Frau mit Maske geht über die Drei Brücken in Ljubljana, Slowenien
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Von Slowenien bis Slowakei

Nachbarländer dehnen CoV-Maßnahmen aus

Österreichs Nachbarländer sind im Krisenmodus – allen voran Slowenien, das am Montag erneut den Notstand ausgerufen hat. Die Slowakei will indes ihre gesamte Bevölkerung testen. Tschechien baute für den Notfall ein Feldlazarett in einer Messehalle. Unterdessen forderte der bayrische Ministerpräsident eine generelle Maskenpflicht für ganz Deutschland. Hohe Infektionszahlen verzeichnen auch Italien, die Schweiz und Ungarn.

30 Tage lang soll in Slowenien der Pandemienotstand gelten. Er bildet die Grundlage dafür, dass die Behörden auch lokal abgestufte neue Maßnahmen und Einschränkungen anordnen können. Ein erster Notstand war in dem südlichen Nachbarland vom 12. März bis Ende Mai verhängt worden. Slowenien erließ außerdem mit Montag eine Ausgangssperre. Diese gilt von 21.00 bis 6.00 Uhr.

Bereits seit Freitag gilt ein Teil-Lockdown in dem Land. In neun von zwölf Regionen dürfen Bewohnerinnen und Bewohner ihre jeweilige Region nicht verlassen. Es gibt allerdings Ausnahmen, etwa Fahrten zum Arbeitsplatz. Schülerinnen und Schüler ab der 6. Schulstufe werden nur noch im Fernunterricht unterrichtet.

Eine Kellnerin schließt ein Pub in Prag, Tschechien
Reuters/David W Cerny
Kein Betrieb mehr in Tschechiens Restaurants

In Slowenien wurden am Sonntag 726 und am Samstag 897 Neuinfektionen mit dem Coronavirus bekannt. Damit hat sich die Zahl der aktiven Fälle in dem Land mit zwei Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern binnen einer Woche nahezu verdoppelt. Die Anzahl der Infizierten der vergangenen 14 Tage pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner wurde am Sonntag mit 317 angegeben. Seit Beginn der Pandemie im März haben sich nach offiziellen Angaben 13.151 Menschen angesteckt. 187 von ihnen starben an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung.

Slowakei will gesamte Bevölkerung testen

Der slowakische Premier Igor Matovic ließ unterdessen mit einer ungewöhnlichen Maßnahme aufhorchen. Er will die gesamte slowakische Bevölkerung über zehn Jahre testen lassen. „Kein Staat hat es getan, ich mache diesen Versuch“, zitierte ihn die Nachrichtenplattform Aktuality.sk. Ein Probelauf soll bereits am Wochenende stattfinden. Dafür hat die Regierung in den letzten Wochen 13 Millionen Antigen-Tests um rund 57 Millionen Euro angekauft. Personell sollen für die geplanten Massentests rund 8.000 Soldatinnen und Soldaten sowie 50.000 staatliche Angestellte eingesetzt werden.

Tschechien errichtet Feldkrankenhaus

In Tschechien bereitet man sich auf schwierige Zeiten vor. Das Feldkrankenhaus der tschechischen Armee ist normalerweise etwa im Irak und in Afghanistan im Einsatz, jetzt wurde es in einer Messehalle im Prager Stadtteil Letnany aufgebaut. Die Sorge wächst, dass die Krankenhäuser bald überlastet sind. Das Feldlazarett – eine kleine Containerstadt mit Operationssaal, Intensivstation, eigenem Labor und Röntgengeräten – soll als Reserve dienen.

Erst am Freitag wurde mit 11.105 Fällen erstmals die Schwelle von 10.000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden überschritten. Auf die Bevölkerung umgerechnet nimmt Tschechien EU-weit einen Spitzenplatz bei der Infektionsrate ein. Inzwischen sind Schulen und Gastronomie geschlossen, Sport- und Kulturveranstaltungen ausgesetzt, Treffen von mehr als sechs Personen untersagt. Mittlerweile wird selbst ein zweiter harter Lockdown mit Ausgangsbeschränkungen nicht mehr gänzlich ausgeschlossen. Die Entscheidung könnte Anfang November fallen.

Diskussion über Föderalismus in Deutschland entbrannt

Indes forderte der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine generelle Maskenpflicht in ganz Deutschland nach bayrischem Vorbild. „Wir brauchen eine allgemeine Maskenpflicht national“, sagte der CSU-Vorsitzende. Nach dem Vorbild der Regeln in Bayern müsse die Maskenpflicht deutschlandweit in der Öffentlichkeit auf belebten Plätzen gelten, bei bestimmten Inzidenzzahlen in Schulen sowie an Arbeitsplätzen dort, wo ein Abstand von 1,50 Metern nicht möglich sei, etwa in Gängen und in Aufzügen.

