Rene Benko beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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„Ibiza“-U-Ausschuss

Benkos Kontakte und Signas Immokäufe

Spenden? Deals? Verflechtungen mit der Politik? Immobilieninvestor Rene Benko ist am Mittwoch im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss den Abgeordneten Rede und Antwort gestanden. Im Fokus standen neben den Aussagen des damaligen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache auf Ibiza, wonach Benko „der ÖVP und uns“ zahle und die „Krone“ übernehmen wolle, allen voran Kontakte mit Politikern und Immobilienkäufe der Signa Holding.

Gleich zu Beginn legte der gebürtige Tiroler dem U-Ausschuss seinen Werdegang dar. Er verfüge über wenig Detailwissen, was die Untersuchungsgegenstände betreffe, aber freue sich auf Fragen der Abgeordneten, sagte er. Dass die Abgeordneten dann allerdings auch mehr über Privates wissen wollten, gefiel Benko nicht immer. Speziell ging es etwa um Fragen, ob der Signa-Holding-Gründer, der heute nur noch im beratenden Beirat sitzt und mit dem operativen Geschäft offenbar wenig zu tun hat, mit Politikern und Politikerinnen urlaubt, sich mit ihnen trifft und wie oft er mit dem damaligen FPÖ-Chef Strache und mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) telefoniert.

Mit Strache habe er sich bei „der einen oder anderen Veranstaltung in Wien“ getroffen. Persönlich ausgemachte Treffen habe es zwei oder drei gegeben. Ob der Ex-Vizekanzler jemals über Spenden gesprochen habe, daran könne er sich nicht erinnern. Strache sagte in seiner Befragung zu Beginn des U-Ausschusses ebenfalls, dass er sich mit Benko mehrmals getroffen habe, das sei in dem „kleinen Land“ (Österreich, Anm.) gar nicht anders möglich. Besprochen habe man „alles Mögliche, aber teilweise auch private Sachen, die Sie nichts angehen“, sagte Strache in Richtung des SPÖ-Mandatars Andreas Kollross.

„In Feierlaune bei Ibiza-Wetter“

Der damalige FPÖ-Politiker sei auch im Juli 2017, also zu jener Zeit, als das „Ibiza-Video“ aufgenommen wurde, auf Benkos 67 Meter langer Jacht „Roma“, die einer von Benkos Familienstiftungen gehört, gewesen. Strache sei mit seiner Familie dort gewesen wie auch viele andere, sagte Benko. Ob er den FPÖ-Politiker eingeladen habe, konnte Benko nicht sagen. „Wir haben das ganze Jahr über viele Gäste, da kann ich mich an belanglose Details nicht mehr erinnern“, so der Unternehmer. Strache war zur damaligen Zeit Abgeordneter zum Nationalrat und Klubchef der FPÖ. Die Neuwahl, die im Oktober 2017 stattfand, war bereits fixiert worden.

Warum Strache im „Ibiza-Video“ davon sprach, dass Benko „der ÖVP“ und der FPÖ zahle, konnte die Auskunftsperson nicht sagen. Offenbar habe der Politiker „in Feierlaune bei Ibiza-Wetter“ nicht gewusst, „wie weit seine Prahlerei geht“, so der Immobilieninvestor. Weder er persönlich noch die Signa-Gruppe habe an Parteien oder parteinahe Organisationen Spenden getätigt. Das hätten auch externe Prüfer, die man nach dem „Ibiza-Video“ beauftragt habe, bestätigt. Die ÖVP legte ein Dokument der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vor, das Benkos Aussagen bestätigen solle. Er selbst kannte das Papier nicht, wie er sagte.

Stephanie Krisper beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Eine anonyme Anzeige, die Spendenanbahnungsversuche bestätigen soll, legte NEOS-Fraktionschefin Krisper vor

Kauf des Leiner-Hauses

Wenig später legte NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper eine anonyme Anzeige von Juli 2020 vor, die auch ORF.at vorliegt. Darin ist die Rede von Spenden für die laut Anzeiger finanziell angeschlagene ÖVP, an die Gegenleistungen geknüpft gewesen seien, etwa eine „Bevorzugung bei Verwaltungsabläufen“ – der Verfasser verwies auf „den Kauf des Leiner-Hauses“. Benko verneinte, dass er ja nach Spenden gefragt worden sei. Der Kauf des Leiner-Kaufhauses in der Mariahilfer Straße in Wien im Winter 2017 sei ordnungsgemäß erfolgt, sagte er.

Vorwürfe, die ÖVP-FPÖ-Regierung habe für den Grundbucheintrag in der Weihnachtszeit extra ein Bezirksgericht aufsperren lassen, wies er zurück. Der Kaufvertrag sei am 29. Dezember abgeschlossen worden, das sei ein Freitag gewesen, so der Unternehmer. Kika-Leiner sei kurz vor der Insolvenz gestanden, und wäre das Geld nicht am 29. Dezember geflossen, hätte Insolvenz angemeldet werden müssen. Benko wiederholte, dass er nie gespendet habe und aus dem Unternehmen unterrichtet worden sei, dass das auch Signa nicht getan habe. Wahrnehmung zu einer „großen Spendenaktion“, wie eine Auskunftsperson am Dienstag erzählt hatte, habe er nicht.

