Medizinisches Personal in der slowenischen Stadt Kranj
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Zu starker Anstieg

Slowenien gibt Nachverfolgen von Kontakten auf

In Österreichs Nachbarland Slowenien ist der Anstieg der CoV-Zahlen so stark, dass nicht mehr alle Kontaktpersonen von Infizierten gesucht werden können. Man will sich stattdessen nun auf Risikogruppen konzentrieren, hieß es am Samstag. Auch Tschechien ist stark betroffen, hier überstieg die Zahl der Neuinfektionen erstmals die Marke von 11.000.

In Slowenien war es am Samstag das staatliche Institut für öffentliche Gesundheit (NIJZ), das mitteilte, nicht mehr nach allen Kontaktpersonen von Infizierten zu suchen. Man konzentriere sich auf Risikogruppen wie Altersheime und Gesundheitseinrichtungen. Am Tag zuvor war in dem Land mit knapp mehr als zwei Millionen Einwohnern ein neuer Tagesrekord von 897 Coronavirus-Infektionen bestätigt worden. Damit waren fast 16 Prozent aller 5.605 Tests positiv.

Wegen der stark gestiegenen Zahl von Ansteckungen war am Freitag ein partieller Lockdown für weite Teile des Landes in Kraft getreten. In sieben von zwölf Regionen, darunter in der Hauptstadt Ljubljana, wurden Bewegungsbeschränkungen eingeführt. Die Bewohner jener Regionen, die aufgrund der hohen Infektionszahlen rot eingestuft wurden, dürfen ihre jeweilige Region nur mehr noch aus triftigen Gründen verlassen. In den roten Zonen sind außerdem öffentliche Veranstaltungen, Versammlungen, Hochzeiten und religiöse Zeremonien untersagt. Masken müssen auch im Freien getragen werden. Die restlichen fünf Regionen sind orange.

Dort gelten keine Bewegungsbeschränkungen, Masken müssen nur in öffentlich zugänglichen Innenräumen und öffentlichen Verkehrsmitteln getragen werden. Zu den Hotspots zählen auch die an den Kärntner Bezirk Völkermarkt angrenzenden Gemeinden des früheren Kärntner Mießtales. In der Gemeinde Mezica (Mieß) ist aktuell fast ein Prozent aller Bewohner aktiv mit dem Coronavirus infiziert.

Dramatische Lage in Tschechien

In den vergangenen 14 Tagen hatten sich nach Angaben vom Donnerstag 230 Menschen pro 100.000 Einwohner angesteckt. Für die Einstufung der Regionen gilt in Slowenien eine 14-Tage-Inzidenz als Kriterium. Beträgt sie über 40, ist die Region orange, bei über 140 ist sie rot. Keine der Regionen ist derzeit grün – mit einem Wert unter 40 – eingestuft. International wird nun häufiger die Sieben-Tage-Inzidenz als Vergleichswert herangezogen. Laut österreichischem Gesundheitsministerium hatte Slowenien am Freitag hier den Wert 135.

CoV-Pandemie in Europa: Rekordwerte und neue Regeln

Polen, Portugal, Italien – und nun auch Deutschland: Immer mehr europäische Staaten melden Höchstwerte an Coronavirus-Neuinfektionen, immer mehr Länder erlassen neue Beschränkungen. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt – und drängt zu „kompromisslosen“ Maßnahmen.

Noch dramatischer war die Lage in Tschechien. Hier lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Freitag bei 372 – ein Höchstwert in Europa. Am Samstag überstiegt die Zahl der Neuinfektionen erstmals die Marke von 11.000. Tschechien hat knapp 10,7 Millionen Einwohner.

Tests für alle Slowaken

Die tschechische Armee begann am Samstag mit den Vorbereitungen für den Aufbau eines Feldkrankenhauses auf dem Prager Messegelände. Im rund 100 Kilometer entfernten Hradec Kralove (Königgrätz) wurden die ersten Container mit medizinischem Gerät verladen, wie das Verteidigungsministerium bekanntgab. „Der Kampf gegen die Pandemie ist jetzt nicht nur für die Armee die Aufgabe Nummer eins“, sagte Verteidigungsminister Lubomir Metnar. Das Feldkrankenhaus soll im Fall einer Überlastung der Krankenhäuser mit Coronavirus-Patienten als Reservekapazität zur Verfügung stehen.

Covid-Station im Prager Thomayer Krankenhaus
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Covid-Station im Prager Thomayer Krankenhaus. Bald sollen Patienten auf dem Messegelände behandelt werden.

Schlechte Zahlen weist auch die Slowakei auf: Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 134. Am Samstag kündigte Regierungschef Igor Matovic an, alle Bürger ab zehn Jahren kostenlos auf das Coronavirus zu testen. Ob die Tests verpflichtend oder freiwillig sein sollen, ließ Matovic offen. Die Regierung habe rund 13 Mio. Antigen-Tests bestellt, von denen sie sich schnelle Ergebnisse erhoffe. Die Aktion soll an den kommenden beiden Wochenenden stattfinden. Die Hauptphase der Tests soll von Ende Oktober bis Anfang November dauern. Polizei und Militär sollen bei der Durchführung unterstützen. „Wenn wir das schaffen, werden wir der ganzen Welt ein Vorbild sein“, sagte Matovic.

Mehrere hundert Menschen versammelten sich indes am Abend vor dem Regierungsgebäude in Bratislava, um gegen die staatlichen Coronavirus-Maßnahmen zu protestieren. Die Demonstranten forderten Matovics Rücktritt. Die Polizei in der Hauptstadt bezeichnete die Demonstranten als „Rechtsradikale“. Die Beamten setzten Tränengas und Wasserwerfer ein, um die Menge zu zerstreuen. In der Slowakei gilt wegen der Pandemie seit Anfang des Monats wieder der Ausnahmezustand.