Person tippt Nachrichten auf einem Mobiltelefon
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Postenschacher

Chats befeuern „Ibiza“-U-Ausschuss neu

Die Enthüllungen und Entwicklungen der vergangenen Tage dürften diese Woche für einige neue Debatten im „Ibiza“-U-Ausschuss und auch Ladungen sorgen. Chatprotokolle und SMS deuten erneut auf Postenabsprachen unter der ÖVP-FPÖ-Regierung hin, etwa rund um ASFINAG und ÖBAG. Auch die Debatte über den Ausschussvorsitz von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) geht weiter.

Zuletzt sorgten gelöschte SMS von ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid für Aufregung. Einige konnten von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wiederhergestellt werden. Daraus ergibt sich laut dem Onlinemagazin Zackzack.at und Ö1, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) doch stärker in die Bestellung von Vorständen und Aufsichtsräten in der ÖBAG, der Beteiligungsgesellschaft des Bundes, involviert war als zunächst bekannt.

Konkret soll es um den ehemaligen Magna-Chef Siegfried Wolf (in den Nachrichten scheint SW als Kürzel auf) gehen, der im Zeitraum der betreffenden SMS – Ende 2018 – als ÖBAG-Aufsichtsratsvorsitzender im Gespräch gewesen soll. Schmid schrieb damals an eine Vertraute im Finanzministerium offenbar über ein Gespräch mit Kurz, dass dieser noch überlege, und es mühsam sei, da Kurz auch wohl wegen zu vieler Mitwisser Angst habe: „Kurz scheisst sich voll an. Zu viele Leute.“ SW wurde nicht Aufsichtsratschef, sondern Helmut Kern, Gesamtleiter des Ordensspitals der Barmherzigen Brüder in Wien.

Kurz könnte daraufhin noch einmal in den „Ibiza“-Ausschuss geladen werden, berichtete das Mittagsjournal am Montag. SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer sagte gegenüber Ö1, dass die SMS Kurz’ Aussage im Ausschuss, wonach er nur informiert gewesen, widersprächen, vielmehr habe er Entscheidungen persönlich getroffen. NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper geht davon aus, dass in der Regierung nichts ohne das Wissen von Kurz geschehe. FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker will Kurz entsprechend neu befragen.

Wahlkampfbus von ASFINAG-Aufsichtsrat?

Vergangene Woche waren auch Chatprotokolle zwischen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und weiteren ehemaligen und aktuellen FPÖ-Parteigranden aufgetaucht, die ebenfalls auf Postenabsprachen hindeuten, etwa rund um die Bestellung des Immobilienunternehmers Siegfried Stieglitz zum Aufsichtsratsvorsitzenden der ASFINAG. Stieglitz war am 2. März 2018 vom damaligen FPÖ-Infrastrukturminister Norbert Hofer in den neu konstituierten ASFINAG-Aufsichtsrat entsendet worden.

Bereits im August 2019 wurde dann bekannt, dass der mittlerweile abberufene Stieglitz in den Jahren 2017/18 an den FPÖ-nahen Verein Austria in Motion gespendet haben soll. Stieglitz räumte laut „profil“ zwar ein, dass er Geld gab, bestritt aber die im Raum stehende Höhe von 20.000 Euro. Die WKStA ermittelt mittlerweile gegen Hofer wegen des Verdachts der Geschenkannahme. Hofer betonte stets, nichts von den Spenden gewusst zu haben. Strache soll laut „profil“ von den Spenden hingegen gewusst haben.

Hein Christian Strache im Tourbus
APA/AFP/Alex Halada
Strache in dem Wahlkampfbus der FPÖ für die Wahl 2017

In einem dem „profil“ neu vorliegenden Bericht der WKStA zur Causa Stieglitz zeigen Chat-Verläufe zudem, dass Stieglitz die FPÖ auch mit der Bereitstellung eines Wahlkampfbusses für die Nationalratswahl 2017 unterstützt haben dürfte – und zwar kostenlos, wie die WKStA laut „profil“ vermutet. Stieglitz soll laut Chat-Nachrichten auch als ÖBB-Aufsichtsrat im Gespräch gewesen sein, daraus wurde aber nichts. Laut den vorliegenden Chats soll es im Frühjahr auch Absprachen zu Postenbesetzungen bei ORF.at zwischen FPÖ und ÖVP gegeben haben, mit konkreten Namen.

