Karte zeigt die Coronaampel in den westlichen Bundesländern
Grafik: ORF.at/corona Quelle: corona-ampel.gv.at
In vier Bezirken

CoV-Ampel springt erstmals auf Rot

Die Ampelkommission hat am Donnerstag in vier Bezirken die höchste Gefährdungsstufe für eine Coronavirus-Infektion erkannt. Betroffen sind Wels Stadt in Oberösterreich, Hallein in Salzburg sowie Innsbruck-Stadt und Innsbruck-Land in Tirol. Hier springt die Ampel erstmals auf Rot. Wien blieb orange.

In weiteren 17 Bezirken ist die Risikoeinschätzung nunmehr hoch, die Ampel wurde daher von Gelb auf Orange geschaltet. Oberwart im Burgenland, Baden, St. Pölten-Land, Tulln und Wiener Neustadt-Land in Niederösterreich, Grieskirchen, Ried im Innkreis, Schärding und Wels-Land in Oberösterreich, Salzburg-Umgebung und St. Johann im Pongau in Salzburg, Voitsberg und Bruck-Mürzzuschlag in der Steiermark, Imst und Kufstein in Tirol. In St. Veit an der Glan in Kärnten und Steyr Stadt in Oberösterreich stellte die Kommission die Ampel gleich von Grün auf Orange.

Von Grün auf Gelb wurden 13 Bezirke umgeschaltet: Klagenfurt (Stadt und Land) in Kärnten, Horn in Niederösterreich, Perg und Steyr-Land in Oberösterreich, Tamsweg und Zell am See in Salzburg, Deutschlandsberg, Leibnitz, Leoben, Weiz, Murtal, Hartberg-Fürstenfeld und Liezen in der Steiermark. Zurückgestuft wurden nur drei Bezirke, allesamt in Niederösterreich: Melk und Scheibbs von Orange auf Gelb und Lilienfeld von Gelb auf Grün.

Salzburg und Tirol hatten bereits vor der Ampelschaltung eine Reihe von Maßnahmen mit teils erheblichen Einschränkungen angekündigt, um die stark gestiegene Zahl an Coronavirus-Neuinfektionen in den Griff zu bekommen. Oberösterreich will Konsequenzen am Freitag bekanntgeben.

Haslauer: „Entwicklung dramatisch“

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) bezeichnete die Entwicklung als „dramatisch“. „Wir sehen die unbedingte Notwendigkeit, Maßnahmen zu setzen, um nicht in einen weiteren Lockdown zu gehen“, sagte er. Darum wird in der besonders betroffenen Gemeinde Kuchl in Hallein die Ein- und Ausreise untersagt, Ausnahmen gibt es nur für die Versorgung mit Lebensmitteln und Heizmaterial, für Einsatzfahrzeuge und für Pendler, die in systemrelevanten Berufen arbeiten. Innerhalb der Gemeinde müssen Gastronomie und Hotellerie zusperren. Handels- und Dienstleistungsgeschäfte bleiben für Gemeindebürger offen.

Rote Coronavirus-Ampel: Kuchl in Quarantäne

Das Land Salzburg wird die Gemeinde Kuchl unter Quarantäne stellen, und die CoV-Ampel springt erstmals in einigen Regionen auf Rot.

Zudem gelten Ausgangsbeschränkungen wie beim Lockdown im Frühjahr – mit den bekannten Ausnahmen: Bewegung im Freien, Nachbarschaftshilfe und Einkäufe. Das erst am Dienstag in Hallein in Kraft getretene Verbot privater Feiern außerhalb des eigenen Wohnraums wird auf das ganze Bundesland ausgedehnt. In ganz Salzburg wird zudem eine Registrierungspflicht für die Gastronomie eingeführt – eine Maßnahme, die das Land vor wenigen Wochen noch aus Datenschutzgründen abgelehnt hatte – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Die Sperrstunde um 22.00 Uhr bleibt aufrecht, ausgenommen sind weiterhin Gäste in der Hotellerie. Zudem dürfen landesweit nicht mehr als 100 Personen zu Begräbnissen kommen.

„Grenze der Versorgbarkeit“ droht

Das Land führt weiters ein Veranstaltungsverbot ein, wenn es keine zugewiesenen Sitzplätze gibt – egal ob drinnen oder draußen. Die Verabreichung von Speisen und Getränken bei Veranstaltungen wird dabei verboten. Keine gravierenden Auswirkungen haben die vorgestellten Maßnahmen auf Großveranstaltungen in der Stadt Salzburg.

Im Tennengau, Flachgau, Pongau und in der Stadt Salzburg können Schulen ab der 9. Schulstufe auf Home-Schooling umstellen. Orange bei der Bildungsampel heißt nicht automatisch Home-Schooling – die Schulen können selbst entscheiden, ob sie ab der 9. Schulstufe komplett auf Distance-Learning umstellen, die Klassen in zwei Gruppen teilen oder Schüler für bestimmte Praxisfächer einzeln oder gruppenweise in die Schule holen. Diese Schritte werden mit der Bildungsdirektion abgesprochen – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Auch die beiden Fachhochschulen in Kuchl und Puch stellen auf Fernunterricht um. Die Maßnahmen werden von Samstag vorerst bis 1. November, 24.00 Uhr, gelten – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Reaktionen aus Kuchl

Ab Samstag gilt in Kuchl eine 14-tägige Quarantäne. Wie die Menschen darauf reagieren, berichtet ORF-Reporter Andreas Heyer aus Kuchl.