Menschen warten vor einer mobilen Covid-19-Teststation in Köln
AP/Martin Meissner
Viele Länder verstärken ihre Testkapazitäten

Dafür sei er sogar zu einer Verlagerung von Kompetenzen von den Ländern auf den Bund bereit. „Ich bin ein überzeugter Föderalist. Aber ich glaube, dass der Föderalismus zunehmend an seine Grenze stößt“, sagte er am Montag in Nürnberg vor einer Videokonferenz des Parteivorstands. Söder forderte, dafür das Infektionschutzgesetz des Bundes in einem beschleunigten Parlamentsverfahren zu ändern. Ziel müsse sein, die Regeln zu vereinheitlichen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Wochenende in einem eindringlichen Appell die Bürgerinnen und Bürger zur Einschränkung ihrer Kontakte und zum Verzicht auf Reisen aufgerufen.

Auch Italien verschärft Maßnahmen

Italien verschärfte die Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie ebenfalls. Bürgermeister erhielten die Erlaubnis, öffentliche Plätze und Straßen ab 21.00 Uhr abzusperren, um Massenansammlungen zu vermeiden, sagte Ministerpräsident Giuseppe Conte am späten Sonntagabend bei einer Pressekonferenz. Spielhallen und Wettbüros müssten um 21.00 Uhr schließen. „Die Situation ist kritisch“, erklärte er. Aber seine Regierung sei entschlossen, einen neuen Lockdown zu vermeiden. Alle seien aufgerufen, ihren Teil dazu beitragen, um gesund zu bleiben und der Wirtschaft zu helfen.

Verschärfungen in Italien, Massentests in Slowakei

Alle Bewohnerinnen und Bewohner der Slowakei, die über zehn Jahre alt sind, sollen auf das Coronavirus getestet werden. 50.000 Staatsangestellte und 8.000 Soldatinnen und Soldaten sind für die Tests mobilisiert worden.

Italien verzeichnete am Sonntag mit 11.705 Fällen erneut einen hohen Wert. Weitere 47 Menschen starben an oder mit dem Virus, weit weniger als am Höhepunkt der Pandemie in Italien im März und April, als täglich mehr als 900 Menschen an den Folgen der Infektion starben. Italien war das erste Land in Europa, das vom Ausbruch des Virus schwer getroffen wurde. Nach Großbritannien verzeichnete Italien mit 36.543 Todesfällen die zweithöchste Zahl an Todesopfern in Europa.

Schweiz verbietet große Versammlungen

Von Montag an sind in der Schweiz Versammlungen mit mehr als 15 Menschen im öffentlichen Raum verboten, teilte die dortige Regierung am Sonntag mit. Die Schweizerinnen und Schweizer wurden dazu aufgerufen, private Treffen insgesamt einzuschränken. „Die Lage ist ernst“, sagte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga bei einer Pressekonferenz angesichts steigender Zahlen an Neuinfektionen.

Auch die Maskenpflicht wurde verschärft. Sie galt bisher in öffentlichen Verkehrsmitteln und wurde nun auf öffentlich zugängliche Räume wie Geschäfte, Restaurants und Museen ausgeweitet. Auch in Bahnhöfen, Flughäfen und an Haltestellen müssen Schweizer künftig Mund und Nase bedecken. Darüber hinaus legte die Regierung Unternehmen nahe, Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten zu lassen, um soziale Kontakte zu reduzieren. In der Schweiz und Liechtenstein verzeichneten die Behörden am Freitag 3.105 Neuinfektionen mit dem Coronavirus binnen 24 Stunden.

Experten: Zu wenige Tests in Ungarn

Seit mehr als zwei Wochen wurden indes in Ungarn täglich jeweils zwischen 700 und 1.000 Neuinfektionen registriert. Expertinnen und Experten zeigten sich besorgt darüber, dass in dem Land mit rund zehn Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern verhältnismäßig wenig getestet werde. Zuletzt gab es in Ungarn pro Tag rund 12.000 Tests, rund zehn Prozent davon positiv.

Im Vergleich: Österreich führte von Samstag auf Sonntag rund 15.000 Tests durch, am Sonntag gab es rund 460 laborbestätigte Fälle mehr als am Samstag – mehr dazu in ORF.at/corona. Laut Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollte die Rate der positiv Getesteten fünf Prozent nicht übersteigen, um die Pandemie unter Kontrolle zu halten.