Soldiaritätsdemonstration nach der Ermorderung eines Lehrers in Paris
Reuters/Pascal Rossignol
Frankreich

Welle der Solidarität nach Mord an Lehrer

Zwei Tage nach der Enthauptung eines Pädagogen bei Paris ist der Schock noch immer groß. Am Sonntag gingen Tausende Menschen in der französischen Hauptstadt aus Solidarität auf die Straßen, der Platz der Republik war dicht gefüllt. Die Polizei ermittelt weiter im Umfeld des Angreifers, es gab neue Festnahmen.

Minutenlang war der Applaus am Sonntagnachmittag auf der Pariser Place de la Republique zu hören. Zahlreiche Menschen hatten sich dort versammelt, um Mitgefühl und Solidarität nach dem Mord nahe Paris auszudrücken. Viele hielten Schilder, auf denen „Je suis Prof“ und „Je suis enseignant“ (Dt.: „Ich bin Lehrer“) stand, in die Höhe. Die Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ hatte sich dem Aufruf der Organisation SOS Racisme und der Lehrergewerkschaften angeschlossen.

Der Platz der Republik im Pariser Osten ist ein symbolträchtiger Ort – bereits nach der Terrorserie im Jänner 2015, zu der auch der Anschlag auf „Charlie Hebdo“ zählte, gedachten dort Menschen aus ganz Frankreich der Opfer. Seitdem ist der Platz zu einem zentralen Ort der Anteilnahme nach Terroranschlägen geworden. Doch auch in anderen Städten im ganzen Land wollten Menschen auf die Straße gehen.

Großdemonstration in Paris nach Lehrermord

Zahlreiche Menschen haben sich nach der brutalen Ermordung eines Lehrers zu einer Solidaritätsdemonstration in Paris versammelt. Um 15.00 Uhr klatschten die Menschen minutenlang auf der Place de la Republique im Osten der Innenstadt.

Regierung berät Schritte gegen Radikalisierung

Der Lehrer war am Freitagnachmittag aus mutmaßlich terroristischem Motiv von einem 18-Jährigen russisch-tschetschenischer Herkunft enthauptet worden. Der Angreifer, der ein Foto des Opfers im Internet veröffentlicht haben soll, wurde von der Polizei erschossen. Der Pädagoge hatte zuvor im Unterricht über das Thema Meinungsfreiheit gesprochen und Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt. Präsident Emmanuel Macron hatte die Tat als islamistisch motivierten Anschlag bezeichnet. Die französische Regierung berief einen Verteidigungsrat unter Vorsitz Macrons ein, um über weitere Maßnahmen im Kampf gegen islamistische Radikalisierung zu beraten.

Premierminister Jean Castex sagte der Zeitung „Journal du Dimanche“, die Regierung arbeite an einer Strategie, um die Lehrer besser zu schützen. „Ich will, dass die Lehrer wissen, dass nach dieser gemeinen Tat das ganze Land hinter ihnen steht.“ Die Tragödie betreffe jeden in Frankreich, denn mit diesem Lehrer sei die Republik angegriffen worden. Am Mittwoch will Frankreich zudem mit einer nationalen Gedenkfeier an den getöteten Lehrer erinnern.

Demos trotz Pandemie

Die Attacke trifft Frankreich mitten in der zweiten Pandemiewelle, von der das Land schwer getroffen ist. In Paris gilt die höchste Warnstufe, hier sind Versammlungen von mehr als 1.000 Menschen eigentlich verboten. Berichten zufolge hat die Pariser Polizeipräfektur die Demonstration genehmigt. Bereits am Samstag war es in zahlreichen Städten zu Solidaritätsbekundungen für den getöteten Lehrer gekommen.

Soldiaritätsdemonstration nach der Ermorderung eines Lehrers in Paris
AP/Michel Euler
Demo in Paris: Gedränge auf dem Platz der Republik

Elf Festnahmen

Inzwischen wurden elf Personen verhaftet, Details aber wurden nicht veröffentlicht. Kurz nach dem Verbrechen waren vier enge Verwandte des 18-Jährigen festgenommen worden. Weitere fünf Verdächtige, die Stimmung gegen den Lehrer gemacht hatten, wurden etwas später in Gewahrsam genommen, eine zehnte Person am Samstag und eine weitere am Sonntag. Auch der Vater einer Schülerin, der im Netz gegen den Lehrer mobilisiert hatte, war in Polizeigewahrsam genommen worden. Er hatte ein Video verbreitet und öffentlich gegen den Lehrer gewettert, wie Staatsanwalt Jean-Francois Ricard sagte. Der Vater hatte bei der Direktorin die Entlassung des Pädagogen gefordert. Dabei wurde er von einem Mann begleitet, der Medien zufolge ein bekannter Islamist ist. Die Staatsanwaltschaft stellte bisher keine Verbindung zwischen diesem Vater und dem Angreifer her.

Erst vor wenigen Wochen hatte ein Mann vor dem ehemaligen Redaktionsgebäude zwei Menschen brutal mit dem Messer attackiert. Er gab als Motiv ebenfalls Mohammed-Karikaturen an, die das Magazin veröffentlicht hatte. Der Angreifer hatte es eigentlich auf die Redaktion abgesehen, wusste aber nicht, dass diese mittlerweile an einen geheimen Ort umgezogen ist.

231 Personen vor Ausweisung?

Nach dem neuen Vorfall bereitet Frankreich Insidern zufolge die Ausweisung von 231 mutmaßlichen Extremisten vor. Innenminister Gerald Darmanin habe die örtlichen Behörden darum gebeten, die Ausweisungen anzuordnen, hieß es am Sonntag aus Polizeigewerkschaftskreisen. Von den 231 Personen seien 180 im Gefängnis, 51 sollten festgenommen werden. Vom Innenministerium war bisher keine Bestätigung zu bekommen.