Als Hauptkriterium für die Bewertung der aktuellen Situation gilt die Auslastung der Spitäler. „Es ist absehbar, dass wir in zwei Wochen an der Versorgungsgrenze angelangt sind, deshalb müssen wir Maßnahmen setzen, um nicht in einen Lockdown überzugehen“, sagte Haslauer. „Unter Umständen werden wir zeitnah in eine Situation kommen, in der wir das Behelfsspital am Messegelände wieder aktivieren müssen.“

Auch Tirol beschließt Registrierungspflicht

Nachdem Salzburg verschärfte Maßnahmen präsentiert hatte, folgte auch Tirol. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) kündigte am Donnerstagabend an, dass im Bundesland die Registrierungspflicht für Gastronomiebetriebe eingeführt wird. Zudem wird in von der Ampelkommission auf Orange und Rot gestellten Bezirken die Schulampel auf orange gestellt und damit ab der neunten Schulstufe auf Distance-Learning umgestellt. Auch das Distance-Learning an Fachhochschulen und Universitäten werde ausgeweitet, so Platter, der aber gleichzeitig auf die Autonomie und Eigenständigkeit der Einrichtungen verwies.

In besonders sensiblen Bereichen wie Senioren- und Pflegeheimen, Krankenhäusern, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und der Kinder- und Jugendhilfe sind zudem künftig lediglich zwei Besucher pro Tag erlaubt. Zusätzlich werden die Hygienebestimmungen erhöht. Publikumsveranstaltungen dürfen nur noch mit zugeteilten Sitzplätzen mit maximal 250 Personen abgehalten werden, der Getränkeausschank wird untersagt. Die Teilnahme an Beerdigungen wird künftig auf 100 Menschen beschränkt. Auch Vereinsaktivitäten bleiben von den neuen Maßnahmen nicht unberührt: Die Aktivitäten werden auf den „eigentlichen Vereinszweck“ beschränkt – damit muss etwa die Kantine nach einem Fußballspiel geschlossen bleiben.

Platter: „Besorgniserregende Situation“

Außerdem kündigte Platter an, dass die Landesverwaltung vorerst auf Homeoffice umgestellt werde. Einen entsprechenden Appell an die Tiroler Unternehmen, auch verstärkt auf Homeoffice zu setzen, ließ der Landeshauptmann folgen. Das Gros der Maßnahmen gilt ab Freitagabend, die Gastro-Registrierungspflicht und die neuen Schulregelungen ab Montag. Gültig sind sie vorerst für drei Wochen.

„Wir sind in einer besorgniserregenden Situation“, sagte Platter und verwies auf 295 Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden. Zudem werde eine Nachverfolgung der Fälle und Unterbrechung der Ketten immer schwieriger. Auch seien wieder zunehmend ältere Menschen bzw. solche mit Vorerkrankungen von Covid-19 betroffen. Überdies verwies der Landeshauptmann auf steigende Hospitalisierungen, beruhigte aber: „Wir sind meilenweit von einer Überlastung entfernt.“ Auch einen bevorstehenden Lockdown sah der Landeshauptmann nicht kommen: „Wir stehen nicht vor einem Lockdown.“ Einen solche gelte es unbedingt zu vermeiden – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Oberösterreich dürfte folgen

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer und seine Stellvertreterin Christine Haberlander (beide ÖVP) berieten am Donnerstagabend mit Medizinexperten über Konsequenzen. Im Raum standen etwa eine verpflichtende Gästeregistrierung in der Gastronomie und eine Erhöhung des Schutzniveaus in Alters- und Pflegeheimen, wie es im Vorfeld hieß. Allerding ist der Koalitionspartner FPÖ gegen die Gastro-Registrierungspflicht. Die Entscheidung soll am Freitag bekanntgegeben werden – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Analyse der Situation

ORF-Wissenschaftschef Günther Mayr analysiert die aktuellen Coronavirus-Situation.

Wien bleibt orange

Dass Wien der Kommission nicht für die Hochschaltung auf Rot vorgeschlagen wurde, sorgt laut APA-Informationen bei einigen Kommissionsmitgliedern für Unmut. Grund dafür ist dem Vernehmen nach, dass Wien bei der „Risikoadjustierung“ (die weitere Kriterien als die reine 7-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen berücksichtigt) als gesamtes Bundesland bewertet wird – und nicht die einzelnen Wiener Bezirke herangezogen werden. Während für ein ganzes Bundesland auch die Zahl der Tests als Kriterium für eine bessere Gesamtbewertung dient, ist das bei einzelnen Bezirken nicht der Fall, daher kann dieses Kriterium nur auf Wien angewendet werden.