Karl-Heinz Grasser
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BUWOG-Prozessfinale

Grasser hofft auf „gerechtes Urteil“

Am letzten Hauptverhandlungstag im BUWOG-Prozess um Korruptionsverdacht bei der Privatisierung der Bundeswohnungen und andere Vorwürfe haben die Angeklagten die Möglichkeit zu „letzten Worten“ im Prozess genutzt. Der Erstangeklagte Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/parteilos) machte am Donnerstag den Anfang. Er sei unschuldig und hoffe auf ein „gerechtes Urteil“. Dieses wird in den nächsten Wochen erwartet.

Die Anklage wirft den Beschuldigten Korruption bei der Bundeswohnungsprivatisierung im Jahr 2004 vor. Der damalige Finanzminister Grasser soll geheime Informationen weitergegeben haben, und dafür bei einer Provision von 9,6 Mio. Euro mitkassiert haben. Beim Linzer Terminal Tower seien 200.000 Euro Bestechungsgeld geflossen für den Einzug der Finanzbehörden in das Bürohaus. Weiters wurde eine Anklage zu schwarzen Kassen der Telekom Austria bei Peter Hocheggers Valora-Gesellschaft und eine Anklage gegen Walter Meischberger wegen Betrugs bei seinem Hausverkauf in den Megaprozess integriert.

Grasser selbst sagte, dass er als Finanzminister immer nur die Interessen der Republik im Sinne gehabt hat. Großes Lob äußerte Grasser für die Prozessführung des Gerichts, insbesondere für Richterin Marion Hohenecker und deren umfangreiche Aktenkenntnis. Das Gericht habe ihm das Vertrauen in die Justiz zurückgegeben, das er bei den Ermittlungen gegen ihn verloren hatte. Der frühere ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter habe ihm nämlich damals – in Anwaltsfunktion – sinngemäß gesagt, „die Staatsanwälte wollen Sie hängen sehen, warum auch immer“. Das habe ihm Angst gemacht, so der Angeklagte.

Grasser bedankte sich aber auch bei den Mitangeklagten, die nicht den einfachen Weg gegangen seien, um ihn wahrheitswidrig zu beschuldigen, und die dem „Druck“ der Staatsanwaltschaft nicht nachgegeben hätten. Der mitangeklagte Ex-Lobbyist Peter Hochegger hingegen habe falsch ausgesagt, so Grasser.

Meischberger: „Irgendwann ist genug gesagt“

Die Zeugenaussagen hätten ihn voll und ganz bestätigt, dass er nichts Unrechtes getan, keine Information weitergegeben und kein Geld angenommen habe. Die Bundeswohnungsprivatisierung und die Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower seien rechtmäßig verlaufen. Das werde auch durch die Einstellung der Ermittlungen gegen eine Schweizerin bestätigt, die mit ihm eine Urkunde unterzeichnet habe, die von der Staatsanwaltschaft als „Lugurkunde“ bezeichnet worden sei.

Walter Meischberger
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Meischberger bat in seinen „letzten Worten“ das Gericht um Freispruch

Anschließend gab der Zweitangeklagte, Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger, seine letzte Erklärung im Prozess ab und dankte ebenfalls dem Gericht für die faire Verhandlungsführung. „Irgendwann ist genug gesagt“, meinte er, die Sache liege entscheidungsreif auf dem Tisch. Trotz aller „schiefen Optik“ habe er rechtmäßig gehandelt und alle Leistungen ordnungsgemäß abgeführt, sagte der frühere Lobbyist.

Die lange Verfahrensdauer und die öffentliche Vorverurteilung hätten ihn aber nachhaltig geschädigt. „Elf Jahre meines Lebens kann mir niemand zurückgeben, auch das Gericht nicht, aber vielleicht meine Reputation“, sagte Meischberger. Er bitte das Gericht um ein gerechtes Urteil und um einen Freispruch in allen Anklagepunkten.

