Diese Maßnahmen könnten am Sonntag oder Montag ergriffen werden, berichteten italienische Medien. Die Lombardei beschloss bereits am Freitagabend, dass nach 18.00 Uhr Speisen und Getränke in Lokalen nur an Tischen serviert werden. Zudem werden Kontaktsportarten vorübergehend verboten. Bingosäle und Spielcasinos müssen schließen. Schulen wurde geraten, verstärkt auf Fernunterricht zu setzen. Damit sollen die öffentlichen Verkehrsmittel entlastet werden.
Höhere Reproduktionszahl
Bereits am Vortag gab es mit 8.800 Neuinfektionen den bisher höchsten Tageswert seit Beginn der Pandemie im Februar. Deutlich gestiegen ist in dem rund 60 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Land zuletzt zudem die Zahl der in Verbindung mit Covid-19 stehenden Todesfälle. Am Freitag meldete das Gesundheitsministerium 55 neue Todesfälle, am Vortag waren es 83.
Erneut gestiegen ist laut Gesundheitsministerium zuletzt auch die für das Vorgehen der Regierung entscheidende Reproduktionszahl. Italienweit stieg diese zwischen 5. und 11. Oktober auf 1,17. In 16 der insgesamt 20 Regionen und zwei autonomen Provinzen habe man es derzeit mit einer Reproduktionszahl über 1,0 zu tun, wie das Ministerium dazu weiter mitteilte. Am höchsten ist die Reproduktionszahl im Aostatal (1,53), gefolgt von Piemont (1,39) und Südtirol (1,32). In den betroffenen Regionen wurden bereits lokale Verschärfungen angekündigt.
Protest gegen geschlossene Schulen
In Südtirol bleiben – neben den landesweit verschärften Maßnahmen – in den zwei besonderst betroffenen Gemeinden Sexten und Welsberg-Taisten alle Bars bis vorerst 31. Oktober geschlossen. Zudem dürfen hier Restaurants mit wenigen Ausnahmen nur noch bis 18.00 Uhr geöffnet bleiben.
In Neapel kam es indes am Freitag zu Protesten gegen den Beschluss, angesichts der zunehmenden Zahl von Infektionen die Schulen in der süditalienischen Region Kampanien zu schließen. Eltern machten über Soziale Netzwerke ihrem Ärger Luft. Für Aufsehen sorgte dabei ein Bild aus Salerno, auf dem ein vor einer geschlossenen Schule wartender Volksschüler zu sehen ist.
Die Zahl der in 24 Stunden registrierten Neuinfektionen lag in Kampanien am Freitag bei über 1.200, nach 1.127 am Vortag. Nach der Lombardei ist Kampanien damit Italiens derzeit am stärksten von CoV-Neuinfektionen betroffene Region.
„Besser Ausgangssperre als Lockdown“
Der Präsident der Konferenz der 20 italienischen Regionen, Stefano Bonaccini, stellte zudem regionale Sperrzonen in den Raum. Medienberichten zufolge wurde am Donnerstag etwa über eine Quarantäne in mehreren Gemeinden der autonomen Region Aostatal spekuliert. Ein Lockdown auf gesamtstaatlicher Ebene würde Italien in den wirtschaftlichen Ruin treiben, das könne sich das Land nicht erlauben, wie Bonaccini dazu weiter sagte.
Auch Premier Giuseppe Conte stemmt sich weiter gegen einen landesweiten Lockdown. „Besser jetzt eine abendliche Ausgangssperre als in einer Woche den Lockdown“, schrieb die Zeitung „La Stampa“ über die aus Expertensicht nun notwendigen Maßnahmen. Der Zeitung zufolge stehe auch eine neuerliche Schließung von Kinos und Theatern, Friseuren und Schönheitssalons sowie Fitnesscentern im Raum. Zudem sei Onlineunterricht für höhere Schulen angedacht, wie der „Corriere della Sera“ berichtete.
Die Regierung verschärfte wegen der beschleunigten Virusausbreitung zuletzt mehrfach Schutzmaßnahmen. Seit rund zwei Wochen ist etwa das Tragen einer Maske italienweit auch im Freien vorgeschrieben. Für Lokale und Restaurants wurde erst am Dienstag eine Sperrstunde um Mitternacht eingeführt. Nach 21.00 Uhr dürfen keine Gäste mehr vor Lokalen stehen, wie aus der Verordnung hervorgeht.
Warnung vor Engpässen bei Intensivpflege
Zunehmende Sorge gibt es unterdessen mit Blick auf die Gesundheitsversorgung. Das Gesundheitsministerium listete zuletzt zehn Regionen mit einem definierten hohen Risiko für die Intensivpflege auf: Abruzzen, Kampanien, Emilia-Romagna, Ligurien, Lombardei, Apulien, Sardinien, Toskana, Umbrien und Aostatal.
Laut dem Monitoring des Gesundheitsministeriums besteht eine hohe bzw. „maximale“ Wahrscheinlichkeit, dass die für diese Bewertung ausschlaggebende Schwelle im kommenden Monat überschritten wird. Die gemeldeten Regionen mit dem höchsten Risiko für diesen Parameter sind die Lombardei und Ligurien.
Erste Länder mit verschärften Reisewarnungen
Die beiden Regionen befinden sich seit Donnerstag auf der Liste der Coronavirus-Risikogebiete des deutschen Robert-Koch-Instituts. Auch die dänische Regierung verschärfte zuletzt die Reisewarnungen für Italien und rät nun von nicht notwendigen Reisen ab.
Österreich stuft Italien nach Angaben der vom Außenministerium veröffentlichten Reiseinformationen derzeit in Zusammenhang mit der CoV-Ausbreitung mit Sicherheitsstufe vier (hohes Sicherheitsrisiko) ein: „Mit anhaltenden Einschränkungen im Flug- und Reiseverkehr sowie weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben ist bis auf Weiteres zu rechnen. Von nicht unbedingt notwendigen Reisen wird daher abgeraten.“