das langfristige Ziel müsse aber sein, den Staatshaushalt in Ordnung zu halten, so Blümel im Nationalrat. „Wenn jetzt einer sagt, endlich hat die ÖVP den Keynes entdeckt“, dann sage er: „Natürlich hat Keynes recht, aber nur kurzfristig“, so Blümel. „Langfristig hat natürlich Hayek recht“, so Blümel.

Während sich der Ökonom John Maynard Keynes und der von ihm mitgegründete Keynesianismus für einen starken Staat aussprechen, gelten Friedrich August von Hayek und seine Österreichische Schule als Wegbereiter des Neoliberalismus.

Mehr Staat würde zwar kurzfristig die Wirtschaft stabilisieren, mittelfristig aber die Anpassung und langfristig Innovationen verhindern. „Wer das leugnet, belügt sich selbst“, so Blümel: „Solche Schuldenleugner sind den Klimaleugnern sehr, sehr ähnlich. Beide leben auf Kosten der kommenden Generationen“, sagte der Finanzminister.

Opposition: „Budget der gebrochenen Versprechen“

Die Opposition verriss Blümels Budgetrede. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sah ein „Budget der gebrochenen Versprechen“, NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger ein „mutloses Budget“. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl kritisierte, dass die von Blümel genannten Milliardenausgaben bei den Betroffenen nicht ankämen: „Was hier geschieht, ist ein Klotzen mit Zahlen und ein Kleckern mit tatsächlichen Unterstützungen.“