Blick auf Valetta, die Hauptstadt von Malta
Getty Images/Dado Daniela
„Goldene Pässe“

EU-Verfahren gegen Malta und Zypern

Die EU-Kommission macht mit ihrer Drohung ernst und geht gegen Zypern und Malta wegen der Vergabe von Staatsbürgerschaften gegen finanzielle Zusagen vor. Konkret leitete die Behörde am Dienstag gegen beide Länder ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Erklärtes Ziel sei es, in der gesamen Europäischen Union jegliche Praxis zu beenden, die „zum Verkauf der EU-Staatsbürgerschaft führt“.

Die Vergabe von Staatsbürgerschaften ist an sich Sache der einzelnen EU-Länder. Die EU-Kommission sieht in den „goldenen Reisepässen“ jedoch schon seit Langem eine Gefahr für die gesamte EU. „Aufgrund der Art der Unionsbürgerschaft haben solche Regelungen Auswirkungen auf die Union als Ganzes“, hieß es am Dienstag. EU-Pässe könnten nicht zum Verkauf stehen, twitterte EU-Kommissarin Vera Jourova.

Das Programm in Zypern sieht vor, dass Reisepässe von Nicht-EU-Bürgern im Gegenzug für eine Investition von 2,5 Millionen Euro auf der Insel erworben werden können. Der TV-Sender al-Jazeera hatte vergangene Woche berichtet, hochrangige zyprische Beamte und Politiker würden Kriminelle aktiv bei der Bewerbung um die „goldenen Pässe“ unterstützen.

Die Kommission sei der Auffassung, dass die Gewährung der Staatsangehörigkeit „durch diese Mitgliedsstaaten gegen eine im Voraus festgelegte Zahlung oder Investition“ nicht mit Bestimmungen des EU-Vertrags vereinbar sei, erklärte die Behörde. Das Vorgehen untergrabe „auch die Integrität des Status der Unionsbürgerschaft“ und habe damit Auswirkungen auf die EU als Ganzes.

Warten auf Antwort

Denn die nationale Staatsbürgerschaft eines EU-Landes verleihe auch Rechte auf Unionsebene, führte die Kommission weiter aus. Dazu gehörten das Recht, sich innerhalb der EU frei zu bewegen, aufzuhalten und zu arbeiten, oder das Recht auf Teilnahme an Kommunalwahlen und Wahlen zum Europäischen Parlament. Zypern und Malta haben nun zwei Monate Zeit, auf ein Warnschreiben der EU-Kommission zu antworten. Sollten die Bedenken im Laufe des Verfahrens nicht ausgeräumt werden, könnte am Ende eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof stehen.

Zyperns Präsident Nikos Anastasiades hatte zuletzt zwar angekündigt, dass die Vergabe von Staatsbürgerschaften ab 1. November ausgesetzt werde. Der Kommissionssprecher verwies aber darauf, dass die Regelung derzeit noch gelte und bisherige Anträge auch danach noch bearbeitet würden. Zudem gebe es Forderungen in Zypern, ein alternatives System einzuführen. Malta habe sogar angekündigt, sein bisheriges Investitionsmodell für Pässe zu verlängern.

Der zypriotische Parlamentspräsident Dimitris Syllouris erklärte Mitte Oktober indes seinen Rücktritt. Die Justiz werde nun klären, was geschehen sei, hieß es in einer Erklärung des Parlamentspräsidenten, die in der zypriotischen Presse veröffentlicht wurde. Hintergrund sind die von al-Jazeera in den Raum gestellten Vorwürfe, wonach einer Person, die in China wegen Geldwäsche zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, die zypriotische Staatsbürgerschaft vermittelt werden sollte.

Milliardenschweres Geschäft

In den vergangenen zehn Jahren sollen mehr als 3.500 Menschen, mehrheitlich Russen und Chinesen, die zypriotische Staatsbürgerschaft erhalten haben. Die wichtigste Voraussetzung ist eine Investition des Antragstellers in Zypern in Höhe von 2,5 Millionen Euro.

Zypern hatte nach der Wirtschaftskrise 2013 mit der Vergabe „goldener“ Pässe und Visa begonnen. Seitdem nahm das Land auf diese Weise rund 8,25 Milliarden Euro ein. Die EU-Kommission sieht das nicht nur als Sicherheitsrisiko, sondern verweist auch auf damit womöglich verbundene Geldwäsche, Korruption und Steuerhinterziehung.

Im Visier der EU-Kommission sind einem „Spiegel“-Bericht zufolge unterdessen auch die als „Goldene Visa“ bezeichneten vereinfachten Aufenthaltsgenehmigungen. Rund 20 EU-Ländern könnte ein Verfahren drohen, wie das deutsche Nachrichtenmagazin Ende September dazu weiter berichtete.