Boom Supersonic XB-1
Reuters/Nathan Leach-Proffer
Nach der Concorde

Neuer Anlauf für Reisen mit Überschall

Mit dem Absturz der legendären Concorde ist auch das Reisen mit Überschall zu Ende gegangen. Mehrere Unternehmen wollen das aber nun wieder ermöglichen. Und die Konkurrenz um das Überschallflugzeug der Zukunft ist hart. So versuchen gerade drei Unternehmen, darunter auch die US-Weltraumbehörde NASA, sich ein großes Stück des zukünftigen Marktes zu sichern.

Zwei Jahrzehnte nach der Concorde-Katastrophe im Juli 2000 – die Maschine geriet nach dem Start in Paris in Brand und stürzte ab – werden neue Überschallflugzeuge für Passagiere immer konkreter. Erst kürzlich stellte Boom Supersonic sein XB-1-Testflugzeug vor. Sollte es in Serienproduktion gehen, wäre es das erste zivile Überschallflugzeug seit die Sowjetunion 1968 ihre Antwort auf die Concorde, die Tupolev TU-144, vorstellte, wie die BBC auf ihrer Homepage schreibt.

Die schlanke Maschine mit dem Spitznamen „Baby Boom“ gilt auch als Designvorlage für das eigentliche Passagierflugzeug mit dem Namen „Overture“. Es soll mit deltaförmigen Flügeln ausgestattet werden und im Design an die Concorde erinnern, wie die BBC weiter schreibt. DAs Flugzeug soll je nach Austattung für 65 bis 88 Passagiere und Passagierinnen Sitzplätze bieten.

Concorde  bei der Landung
Reuters
Die legendäre Concorde bei der Landung – die Spitze ist heruntergeklappt

In etwas über drei Stunden über den Atlantik

Das Flugzeug soll eine Spitzengeschwindigkeit bis zu 2,2 Mach, also mehr als doppelte Schallgeschwingdigkeit, erreichen. Laut den Plänen soll es dann für Fluggäste rund 2030 so weit sein, dass sie etwa den Atlantik in wenig mehr als drei Stunden überqueren können. Mehrere Fluglinien sollen an den neuen Überschallfliegern interessiert sein, wie es heißt. Tickets sollen vergleichsweise erschwinglich sein – die Preise sollen nicht höher sein als derzeit auf vergleichbaren Strecke in der Businessclass, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) schreibt.

Boom Supersonic XB-1
Reuters/Nathan Leach-Proffer
Aus der „Baby Boom“ soll ein großes Passagierflugzeug entstehen

Auch NASA mischt mit

An dem Rennen um die schnellste Passagiermaschine macht auch die NASA mit. Die US-Weltraumbehörde setzt dabei auf eine Kooperation mit dem Flugzeugkonzern Lockheed Martin. Das Testflugzeug soll dabei helfen, ein leises und möglichst umweltfreundliches Überschallflugzeug zu bauen. Die Herausforderung dabei ist, den Schallknall ganz zu eliminieren bzw. zumindest stark einzudämmen. Erste Tests werden für 2022 erwartet, so die BBC. Wann das Flugzeug dann Alltag auf Flughäfen werden soll, ist allerdings ungewiss – wahrscheinlich ist auch hier Ende des Jahrzehnts oder Anfang der 2030er Jahre.

X-59 QueSST von der NASA
APA/AFP/NASA
Die NASA setzt mit Lockheed Martin auf das Testflugzeug X-59 QueSST

Einen etwas anderen Weg geht Aerion. Dort setzt man mit dem Design der AS2 auf Geschäftskunden. Mit nur acht bis zehn Fluggästen will man eine neue Sparte kreieren: Den Überschallgeschäftsflug, so das Unternehmen. Wie umweltverträglich die geplanten Überschallpassagierjets sind, ist fraglich. Nicht nur an der Reduzierung des Knalls wird gearbeitet, auch sollen die neuen Flugzeuge so wenig wie möglich die Umwelt belasten. Ob und in welchem Maße das allerdings tatsächlich gelingt, werden erst Tests mit den richtigen Maschinen statt ihrer kleinen Probemodelle ergeben.

Das Problem mit der Luft

Das technisch Schwierige dabei: Die Triebwerke müssen bei hoher Geschwindigkeit Luft aufnehmen. Vor allem bei Überschallgeschwindikgeit verursacht das Luftansaugen Probleme für die Triebwerke. Die Einlässe für die Luft sind so ausgelegt, dass die Geschwindigkeit reduziert wird, damit die Motoren das überhaupt bewältigen können. So galt etwa diese Technologie bei der Concorde als Geheimnis.

Ein neues Überschallpassagierflugzeug hätte für die USA einen hohen symbolischen Wert, denn die USA schafften es im Gegensatz zu Frankreich mit der Concorde und zur Sowjetunion mit der Tupolev TU-144 nie, ein großes Überschallflugzeug zu bauen. Milliarden sollen in ein Projekt von Boeing während des Kalten Krieges geflossen sein, doch ohne Erfolg.

Concorde als teures Erfolgsmodell

Am Ende schaffte es nur die Concorde, einen regelmäßigen Passagierbetrieb über den Atlantik zwischen Paris bzw. London und New York aufrechtzuerhalten, wie die „FAZ“ weiter schreibt. Doch auch die Concorde wäre ohne große finanzielle Hilfe nicht möglich gewesen, zu teuer war der Betrieb der Maschinen, die Maschine galt als regelrechter Kerosinfresser.

Am 22. November 1977, nahmen Air France und British Airways den Linienverkehr mit Concorde-Flugzeugen nach New York auf. Lange galt die Maschine als Inbegriff des Luxus inklusive Champagner und Silberbesteck. Die Concorde hielt auch Einzug in die Popkultur: Die damalige „Königin der Lüfte“ galt auch als Flugzeug der Stars. So sollen etwa Mick Jagger, Sting, John Lennon, Michael Jackson und der ehemalige britische Premierminister und Vorsitzende der Labour-Partei Tony Blair regelmäßige Fluggäste gewesen sein. Auch ein Katastrophenfilm mit Alain Delon spielte in und mit der Überschallikone: „Airport ’80 – Die Concorde“.

„Ein Teil der Romantik der Luftfahrt“

So flog die Concorde in einer Höhe von 18.000 Metern, denn dort gibt es keine Turbulenzen. Dem Vernehmen nach soll das Fluggefühl einzigartig gewesen sein. Herkömmliche Düsenjets fliegen heute in einer Höhe von 10.000 und 15.000 Metern.

Der Pariser Concorde-Absturz vom 25. Juli 2000 leitete schließlich das Ende des Überschallfliegers ein. Hinzu kamen die Luftfahrtkrise nach dem 11. September 2001 und rasant steigende Wartungskosten. Angesichts hoher Verluste war 2003 Schluss. Mit dem Concorde-Abschied verschwinde auch „ein Teil der Romantik der Luftfahrt“, sagte British-Airways-Chef Rod Eddington damals.