FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl.
APA/Robert Jaeger
„Taschenspielermentalität“

Opposition zerpflückt Blümels Budgetrede

Nach der Budgetrede von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im Nationalrat kommt scharfe Kritik der Opposition. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sprach am Mittwoch von einem „Budget der gebrochenen Versprechen“. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl kritisierte die „Taschenspielermentalität“ der Regierung. NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger sah ein „mutloses Budget“. Lob kam dagegen von den Ministerinnen und Ministern, die sich über Budgeterhöhungen in ihren Ressorts erfreut zeigten.

Für den stellvertretenden SPÖ-Klubchef Leichtfried zeigt das Budget 2021 die Lust- und Perspektivenlosigkeit der türkis-grünen Regierung. „Weder finden sich ausreichend Mittel im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, den Kanzler Kurz zur ‚Chefsache‘ machen wollte, noch die versprochene Steuersenkung und auch nicht die angekündigten Milliardeninvestitionen etwa in den Klimaschutz“, so Leichtfried in einer Aussendung. Er forderte unter anderem 1.700 Euro steuerfreies Einkommen und eine Klimaschutzmilliarde.

„Was hier geschieht, ist ein Klotzen mit Zahlen und ein Kleckern mit tatsächlichen Unterstützungen“, kritisierte FPÖ-Klubchef Kickl. Die Regierung habe in unzähligen Pressekonferenzen immer wieder dasselbe Geld verteilt. „Aber leider nur virtuell verteilt, denn de facto ist bei all jenen, die von den schwarz-grünen Corona-Maßnahmen getroffen wurden, noch so gut wie nichts angekommen“, sagte Kickl. Die Schuld an Hunderttausenden Arbeitslosen liege bei der Regierung mit ihren überschießenden CoV-Maßnahmen und ihrer „knausrigen Entschädigungsbürokratie“.

Meinl-Reisinger sieht „No-Future-Budget“

„Die Bundesregierung setzt den Kurs des bloßen Verwaltens des Gestern fort – in die Zukunft wird wieder nicht investiert“, kritisierte NEOS-Vorsitzende Meinl-Reisinger das „No-Future-Budget“ der Regierung. Sie forderte mehr Investitionen in Bildung und klimafreundliche Infrastruktur: „Hier passiert entschieden zu wenig.“

Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB) forderten insbesondere mehr Einsatz gegen die hohe Arbeitslosigkeit. Die Wirtschaftskammer lobte dagegen, dass die Absicherung der „Unterstützungstools“ in der CoV-Krise die nötige Planungssicherheit schaffe.

Freude in den Ressorts

Seitens der Regierungsparteien gab es dagegen Lob für das vorgestellte Budget – vor allem für die zusätzlichen Mittel für die Bereiche Umwelt, Verkehr und Sicherheit. „Mit dem neuen ÖBB-Rahmenplan bringen wir das größte Bahnpaket auf Schiene, das die Republik je gesehen hat. Mehr als 17 Milliarden Euro für Bahnprojekte im ganzen Land sind eine Ansage im Kampf gegen die Klimakrise“, sagte die grüne Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) sprach vom „höchsten Budget in der Geschichte unseres Heeres“. Das Heeresbudget werde um 8,3 Prozent erhöht. Mit dem Geld werde man „viele notwendige Investitionen tätigen, auf die unser Heer schon so lange wartet“, sagte Tanner. „Die Zeit des Stillstandes und des Abbaus ist vorbei.“ ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer hob das gestiegene Budget für die Polizei hervor: „Mehr Personal und moderne Ausrüstung für unsere Polizei bedeuten auch ein Mehr an Sicherheit.“

Die grüne Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer freute sich ebenfalls über „die größte Budgeterhöhung der letzten Jahrzehnte“ im Kulturbereich. „Mein vordringliches Ziel ist, dass ein Gutteil dieser zusätzlichen Mittel dem zeitgenössischen Kunstbetrieb zugute- und bei den einzelnen Künstlerinnen und Künstlern ankommt“, so Mayer.

CoV-Krise reißt Loch ins Budget

Die anhaltende Coronavirus-Krise und deren Folgen reißen auch im nächsten Jahr ein tiefes Loch in den Staatshaushalt. Das „administrative Defizit“ werde heuer 28,5 Mrd. Euro betragen, im kommenden Jahr dann 21 Mrd. Euro, sagte Finanzminister Blümel am Mittwoch vor den Abgeordneten.

