Neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern
APA/AFP/Michael Bradley
Neuseeland

Ardern holt historischen Wahlsieg

Die neuseeländische Ministerpräsidentin Jacinda Ardern und ihre Labour-Partei haben bei der Parlamentswahl am Samstag in dem Pazifikstaat einen historischen Sieg errungen. Die Mitte-links-Partei gewann bei der Abstimmung 64 der 120 Sitze und kann damit in Zukunft alleine regieren. Das hat es in Neuseeland seit Einführung des derzeit gültigen Wahlrechts im Jahr 1996 noch nie gegeben.

Ardern, sie ist seit 2017 im Amt, steht derzeit noch einer Koalitionsregierung vor. Weltweit kam sie in den Medienfokus, weil sie nach ihrem überraschenden Wahlsieg als erste amtierende Regierungschefin seit Jahrzehnten ein Kind zur Welt brachte. Aufgrund ihres Stils und des erfolgreichen Krisenmanagements machte sich die Politikerin schnell auch politisch international einen Namen. Nun gelang es ihr, ihre Machtbasis auszubauen.

Die Zeitung „New Zealand Herald“ sprach angesichts von fast 50 Prozent der Stimmen für Labour von einer „historischen Nacht“. Die nächsten Jahre würden nicht einfach werden, sagte Ardern am Samstag mit Blick auf die Coronavirus-Pandemie und ihre Folgen. Aber ihre Regierung wolle Hoffnung und Optimismus verbreiten, betonte die 40-Jährige strahlend vor jubelnden Anhängerinnen und Anhängern.

Grafik zum Ergebnis der Parlamentswahl in Neuseeland 2020
Grafik: ORF.at; Quelle: electionresults.govt.nz

Ardern sah sich während ihrer ersten Amtszeit schließlich auch Kritik ausgesetzt, weil sie zentrale Wahlversprechen wie die Erschwinglichkeit von Wohnraum und die Bekämpfung von Kinderarmut nicht umsetzte. Mit ihrer absoluten Mehrheit will sie nun aufs Reformtempo drücken: „Wir haben das Mandat, unsere Antwort zu beschleunigen“, sagte sie und fügte hinzu: „Morgen starten wir durch!“ Nun will Ardern binnen drei Wochen eine neue Regierung bilden. Sie kündigte am Sonntag an, in ein paar Tagen mit den Grünen über eine Koalition zu sprechen.

„Beachtlicher Linksrutsch“

Das sei keine normale Wahl gewesen, sagte Ardern, die sich ganz in der Parteifarbe Rot präsentierte. „Und das sind keine normalen Zeiten.“ Aber sie strebe dennoch eine „positive“ Regierungsführung an. „Es ist ein Privileg, für die Menschen in Neuseeland zu arbeiten und ihre Regierungschefin zu sein.“

Ardern regiert bisher eine Koalition aus Labour, den Grünen und der populistischen Kleinpartei New Zealand First, die für ihre einwanderungsfeindlichen Positionen bekannt ist. Vor drei Jahren war die Kleinpartei noch Zünglein an der Waage gewesen und hatte Ardern überraschend ins Amt verholfen. Nun verlor sie deutlich. Die Green Party konnte hingegen zulegen. Ein Kommentator im neuseeländischen TV sprach von einem „beachtlichen Linksrutsch“.

Neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern und Herausforderin Judith Collins während einer TV-Diskussion
Reuters/ Fiona Goodall
Die Spitzenkandidatin der Nationalpartei, Judith Collins, – hier in einem Duell mit Ardern – musste herbe Verluste hinnehmen

Nationalpartei abgestürzt

Die konservative Nationalpartei mit ihrer Spitzenkandidatin Judith Collins stürzte hingegen ab und holte nur 35 Mandate. Die Partei hatte von 2008 bis 2017 ununterbrochen regiert. Bereits in den Umfragen im Vorfeld der Abstimmung war Ardern die Favoritin gewesen. Collins gratulierte ihrer Gegnerin zu dem „herausragenden Ergebnis“.

Auch die Grünen gratulierten zum Wahlsieg. „Die Ergebnisse zeigen, wie viele Neuseeländer eine starke, wirklich fortschrittliche Regierung wollen“, sagte Koparteivorsitzende Marama Davidson. Ardern hat wegen ihres Umgangs mit den Attentaten von Christchurch, bei denen ein Rechtsextremist aus Australien im vergangenen Jahr in zwei Moscheen 51 Muslime erschossen hatte, und wegen ihres erfolgreichen Kampfes gegen die Pandemie auch im Ausland viel Anerkennung gefunden.

Neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern
Reuters
Ardern vor Anhängerinnen und Anhängern bei der Wahlparty

Vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen

Ardern hatte die Wahl zur „Covid-Abstimmung“ erklärt und im Wahlkampf besonders die Erfolge ihrer Regierung im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus betont. Der Inselstaat ist bisher vergleichsweise sehr glimpflich durch die Pandemie gekommen und hatte jüngst zum zweiten Mal erklärt, das Virus unter Kontrolle zu haben. Bisher sind in Neuseeland nur 25 Menschen in Verbindung mit Covid-19 gestorben. Mittlerweile ist das 4,8-Millionen-Einwohner-Land zu einer weitgehenden Normalität zurückgekehrt.

Die 3,7 Millionen Wahlberechtigten stimmten in zwei Referenden auch über die Legalisierung von Cannabis als Freizeitdroge und die Legalisierung von Sterbehilfe ab. Die Ergebnisse dieser Volksbefragungen sollen aber erst Ende Oktober veröffentlicht werden.