„Hass im Netz“-Begutachtung: Warnung vor Netzsperren

Rund 120 Stellungnahmen sind laut Justizministerin Alma Zadic (Grüne) gegenüber dem Ö1-Morgenjournal zu dem Gesetz gegen Hass im Netz eingegangen. Gestern ging die Begutachtungsfrist zu Ende. Es habe Lob, aber auch Kritik gegeben, so Zadic. Das wolle man sich nun genau anschauen.

Die Bürgerrechtsorganisation epicenter.works etwa ortet in dem Gesetzespaket „grundrechtsfeindliche Passagen“. Sie warnt unter anderem vor Netzsperren und Uploadfiltern.

Kritik kommt auch vom Verband österreichischer Zeitungen, der etwa die Verdoppelung der Höchstgrenzen für Entschädigungsansprüche im Mediengesetz ablehnt. Auch die SPÖ fordert die Regierung auf, das Paket zu überarbeiten. Der Entwurf berge Gefahren.

„Breite Bestimmung“

Epicenter.works ortet in allen drei Entwürfen, die Teil des „Hass im Netz“-Pakets sind, problematische Bestimmungen. So könnten laut der Organisation aufgrund von Persönlichkeitsrechtsverletzungen ganze Websites gesperrt werden. „Die Bestimmung ist so breit, dass sie es grundsätzlich zulässt, dass bereits aufgrund eines illegalen Postings gleich ein ganzer Blog oder ein ganzes Soziales Netzwerk gesperrt werden kann“, warnt die NGO.

Die Rundfunkregulierungsbehörde RTR weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass Netzsperren durch Access-Provider „grundsätzlich in einem Spannungsverhältnis“ zur Netzneutralitätsverordnung der EU stehen. Auch die Internet Service Provider Austria (ISPA) befürchten Uploadfilter und Netzsperren. Zadic hatte kürzlich unter anderem in einem ZIB2-Interview betont, dass Netzsperren nicht vorgesehen seien.

„Keinen Zweifel“ ließen die Erläuterungen aus Sicht von epicenter.works zudem darüber, „dass Uploadfilter installiert werden sollen, um den wiederholten Upload von gesperrten Inhalten zu verunmöglichen“. Außerdem würden mit dem Gesetzespaket eine Anlassdatenspeicherung und andere Überwachungsmethoden in die Hände von Privatanklägern gelegt.

Rechtliche Schritte ohne Zustimmung der Mitarbeiter

Kritik hagelt es für eine Passage, die es Arbeitgebern ermöglichen würde, rechtliche Schritte ohne Zustimmung der betroffenen Mitarbeiter einzuleiten. Denkbar seien schließlich beispielsweise Fälle, in denen eine beleidigte Person absichtlich keine juristischen Schritte ergreifen will, um nicht zusätzliche Aufmerksamkeit für eine falsche Behauptung zu schaffen, kritisiert etwa der Presseclub Concordia in einer gemeinsamen Stellungnahme mit Journalistin Ingrid Broding diese Bestimmung.

Sie plädieren außerdem dafür, den Begriff „Vermittler“ im „Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz“ auszutauschen (beispielsweise durch „Host-Provider“). „Eine Auslegung dieses Begriffs, welche auch Access-Provider umfasst, könnte eine Ausdehnung von Netzsperren zur Folge haben“, warnen auch sie.

Personalstand der Justiz abgesichert

Zadic ist mit ihrem Ressortbudget für das kommende Jahr zufrieden. Nachdem im Vorjahr die personelle Trendwende geschafft worden sei, könne mit der nunmehrigen Aufstockung um 65 Mio. Euro nicht nur der laufende Betrieb gedeckt, sondern auch einige Schwerpunkte gesetzt werden. Zadic nannte gegenüber der APA etwa den Straf- und den Maßnahmenvollzug sowie mehr Geld für Resozialisierung und Opferschutz.

Erstmals sei auch im Finanzrahmen des Bundes abgebildet, dass der bestehende Personalstand auch erhalten bleibe, so die Ministerin. Dass für 2021 nur ein Zuwachs von 28 Planstellen vorgesehen ist (von 12.166 auf 12.194), dürfe nicht in die Irre führen. Bereits heuer sei etwa in den Gerichten und bei den Kanzleikräften kräftig aufgestockt worden. Das werde nun fortgesetzt.

Zadic sieht Trendwende

Auch im Strafvollzug sei eine Personaloffensive in der Justizwache schon heuer gestartet worden. Im Maßnahmenvollzug werde das forensische Zentrum Asten modernisiert, und es würden 60 zusätzliche Betreuungspersonen angestellt. Insgesamt geht es hier um 3,5 Mio. Euro.

Zadic sieht insgesamt eine Trendwende, nachdem Clemens Jabloner als Justizminister der Übergangsregierung im Vorjahr noch vom „stillen Tod“ der Justiz gesprochen hatte. Damals hatte er auch auf die unterbezahlten psychiatrischen Sachverständigen hingewiesen. Nun werden hier die Gebühren um drei Mio. Euro erhöht.

Mehr Ressourcen gibt es auch für die Datenschutzbehörde, zusätzliche 2,3 Mio. Euro fließen in die Bewährungshilfe, weitere 4,2 Mio. an Opferschutzvereine.

SPÖ: „Budget ermöglicht nur Umsetzung von Minimalzielen“

SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim forderte dennoch mehr Personal für die Justiz. Die Steigerung von 0,2 Prozent bis 2024 sei ein „Tropfen auf den heißen Stein“: „Umgesetzt werden nur Minimalziele, die den laufenden Betrieb sicherstellen, aber keine echten Reformen.“