Skyline von Singapur während eines Sonnenuntergangs
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Trotz CoV

Reisen in der „Bubble“ nimmt Fahrt auf

Während europäische Länder und Regionen angesichts stetig steigender Infektionszahlen einander mit Reisewarnungen bedecken, öffnen sich andernorts Nationen langsam wieder – wenn auch sehr selektiv. So gestatten einige Bundesstaaten in Australien eine quarantänefreie Einreise aus Neuseeland, auch Hongkong und Singapur wollen ihre Reiseverbindungen wieder normalisieren.

Die ersten Passagiere aus Auckland, Neuseeland, kamen am Freitag auf dem Flughafen von Sydney an. Gemäß der neuen „Reiseblase“ („Travel Bubble“) zwischen den beiden Ländern wird niemand von ihnen in Australien unter Quarantäne gestellt – vorausgesetzt, sie haben sich in den zwei Wochen zuvor nicht in einem Covid-Hotspot aufgehalten.

Die Regelung hat aber, zumindest auf den ersten Blick, ihre Grenzen: Nur die Bundesstaaten New South Wales, und damit Sydney, sowie das Northern Territory mit dem Berg Uluru (Ayers Rock) stehen offen, andere Regionen bleiben gesperrt. Zudem beruht das Abkommen nicht auf Gegenseitigkeit, Australier und Australierinnen dürfen weiterhin nicht nach Neuseeland einreisen.

Auflagen und offene Fragen

Und noch eine Auflage gibt es: Bei ihrer Heimkehr müssen Australien-Reisende aus Neuseeland in einem Hotel in Quarantäne gehen – und das kommt einem BBC-Bericht zufolge teuer: Für eine Person beläuft sich die Gebühr auf 3.100 Neuseeland-Dollar (rund 2.000 Euro), für mitgereiste Familienmitglieder wird es noch kostspieliger.

Zwei Passagiere in einem leeren Flughafenterminal in Sydney
APA/AFP/David Gray
Sydneys Flughafen sollte durch Reisende aus Neuseeland wieder etwas belebter werden

Weitere Tücken bei dem Programm zeigten sich schon am ersten Tag, wie Bloomberg berichtete: 17 Passagiere aus Neuseeland flogen unmittelbar nach ihrer Ankunft in Sydney nach Melbourne weiter – die Metropole liegt allerdings im Bundesstaat Victoria, der nicht in den freigegebenen Korridor fällt. Während sich Victorias Regierungschef Daniel Andrews sehr „enttäuscht“ zeigte und betonte, nicht Teil der „Blase“ zu sein, sagte Australiens Einwanderungsminister Alan Tudge, er könne kein Problem erkennen. Jedem Gast stehe es frei, in andere Bundesstaaten weiterzureisen, sofern diese ihre Grenze zu New South Wales nicht geschlossen hätten.

Leise Hoffnung in der Branche

Trotz aller Hürden kündigte Australiens Premierminister Scott Morrison an, dass es ähnliche Vereinbarungen mit Japan, Südkorea und Singapur geben soll, wahrscheinlich könnten diese aber erst 2021 umgesetzt werden. Reisen aus Europa und den USA seien, sofern vorher kein wirksamer Impfstoff gegen das Virus auf den Markt komme, voraussichtlich nicht vor 2022 wieder durchführbar.

Nach Angaben des World Travel and Tourism Council (WTTC) führte die Pandemie in der ersten Jahreshälfte zu einem Rückgang des internationalen Tourismus um 72 Prozent. In einigen Märkten, wie etwa China, ist jedoch eine Erholung des Inlandstourismus zu verzeichnen. In der traditionell hochgehaltenen „Goldenen Woche“ Anfang Oktober urlaubten rund 637 Millionen Chinesen und Chinesinnen in ihrem Land – immerhin 79 Prozent so viele wie im Vorjahr.

Die begrenzte Wiederaufnahme des Reiseverkehrs zwischen Australien und Neuseeland könnte ein Anzeichen für eine leichte Erholung der länderübergreifenden Reisebranche im asiatisch-pazifischen Raum sein. Zu bemerken ist das auch im Fall von Singapur und Hongkong, die diese Woche bekanntgaben, sich auf quarantänefreie Reisen zwischen den Destinationen geeinigt zu haben.

Hongkong und Singapur rücken zusammen

Hongkongs Handelsminister Edward Yau und Singapurs Verkehrsminister Ong Ye Kung sagten, dass Reisende im Rahmen des Programms negative CoV-Testergebnisse vorweisen und gekennzeichnete Flügen nehmen müssten. Genaueres, einschließlich des Startdatums, würde in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden.

„Es ist ein vorsichtiger, aber bedeutender Schritt nach vorne, den Flugverkehr wiederzubeleben und ein Modell für die zukünftige Zusammenarbeit mit anderen Teilen der Welt zu schaffen“, hieß es von Singapurs Regierung. Freilich steht der Pakt auf tönernen Füßen: Sollte sich die Infiziertenzahl an einem der beiden Orte erhöhen, könnte das Programm jederzeit ausgesetzt werden.

Wanderarbeiter in Singapur
Reuters/Edgar Su
Wohnheime von Wanderarbeitern in Singapur galten als Hotspot der Pandemie

Beide Städte hatten hart mit der Pandemie zu kämpfen. Hongkong verzeichnete Anfang des Sommers eine weitere Welle und erließ erneut weitgehende Restriktionen. Mit Erfolg: Die Zahl der neuen Fälle ging bis August auf durchschnittlich ein Dutzend pro Tag zurück, teils gab es gar keine Neuinfektionen mehr. Auch in Singapur zog sich das Virus im Laufe des Sommers dauerhaft zurück, zuvor wurden aber die erbärmlichen Lebensbedingungen der dortigen Wanderarbeiter weltweit publik – die große Mehrheit der Fälle war in den überbelegten Wohnheimen des Arbeitsprekariats aus süd- und südostasiatischen Ländern aufgetreten.

Nachdem die Lage nun unter Kontrolle ist, strebt Singapur nicht nur einen Pakt mit Hongkong an, auch Geschäftsreisende aus China, Indonesien, Japan, Malaysia und Südkorea sollen wieder empfangen werden. Außerdem öffnete sich der Stadtstaat einseitig für Besucher und Besucherinnen aus Brunei, Neuseeland, Vietnam und dem Großteil Australiens.

Chinesischer Tourist auf einem Elefanten im Chang Siam Park in Pattaya (Thailand)
APA/AFP/Mladen Antonov
Besucher aus China sind für Thailands Tourismus essenziell

Thailand hofft auf China

Thailand setzt indessen im Versuch, seinen darbenden Tourismus zu beleben, auf China. Bis Jänner 2021 soll für chinesische Besucherinnen und Besucher ein quarantänefreier Reisekorridor eingerichtet werden, schrieb die „South China Morning Post“ am Freitag. Ob das realistisch ist, wird sich in den kommenden Wochen in einer Art Probelauf erweisen — die erste Gruppe chinesischer Touristen soll am 20. Oktober in Bangkok eintreffen.

Sollte die Pandemiekurve in Thailand danach nicht ausschlagen, werde die derzeit noch obligatorische Quarantäne durch Coronavirus-Tests und mobiles Tracking für Besucher ersetzt werden, kündigte Tourismusminister Phiphat Ratchakitprakarn an. Nicht nur gesundheitlich steht viel auf dem Spiel: Offiziellen Daten zufolge besuchten 2019 etwa elf Millionen Chinesinnen und Chinesen Thailand und brachten dem Land einen Nettobetrag von etwa 17 Milliarden US-Dollar (14,5 Mrd. Euro) ein.