Orban-Getreuer wird Präsident von Ungarns oberstem Gericht

Das ungarische Parlament hat mit den Stimmen der regierenden rechtsnationalen FIDESZ-Partei den Verfassungsrichter Andras Zsolt Varga zum Präsidenten des Obersten Gerichtshofs gewählt. Die Wahl gilt als umstritten. Vor seiner Bestellung zum Verfassungsrichter arbeitete Varga neun Jahre lang als stellvertretender Oberster Staatsanwalt.

Er galt als treuer Gefolgsmann des Oberstaatsanwalts Peter Polt, dem ein enges Verhältnis zu Ministerpräsident Viktor Orban nachgesagt wird. Kritiker werfen Polt vor, die Strafverfolgung von Korruptionsfällen im Umfeld von Orban zu unterdrücken.

Unabhängiges Gremium lehnte Varga ab

Die Wahl Vargas zum Präsidenten des Obersten Gerichtshofs war auch vom unabhängigen Landesrichterrat (OBT) abgelehnt worden. Das Gremium verwies darauf, dass Varga über keine Praxis als Richter verfüge.

Tatsächlich hatte die Regierungsmehrheit im Parlament zuvor eigens jenes Gesetz geändert, das für Bewerber um dieses Amt eine richterliche Laufbahn vorschrieb. Im Sinne des geänderten Gesetzes reicht nun auch eine Tätigkeit als Verfassungsrichter aus. Verfassungsrichter werden vom Parlament gewählt und brauchen vorher nicht als Richter gearbeitet zu haben.

Mit seinen Versuchen, die Justiz in Ungarn seiner Kontrolle zu unterwerfen, eckt Orban auch immer wieder in der Europäischen Union (EU) an. Das Europaparlament hat deswegen und wegen anderer mutmaßlicher Verstöße gegen demokratische Prinzipen ein Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Der im Vormonat veröffentlichte Rechtsstaatsbericht der EU-Kommission kritisiert ebenfalls die Zustände in der Justiz unter Orban. Auch die neuen Bestellungsmodalitäten für den Obersten Gerichtshof werden darin als problematisch eingestuft.