Touristen in der Getreidegasse in Salzburg.
APA/Barbara Gindl
Alarmsignal für Winter

Tourismus bricht im Oktober stark ein

Die jüngsten coronavirusbedingten Reisewarnungen vieler Länder für Österreich lassen den Tourismus erneut einbrechen. Die Nationalbank (OeNB) erwartet im Oktober einen Rückgang der Nächtigungen von 37 Prozent und sieht das als „Alarmsignal für die bevorstehende Wintersaison“.

Auch aus ökonomischer Sicht bestehe daher „die Notwendigkeit, die zuletzt gestiegenen Infektionszahlen aktiv einzudämmen, da deren Abwärtsrisiken für die wirtschaftliche Entwicklung groß sind“, so die OeNB am Freitag. Denn sollten die Reisewarnungen Deutschlands, der Niederlande, der Schweiz und anderer Länder aufrechtbleiben, müsse in der kommenden Wintersaison wohl mit vergleichbar hohen Einbußen wie im Oktober im österreichischen Tourismus gerechnet werden.

Die OeNB wies darauf hin, dass die Tourismuswirtschaft zu den von der Covid-19-Pandemie am stärksten betroffenen Wirtschaftssektoren zähle. Die Branche trage in Österreich mit einem Anteil von 7,3 Prozent im internationalen Vergleich überdurchschnittlich zur Wertschöpfung bei.

Ein Drittel weniger Nächtigungen im Sommer

Für die gesamte Sommersaison von Mai bis Oktober erwartet die OeNB in einer ersten Einschätzung auf Basis von wöchentlichen Echtzeitdaten zu Zahlungskartenumsätzen einen Rückgang der Nächtigungen von knapp über 30 Prozent. 2,3 Prozentpunkte davon seien auf die Auswirkungen der Reisewarnungen im Oktober zurückzuführen, der zur Nebensaison zählt.

Die Ausgaben ausländischer Touristen mit Zahlungskarten sind in den ersten beiden Oktober-Wochen um 60 Prozent gesunken – mehr als doppelt so stark wie im September-Durchschnitt. Die Ausgaben inländischer Gäste seien nur noch knapp über dem Vorjahr gelegen, so die OeNB.

Hoffnungsfaktor Herbstferien

Unterstelle man eine Fortschreibung dieses Trends für die zweite Oktober-Hälfte, „muss in einem Basisszenario für den Oktober mit einem Nächtigungsminus von knapp 37 Prozent gerechnet werden, wobei die heuer erstmals harmonisierten Herbstferien von 26. bis 30. Oktober ein gewisses Aufwärtsrisiko für die Nächtigungen inländischer Gäste darstellen“. In einem Risikoszenario – mit einer stärkeren Betroffenheit von nicht direkt von Reisewarnungen betroffenen Bundesländern – werde ein Rückgang von 56 Prozent erwartet.

Während der Sommermonate lagen die Ausgaben der ausländischen Touristen gemäß den Zahlungskartenumsätzen um rund ein Viertel unter dem Vorjahr. Ein deutlicher Anstieg der Ausgaben von inländischen Urlaubern für Nächtigungen in Österreich von bis zu 60 Prozent konnte diese Verluste nicht vollständig auffangen.

Plus inländischer Gäste

Das zeige sich auch in der Nächtigungsstatistik: Nach einem fast 100-prozentigen Rückgang während des Lockdowns im April kam es in den Folgemonaten zu einer schrittweisen Erholung. In den Sommermonaten lag das Nächtigungsminus laut OeNB „nur“ noch bei 15 Prozent – dank eines deutlichen Plus bei inländischen Gästen von einem Fünftel und der Rückkehr deutscher Gäste (stabil gegenüber dem Vorjahr). Für September wird mit einem Minus von zehn Prozent der geringste Nächtigungsrückgang seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie gesehen.

