Der ukrainische Geflügelkonzern MHP im Besitz des Oligarchen Jurij Kosjuk soll einem heute veröffentlichten Bericht zufolge 98 Mio. US-Dollar (rund 82 Mio. Euro) Steuern vermieden haben, unter anderem durch EU-Steueroasen. Der Konzern sorgte schon in der Vergangenheit für Aufsehen, als er mit einem Trick strenge EU-Importbestimmungen umgangen hatte.
Wie das niederländische Centre for Research on Multinational Corporations (SOMO) in seinem Bericht schreibt, soll MHP einerseits in der Ukraine hohe Förderungen kassieren, gleichzeitig aber durch den eigenen Firmensitz und den von Tochtergesellschaften in Steueroasen wie Zypern und Luxemburg ukrainische Steuern vermeiden.
Damit soll der Konzern etwa vermieden haben, Einkommensteuer für die rund drei Milliarden Dollar Umsatz des Konzerns gezahlt zu haben, so SOMO. Laut MHP hat man die Gesetze befolgt, heißt es in dem Bericht – man verwende „legale Wege zur Steueroptimierung“.
Konzern exportiert auch groß in die EU
Das von MHP produzierte Geflügel macht Schätzungen zufolge nicht nur fast vierzig Prozent des ukrainischen Hendlfleischs aus, die Exporte gehen auch zu einem Drittel nach Europa. Das sorgte schon in der Vergangenheit für Aufregung in der EU.
Denn MHP importierte Hendlbrüste mit einem Trick in die Union: Beim Zerlegen der Tiere in der Ukraine blieb ein Knochen an den Hühnerbrüsten. Diese Stücke, in Medien auch als „Batman-Stück“ („Batman cut“) bezeichnet, galten als minderwertig und konnten unbegrenzt in die EU importiert werden. Dort kamen sie laut SOMO in Ländern wie den Niederlanden, Polen und der Slowakei an, wo dann der Knochen entfernt wurde.
Als diese Praxis bekanntwurde, hieß es damals von der EU-Kommission, dass man dieses Schlupfloch schließen werde. Tatsächlich wurde diese Praxis untersagt – dafür aber die Menge für den Import des ukrainischen Herstellers fast verdoppelt.
Auch Menschenrechtsverletzungen?
In dem Bericht wird auch über mutmaßliche Verstöße gegen die Menschenrechte berichtet. So soll es etwa – anonyme – Angriffe auf Aktivisten in der Ukraine gegeben haben, die den Konzern kritisieren. So wird etwa von einem Fall im Jahr 2016 berichtet, bei dem eine Aktivistin zusammengeschlagen worden sein soll, nachdem sie gegen eine Geflügelfarm in einer ukrainischen Ortschaft protestiert hatte.
Vorgänge „seit Jahren bekannt“
SOMO selbst schreibt, dass viele der nun publizierten Vorwürfe bereits seit Jahren der Öffentlichkeit bekannt seien. Dennoch wurde man mit Krediten aus öffentlichen Institutionen wie etwa der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und der Europäischen Investitionsbank (EIB) unterstützt.
Der grüne Europaparlamentarier Thomas Waitz kritisiert, dass MHP die EU „mit Billighendln überschwemmt“ und durch „Steuertricks auch noch seinen fairen Steuerbeitrag in der EU und in der Ukraine“ vermeide. Das würde den Wettbewerb etwa für österreichische Agrarbetriebe stark verzerren. Waitz fordert auch ein Ende der „Steuersümpfe wie Zypern, Niederlande oder Luxemburg“.