Hochegger wiederholte sein Teilgeständnis

Der frühere PR-Unternehmer und Lobbyist Hochegger hingegen bestätigte in seiner abschließenden Erklärung sein Teilgeständnis. Er habe in einem „Korruptionsbiotop“ zwischen Wirtschaft und Politik mitgewirkt, „in einem Korruptionsbiotop, in dem sich wenige ständig Vorteile auf Kosten der Allgemeinheit verschaffen.“ Er sei froh, dass er den Mut gefunden habe, seinen Beitrag in diesem System anzusprechen und die Dinge beim Namen zu nennen.

Er habe seine eigenen Fehler erkannt und die Konsequenzen daraus gezogen. Das habe ihm geholfen, mit der Vergangenheit abzuschließen, inneren Frieden zu finden und etwas Neues im Leben zu beginnen, schloss der Angeklagte. Hochegger hatte zu Beginn des Prozesses ein Teilgeständnis abgelegt und damit Grasser und Meischberger belastet.

Peter Hochegger
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Hochegger blieb bei seinem Teilgeständnis, dass er in einem „Korruptionsbiotop“ mitgewirkt habe

Prozess geht zu Ende

Nach den „letzten Worten“ der Angeklagten gebührt dem Schöffensenat – zwei Berufsrichter, zwei Schöffen – der letzte Akt: das Urteil. Damit gehen dann fast drei Jahre Hauptverhandlung in einem Korruptionsprozess, der im Dezember 2017 gestartet war, zu Ende.

Nach den Plädoyers zog sich der Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Hohenecker zur Beratung zurück. Wann genau das Urteil über die insgesamt 15 Angeklagten fallen wird, ist offen. Für die Urteilsverkündung hat die Richterin vorsorglich alle Freitage im November und den ersten Freitag im Dezember den Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Straflandesgericht reserviert.

Ein Angeklagter – Ludwig Scharinger, der als Beschuldigter geführt wurde, aber verhandlungsunfähig war – ist bereits verstorben. Von den anfangs zwölf Schöffen sind noch fünf dabei – für ein Urteil sind zwei Schöffen notwendig, sonst wäre der Prozess geplatzt. Ein Abschluss der Causa BUWOG sowie anderer Anklagepunkte dürfte das Urteil nicht sein, Prozessbeobachter gehen davon aus, dass das Verfahren – egal wie es ausgeht – in die nächste Instanz geht.

Verteidigung gegen Anklagebehörde

Am Mittwoch waren die Verteidiger der Angeklagten mit ihren Schlussplädoyers am Wort. Überraschungen blieben aus, die Anwälte von Ex-Finanzminister Grasser und seinem Trauzeugen Meischberger forderten Freisprüche, auch die Anwälte der meisten anderen Angeklagten pochten auf die Unschuld ihrer Klienten. Die Anklageschrift sei voller Unterstellungen, es sei der Staatsanwaltschaft darum gegangen, Grasser als „Harry Potter der Privatisierungen“ darzustellen, sagte dessen Anwalt Manfred Ainedter.

Am Tag davor sagte die Anklagebehörde in Form der beiden Oberstaatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk, dass die Verteidigung in fast drei Jahren der Hauptverhandlung „Nebelgranaten“ geworfen und Ablenkungsmanöver ausgeführt habe. Doch es gebe keinen Zweifel: „Tatsächlich ist Grasser im Sinne der erhobenen Vorwürfe schuldig“, sagte Marchart. „Niemand steht über dem Gesetz“, so Marchart. Denk wiederum sprach von einem „Verbrechen von unglaublicher Tragweite“.

Die Ankläger forderten sowohl in der Causa BUWOG als auch in der Causa Terminal Tower Linz Schuldsprüche für alle Angeklagten. Die Vorgangsweise in Linz, Schmiergeld für eine Handlung des Ex-Finanzministers zu fordern, sei die gleiche gewesen wie bei der Privatisierung der Bundeswohnungen, wo eine Millionenprovision floss. Das sei ein Beweis für den „Tatplan“ der vier Freunde Grasser, Meischberger, Hochegger und des Immobilienmaklers Ernst Karl Plech, zu dem der Belastungszeuge Willibald Berner ausgesagt hatte.