Budgetrede von Finanzminister Blümel

Die Budgetrede von Finanzminister Blümel stand im Zeichen der CoV-Krise. 2020 und 2021 wird es ein hohes Defizit geben.

Blümel sprach vor den Abgeordneten von einer „budgetären Antwort auf die Covid-Krise“. Die „Antwort ist teuer, aber wir können sie uns leisten“, sagte der Finanzminister und verwies auf die „verlässliche“ Budgetpolitik der Vergangenheit, die „Arbeitsplätze in der Zukunft“ rette. Laut dem Finanzminister ist das Budget auch „ein Indiz dafür, dass sich die Corona-Nebelschwaden langsam lichten“. Man habe inzwischen mehr Planbarkeit als zu Beginn der Pandemie, sagte Blümel.

Eine weitere Steuerreform ist im Finanzrahmen bis 2024 nicht eingepreist. An der von ÖVP und Grünen für 2022 angekündigten zweiten Etappe der Steuerreform will Blümel aber festhalten, ebenso an der Abschaffung der kalten Progression.

50 Mrd. für Krisenbewältigung

Für die Bewältigung der CoV-Krise stehen laut Blümel heuer und im kommenden Jahr 50 Mrd. Euro zur Verfügung. Ein guter Teil davon sind Haftungen und Steuerstundungen, bei denen die Regierung mit Rückflüssen in Milliardenhöhe rechnet: Das Finanzministerium geht davon aus, dass die Steuerstundungen (6,6 Mrd. Euro) nur zu maximal einem Fünftel, die Haftungen (6,7 Mrd. Euro) zu 30 Prozent schlagend werden.

Grafik zeigt das Budgetsaldo in Prozent des BIP
Grafik: APA/ORF.at, Quelle: Statistik Austria/BMF

Die seit 2015 deutlich gesunkenen Staatsschulden dürften schon heuer von 70,5 auf 84 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen, 2021 auf 84,8 Prozent, 2022 mit 85 Prozent einen neuen Rekordwert erreichen und dann wieder leicht sinken. Das Defizit soll heuer 9,5 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, im kommenden Jahr 6,3 und 2022 3,5 Prozent. Die auf EU-Ebene vorgegebene Dreiprozentgrenze würde laut jetziger Planung erst 2023 (minus 1,9 Prozent) wieder unterschritten.

Gegenüber dem Budgetplan vor der Krise um 2,7 Mrd. Euro aufgestockt wird das Arbeitsmarktbudget, bei dem von heuer bis 2022 700 Mio. Euro für Qualifikationsmaßnahmen („Arbeitsstiftung“) vorgesehen sind. Allein für die Kurzarbeit werden nach heuer 6,8 Mrd. Euro weitere 1,5 Mrd. Euro eingeplant. Mehr Geld gibt es auch für das Innen- und Verteidigungsressort sowie die Bereiche Verkehr und Umwelt. Das Bildungsbudget wird erstmals die Marke von zehn Mrd. Euro überschreiten. Die von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) angekündigte Pflegereform findet sich indes noch nicht im Budget für 2021.

Badelt vermisst Schwerpunkte abseits von CoV

Das präsentierte Budget 2021 bilde die von der Regierung ergriffenen CoV-Maßnahmen gut ab – aber weder das Budget noch der neue Finanzrahmen ließen darüber hinausgehende Schwerpunkte erkennen, sagte WIFO-Chef Christoph Badelt. So sei etwa die Steuerreform nicht im Budget eingepreist. „Ich schließe daraus, dass es keine entsprechenden Beschlüsse gibt“, sagte Badelt.

„Ich glaube, dass das Budget die Corona-Hilfsmaßnahmen gut abbildet und erstmals einen Überblick über die Ausgaben und Einnahmen gibt“, so der Wirtschaftsforscher. Allerdings erkenne man für 2021 keine Schwerpunkte abseits der Pandemie, auch der geplante Finanzrahmen gebe dazu keine wirkliche Information. So seien 2021 etwa 90 Millionen zusätzlich für die Pflege budgetiert, aber keine grundlegende Pflegereform. Auch bei der geplanten Steuerreform werde zwar der erste Schritt mit der Senkung des Eingangssteuersatzes gemacht, aber es sei nicht ersichtlich, wie es weitergeht. Vieles scheine noch nicht ausgegoren zu sein, so Badelt.