Hoteliers fordern Hilfe

Die Hoteliervereinigung (ÖHV) drängte angesichts des Umsatzrückgangs im Tourismus auf „dringende Akutmaßnahmen“, damit die Betriebe über die nächsten Monate kommen. „Das angekündigte Hilfspaket für die Stadthotellerie muss jetzt umgesetzt werden, um Arbeitsplätze zu retten“, forderte ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer vergangene Woche.

Die Rezeption und Lobby des Hotels „Milderer Hof“ in Tirol.
Reuters/Dominic Ebenbichler
Der Städtetourismus ist von der Coronavirus-Pandemie besonders stark betroffen. Viele Hotels bleiben leer.

Außerdem brauche es Sofortlösungen beim Fixkostenzuschuss zwei und das angekündigte Kreditmoratorium. „Die Seminar-, Kongress und Stadthotellerie ist schon vor einem halben Jahr vollständig zum Erliegen gekommen, und keine Besserung ist in Sicht“, sagte Gratzer.

Neben der finanziellen Absicherung forderte die ÖHV Schritte zur Coronavirus-Eindämmung und deren Folgeschäden wie behördlich akzeptierte Schnelltests, ein österreichweites Konzept für elektronisches Contact-Tracing und die konsequente Umsetzung der CoV-Ampel. Außerdem müsse es eine Kampagne geben, dass Skifahren, Hotelaufenthalte und Seminare unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln unbedenklich seien. „Wir müssen raus aus dem Panikmodus hinein in ein effektives Krisenmanagement samt verantwortungsvollem Umgang mit Corona“, so der ÖHV-Generalsekretär.

WIFO: „Seriöse Prognose nicht möglich“

„Eine seriöse Prognose“ für die kommende Wintersaison (November 2020 bis April 2021) ist laut Tourismusexperten vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO), Oliver Fritz, „aufgrund der vielen Unsicherheiten nicht möglich“. In einem absoluten Worst-Case-Szenario könnte im Vergleich zur Wintersaison 2019/20 die Zahl der Nächtigungen um bis zu 50 Prozent zurückgehen, so der WIFO-Ökonom. In einem optimistischeren Szenario mit einer Stabilisierung bzw. einem Rückgang der Coronavirus-Infektionszahlen und der Aufhebung aller Reisewarnungen könnte das Niveau der im März abgebrochenen Wintersaison 2019/20 erreicht werden.

„Um das denkbar schlechteste Szenario zu verhindern, müssen alle erdenklichen Anstrengungen unternommen werden, um die Infektionszahlen in Österreich zu senken“, sagte Fritz. Außerdem müssten für den alpinen Wintertourismus überzeugende Konzepte für die Prävention und das Vorgehen bei dem sehr wahrscheinlichen Auftreten von Infektionsfällen ausgearbeitet werden.

Köstinger setzt auf Tests

„Bei Buchungsanfragen zählt derzeit weniger, wie die Infrastruktur vor Ort ist und welchen Freizeitaktivitäten man nachgehen kann. Die Hauptfrage lautet: Wie sind die Infektionszahlen in der Region und wie ist es um die Sicherheit dort bestellt?“, sagte zuletzt Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP).

Im Wintertourismus selbst setze man neben den derzeit schon geltenden Einschränkungen – etwa die Regelungen für die Gastronomie, die auch das Apres-Ski betreffen – auf CoV-Tests. Mit Saisonbeginn soll es möglich sein, bis zu 65.000 Mitarbeiter pro Woche vorsorglich zu testen. Neben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Hotels und Gastronomie sollen auch Skilehrer, Fremdenführer und Reisebegleiter getestet werden, sagte Köstinger einmal mehr.

Wichtig sei es im Winter auch, dass es zum Beispiel vor Skiliften zu keinen Menschenansammlungen komme, hier müssten die Seilbahnbetreiber Vorkehrungen treffen. Generell, so Köstinger, stecke man sich aber nicht auf der Piste an, sondern beim „exzessiven Feiern“ danach. „Wir können nicht riskieren, dass durch wenig Leute die Existenzgrundlage von vielen gefährdet wird.“