Kellner vor leerem Restaurant in Rom
Reuters/Remo Casilli
„Kritische Lage“

Italien verschärft Schutzvorkehrungen

Italien verschärft die Schutzvorkehrungen im Kampf gegen die Coronavirus-Epidemie. Lokale wie Bars und Restaurants müssen um Mitternacht schließen. Maximal sechs Gäste dürfen pro Tisch in den Lokalen sitzen. Ab 18.00 Uhr darf man Speisen und Getränke lediglich am Tisch und nicht stehend konsumieren, kündigte Premier Giuseppe Conte bei einer Pressekonferenz am Sonntagabend an.

Bürgermeister können nach 21.00 Uhr Plätze und Straßen schließen, auf denen sich Menschenansammlungen vor Lokalen bilden. Auf Plakaten muss angegeben werden, wie viele Personen sich aufgrund der Vorschriften gleichzeitig in einem Lokal aufhalten dürfen. Erlaubt sind nach wie vor Take-away-Dienste ohne zeitliche Einschränkungen, geht aus der neuen Verordnung hervor. Keine Einschränkungen sind in Autobahnraststätten vorgesehen. Spielhallen und Wettbüros müssten um 21.00 Uhr schließen.

„Die Lage ist kritisch. Diese Maßnahmen sind notwendig, um die Epidemie einzugrenzen und Italien einen Lockdown wie im Frühjahr zu ersparen“, sagte Conte. Die neuen Schutzmaßnahmen würden zusätzliche Opfer für viele Betriebe bedeuten. Die Regierung werde ihnen unter die Arme greifen, versicherte der Premier. Er rief seine Landsleute zu „maximaler Vorsicht“ auf, um sich und ihre Mitmenschen vor einer Ansteckung zu schützen.

Unterrichtsbeginn wird gestaffelt

Zudem eingeführt wird ein gestaffelter Unterrichtsbeginn in den Schulen. Älteren Schülerinnen und Schülern soll mehr Fernunterricht angeboten werden. Verboten ist Kontaktsport auf Amateurebene. Individueller Sport sowie Sport auf professioneller Ebene können nach den geltenden Vorschriften weiterhin betrieben werden. Verboten werden Volksfeste, während Messen auf landesweiter und internationaler Ebene weiterhin erlaubt sind.

Menschen gehen vor geschlossenem Lokal vorbei
Reuters/Remo Casilli
Restaurants müssen um Mitternacht schließen – maximal sechs Personen dürfen an einem Tisch sitzen

Maßnahmen in Höhe von 39 Mrd. Euro

Ebenso beschloss die Regierung neue Maßnahmen in Höhe von 39 Mrd. Euro zur Bekämpfung der Krise. Den entsprechenden Haushaltsentwurf 2021 verabschiedete der Ministerrat am Sonntag. Es habe „noch nie in der Geschichte des Landes ein derart expansives Finanzgesetz gegeben“, sagte Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri. Mit den Mitteln sollen Maßnahmen etwa in den Bereichen Gesundheit und Bildung finanziert und die geschwächte Wirtschaft unterstützt werden.

Die geplanten Maßnahmen sollen durch zusätzliche Schulden sowie durch Mittel aus dem im Juli von der EU beschlossenen CoV-Hilfsprogramm finanziert werden. Das EU-Programm sieht insgesamt 750 Mrd. Euro für die Mitgliedsstaaten zur Bekämpfung der Pandemie vor. Italien erwartet in diesem Jahr ein Staatsdefizit von 10,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, nächstes Jahr soll es auf sieben Prozent zurückgehen.

Zu den beschlossenen Maßnahmen gehört die Verlängerung von befristeten Verträgen bei rund 30.000 Ärzten und Krankenpflegern. Dafür hat die Regierung 1,4 Mrd. Euro vorgesehen. 400 Mio. Euro wurden für den Kauf von Impfstoffen eingeplant, und mit 1,2 Mio. Euro sollen 25.000 Lehrerinnen und Lehrer eingestellt werden. Auch die Suspendierung bestimmter Steuern und Abgaben ist vorgesehen. Für den Gesundheitssektor sind insgesamt vier Milliarden Euro vorgesehen.

Parlament in Rom wird zum Hotspot

Unterdessen häufen sich im Abgeordnetenhaus in Rom die CoV-Fälle. Nach einer Zählung der Zeitung „Il Messaggero“ wurden bis Samstag 20 Parlamentarier und Parlamentarierinnen der größeren der zwei Kammern in Rom positiv auf das Virus getestet. Hinzu kommen Medienberichten zufolge weitere Personen, die vorsorglich in Quarantäne sind.

Zeitungen schrieben am Sonntag unter Berufung auf Abgeordnete, dass es in der kommenden Woche keine Abstimmungen in der Kammer geben solle. Trotzdem gehe die politische Arbeit mit Debatten und Ausschusstagungen weiter, hieß es. „Die Demokratie darf in einem so komplizierten Moment nicht ausgesetzt werden“, zitierte die Nachrichtenagentur Adnkronos die Politikerin Mariastella Gelmini von der Oppositionspartei Forza Italia.

Zahl der Fälle gestiegen

Die Zahl der CoV-Fälle im Land stieg weiter an: 11.705 neue Fälle wurden am Sonntag registriert, so viele wie noch nie binnen 24 Stunden. Außerdem gab es 69 zusätzliche Todesopfer, am Vortag waren es 47 gewesen. Die Zahl der CoV-Toten in Italien seit Beginn der Epidemie im Februar stieg somit auf 36.543. 146.000 Abstriche wurden genommen, der Prozentsatz der positiven Tests lag bei acht Prozent.