PCR-Test
Reuters/Leonhard Foeger
Nach Foitik-Vorstoß

Debatte über Tests von Kontaktpersonen

Der Vorschlag von Rotkreuz-Manager Gerry Foitik stößt nicht überall auf Interesse. Er hatte in einem internen Papier überlegt, Kontaktpersonen der Kategorie eins (K1) nicht mehr testen zu lassen. Expertinnen sprachen sich aber am Dienstag in Ö1 dafür aus, weiterhin breit gefächert zu testen, auch wenn das in anderen Ländern nicht so gehandhabt wird.

Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes und enger Berater von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), hatte in der internen Stellungnahme dem vom Innenministerium koordinierten Krisenstab (SKKM) vorgeschlagen, auf Tests von sich bereits in Quarantäne befindlichen Kontaktpersonen zu verzichten. Seit Juni werden diese Menschen getestet, obwohl sie sich isolieren und auch wenn sie symptomlos sind. Diese Personen stellten aber keine Ansteckungsgefahr dar, so Foitik.

Zudem würde die Inzidenz ohne Tests von Kontaktpersonen der Kategorie eins sofort um 500 täglich sinken, stellte Foitik in dem Briefing fest. Der Hinweis befindet sich in dem Briefing unter einem Punkt mit Namen „Wintertourismus“. Ein solches Vorgehen könne helfen, Österreich bei EU-Reisewarnungen aus der „roten Zone“ zu bekommen, hieß es im Papier.

Bereits am Montagabend rechtfertigte sich Foitik in der ZIB2 gegenüber Vorwürfen, er wolle Zahlen manipulieren, um dem Wintertourismus zu helfen. Das Papier sei intern und schlecht formuliert, so Foitik, der sich auch entschuldigte. Am Dienstag sprach er sich im ORF-Radio weiters dafür aus, Zahlen vergleichbar zu machen. Denn andere Länder testeten solche K1-Personen mitunter nicht. Sie „scheinen daher auch nicht positiv in der Statistik auf, und um eine Vergleichbarkeit mit anderen europäischen Ländern herzustellen, hielte ich das für vernünftig, wenn auch wir das machen“, so Foitik.

Weitere Nachverfolgung erschwert

Irmgard Lechner, Landessanitätsdirektorin für Niederösterreich, sagte am Dienstag zu Ö1, man solle bei der jetzigen Praxis in Österreich bleiben. K1-Personen nicht mehr zu testen „würde uns natürlich weniger Arbeit machen“, so Lechner, aber das Infektionsgeschehen würde in den Zahlen nicht mehr korrekt abgebildet. Zudem könne man dann nicht mehr weitere Kontaktpersonen nachverfolgen.

Auch die Virologin Dorothee von Laer, Leiterin der Virologie an der Meduni Innsbruck, sprach sich für Tests von K1-Personen aus. 20 bis 45 Prozent der Infizierten seien asymptomatisch, würden aber zur Verbreitung des Virus beitragen, das sei mittlerweile gesichert. Dass andere Länder nicht so viel testen wie Österreich, ist für die Virologin kein Argument. „Wir sollten das machen, was wir als optimal ansehen“, so von Laer.

Wunsch nach Einheitlichkeit

Auch das Gesundheitsministerium will an der geltenden Praxis vorerst nichts ändern. Aus virologischer Sicht sei entscheidend, „dass die betroffenen K1-Personen in Quarantäne gehen, damit jedes Risiko ausgeschlossen werden kann. Am Beginn der Pandemie wurden sie aus Ressourcengründen nicht getestet, sondern nur abgesondert“, so das Ministerium. „Es wäre schon sinnvoll, wenn in Europa in diesen Fragen einheitlich vorgegangen werden würde.“

Am Dienstag gab es von Anschober zwar viel Lob für Foitik, die Idee, K1-Personen nicht zu testen, unterstützte er aber nicht. Für die Betroffenen habe es sehr wohl einen Mehrwert zu wissen, ob der Test positiv sei oder nicht.

Foitik zu Manipulationsvorwürfen

Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, ist unter heftigen Beschuss geraten. Er schlug vor, die Testung von Personen, die nachweislich engen Kontakt zu Infizierten hatten, zu reduzieren – und damit die Infektionszahlen zu drücken.

In Österreich wird stattdessen weiterhin viel getestet, und querbeet: Das auch stark kritisierte Testprogramm für den Tourismus geht etwa mit 1. November in die Verlängerung. Damit können sich Skilehrer, Bergführer, Reisebegleiter und andere einmal pro Woche testen lassen. Bisher wurden aus diesem Programm bereits 350.000 Tests an rund 83.000 Mitarbeitern durchgeführt.

Virologe: „Contact-Tracing an Grenzen gelangt“

Der Virologe Klaus Vander, Leiter des Grazer Instituts für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie, sagte am Dienstag, die Nachverfolgung von Kontakten sei bereits an die Grenzen gelangt. „Wir wissen jetzt schon, dass wir bei einem Großteil der Transmissionen, sprich Übertragungen, nicht mehr kausale Zusammenhänge erstellen können. Das ist der Grund, warum ich sage: Das Virus ist in der Zwischenzeit in der Bevölkerung angekommen, wir haben keine Chance mehr, die Transmissionswege zu unterbinden. Eigentlich ist das Contact-Tracing und damit auch das Containment hier an seine Grenzen gelangt“ – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Der Appell des Virologen richtet sich jedoch sehr wohl an die Eigenverantwortung des Einzelnen: „Das heißt, jeder für sich muss eigentlich definieren: Wie sicher möchte ich gehen, wie möchte ich mich schützen, was bin ich für eine Risikoperson? Und demnach muss ich mich verhalten.“

Ruf nach neuer Strategie

Kritik an der aktuellen Testpraxis kam am Dienstag von NEOS. Gesundheitssprecher Gerald Loacker sagte in einer Aussendung, „eine künstlich verschärfte und zudem ineffiziente Testung von asymptomatischen Kontaktpersonen“ treibe "die Fallzahlen in die Höhe und Tausende Tourismusbetriebe in den Konkurs“. Es habe keinen Sinn, wenn Deutschland und die Schweiz andere Teststrategien hätten als Österreich. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) werden in Deutschland allerdings sehr wohl K1-Personen getestet, auch wenn sie keine Symptome haben.

Auch die FPÖ forderte eine Änderung der Strategie. Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner verlangte neue und andere Tests, die auch die Viruslast von positiv Getesteten messen. „In Österreich haben wir eine undurchsichtige Black Box, in der offenbar nicht wissenschaftliche Experten, sondern politische Akteure den Ton angeben. Das zeugt nicht nur von einem provinziellen Politikverständnis, sondern es schadet auch unserem Land“, so Haimbuchner.