Sobotkas Ausschussführung weiter umstritten

Die anhaltende Debatte über den Ausschussvorsitz durch Nationalratspräsidenten Sobotka wurde durch ein Interview Sobotkas in der ZIB2 vergangenen Dienstag erneut befeuert. Darin verteidigte er einmal mehr seine Vorsitzführung und teilte gegen die Opposition aus. Diese produziere mit „Unterstellungen, Halbwahrheiten, Anzeigen“ einen „Chaos-Ausschuss“. Sobotka sah zudem ein „Mobbing im klassischen Sinn“ gegen seine Person. Zuletzt zweifelte auch der grüne Koalitionspartner daran, dass Sobotka den Vorsitz weiter führen sollte.

Sobotka verteidigt „Ibiza“-U-Ausschuss-Vorsitz

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka hat im ZIB2-Interview neuerlich seinen Rückzug als Vorsitzender des „Ibiza“-Untersuchungsausschusses kategorisch ausgeschlossen.

Im Nationalrat löste das Interview harsche Kritik der Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS aus. Die Parteien fühlten sich zu Unrecht „pauschal beschimpft“ und hielten Sobotka vor, den Ausschuss absichtlich diskreditieren zu wollen, um von den bisherigen Ergebnissen abzulenken. Der Vorwurf des Mobbings sei „unfassbar“, so Stephanie Krisper, NEOS-Fraktionsführerin im Ausschuss, FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker (FPÖ) hält Sobotka für rücktrittsreif, und zwar nicht nur als U-Ausschuss-Vorsitzender.

SPÖ und NEOS und haben Sobotka bereits für das Frühjahr vor den Ausschuss erneut geladen. Sie sind der Ansicht, dass Sobotka den Vorsitz nicht mehr ausüben könne, weil in der Verfahrensordnung geregelt ist, dass Auskunftspersonen einzeln und in Abwesenheit der später zu hörenden Auskunftspersonen zu befragen sind. Das sei mit der Vorsitzführung nicht vereinbar.

Neun Auskunftspersonen an drei Tagen

Auch abseits der aktuellen Ereignisse ist der Ausschuss diese Woche besonders intensiv, stehen doch gleich drei Befragungstage mit insgesamt neun Auskunftspersonen an. Am Dienstag geht es erneut um die Themen Glücksspiel und Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF), dazu sind die Großnichte von Novomatic-Gründer Johann Graf und Ehefrau des Novomatic-Aufsichtsratschefs Bernd Oswald, und ein Beamter aus dem Finanzministerium geladen.

Ibiza-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Diese Woche muss ein verschobener Termin nachgeholt werden

Befragt wird am Dienstag auch Julian Hadschieff, Vorstandsvorsitzender der PremiQuaMed, gegen den Privatklinik-Eigentümer Walter Grubmüller bei seiner Befragung im U-Ausschuss etliche Vorwürfe erhoben hatte. Hadschieff, zugleich Obmann im zuständigen Fachverband der Wirtschaftskammer, soll laut Grubmüller jahrelang die Aufnahme seiner Klinik in den PRIKRAF verhindert und torpediert haben, so Grubmüller.

Benko und Pierer als Spender im Visier

Am Mittwoch soll Immobilieninvestor Rene Benko kommen, den Strache als angeblichen Spender im „Ibiza-Video“ genannt hatte. Unter anderem zu seinen monetären Zuwendungen an die ÖVP wird dann wohl KTM-Chef Stefan Pierer Auskunft geben, der beispielsweise im Wahljahr 2017 eine Großspende an die ÖVP geleistet hatte. Den Abschluss macht am Mittwoch Uniqa-Chef Andreas Brandstetter.

Am Donnerstag schließlich werden Klaus Ortner, der der ÖVP über mehrere Firmen seiner IGO-Gruppe 438.000 Euro gespendet hat, und Unternehmer und NEOS-Geldgeber Hans Peter Haselsteiner den Abgeordneten zum Thema Parteispenden Rede und Antwort stehen. Den Donnerstag beschließt Cattina Leitner, Aufsichtsrätin der ÖBB-Holding.