Strache sei bisher der Einzige gewesen, der Gegenteiliges behauptete. Dieser habe sich für die Aussage aber ohnehin entschuldigt. Noch vor der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ habe er den Unternehmer angerufen. Strache rede „immer relativ viel“, sagte Benko, aber dieses Mal mehr als sonst. „Sehr nebulös“ habe Strache versucht zu formulieren, was in Ibiza stattgefunden habe. Aus dem Telefonat sei er aber nicht schlauer geworden. „Es war für mich eigentlich nicht ganz klar, worum es geht“, Strache habe wegen seines „schlechten Gewissens“ um den „heißen Brei“ geredet. Erst als Benko das „Ibiza-Video“ sah, sei ihm vieles klar geworden.

Kurz-Telefonate „mehrmals im Jahr“

Weniger konkret antwortete Benko auf die Frage von FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker über Kontakte zum Bundeskanzler. Wie oft er mit Kurz telefoniert oder den Bundeskanzler trifft, könne er nicht sagen. „Ich habe mir einmal meinen Kalender durchgesehen, um zu schauen, wie viele Termine ich im Jahr überhaupt habe“, so Benko. 2.000 Termine im Jahr, bis zu 40 Telefonate am Tag, einige tausend also pro Jahr und zwischen 30.000 und 40.000 Textnachrichten jährlich. „Mein Tag im Büro starte um 5.00 oder 6.00 Uhr in der Früh und endet spätabends“, begründete Benko, dass er nicht wisse, wie häufig er mit dem Bundeskanzler in Kontakt stehe.

Christian Hafenecker beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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FPÖ-Politiker Hafenecker wollte mehr über Benkos Kontakt zu Kurz wissen

„Beim Herrn Strache konnte ich es auf wenige Male einschränken“, so Benko. Daraufhin schlussfolgerte Hafenecker, dass es viele Kontakte mit Kurz gegeben habe, etwa mehrere Anrufe pro Woche. Benko entgegnete: Mit Kurz telefoniere er „mehrmals pro Jahr“, und man treffe sich „ab und an“. Er kenne den ÖVP-Politiker „schon lang“, und man schätze einander. Aber: „Wir kennen uns nicht so gut, dass wir gemeinsam auf Urlaub fahren.“ Ob er mit anderen Politikern und Politikerinnen urlaube, wollte Hafenecker wissen. Eine konkrete Antwort darauf gab es wegen einer langen Debatte darüber, ob der Urlaub Privatsache sei, nicht.

ÖVP-Fraktionschef Wolfgang Gerstl fragte, auf wie vielen Auslandsreisen Benko mit Kurz gewesen sei. Zwei nach Abu Dhabi seien es gewesen, so die Auskunftsperson. Wann genau, wisse er aber nicht mehr. Die Reisen seien typisch für Wirtschaftsdelegationen gewesen. „Ich bin selbst dorthin geflogen, mit unserer eigenen Maschine, und habe auch die Reise selbst bezahlt.“ Er bekomme jährlich so viele Einladung, dass er beinahe eine eigene Sekretärin einstellen müsse, um diese „abzuwimmeln“.

Kontakte nicht nur zu ÖVP und FPÖ

Auch die ÖVP wollte mehr über Benkos Verbindungen zur Politik erfahren – speziell zu Politikern der SPÖ, Grünen und FPÖ. So wurde die Auskunftsperson gefragt, was Ex-SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer im Beirat der Signa macht und ob Benko zu Wiens Ex-Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) „regelmäßig“ Kontakt hatte. „Was Sie als regelmäßig bezeichnen, das müssen Sie mir noch sagen. Aber ja, wir haben uns immer wieder ausgetauscht. Er wollte wissen, wie es unseren Projekten geht. Ich bin nicht sicher, ob er bei unserem jährlichen Törggelen war“, sagte Benko, der einmal im Jahr zum Südtiroler Brauch des Törggelen einlädt. Gäste sind Personen aus Politik und Wirtschaft.

Nina Tomaselli und David Stögmüller beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Grünen-Fraktionschefin Nina Tomaselli stellte Fragen zu „Immobiliendeals“ der Signa Holding

An Kontakte zu Ex-Grüne-Wien-Politiker Christoph Chorherr und FPÖ-Chef Norbert Hofer könne er sich nicht erinnern. Bekannt ist allerdings, dass Benkos Signa Holding im Jahr 2011 100.000 Euro an Chorherrs Verein s2arch überwies. Ob Benko wusste, dass hinter dem Verein der grüne Stadtplanungssprecher stand, ließ ein Sprecher Benkos laut „Falter“ von 2019 offen. Das Thema wurde im U-Ausschuss auch auf Nachfrage Hafeneckers nicht näher verfolgt. Der Grund: Die Spende erfolgte außerhalb des Untersuchungszeitraums.

Immobilienkäufe der Signa Holding

Die Fraktionschefin der Grünen, Nina Tomaselli, nahm neben dem Kauf des Leiner-Hauses auch weitere „Immobiliendeals“, wie sie es nannte, unter die Lupe. Sie fragte auch nach der ARA, eine Tochter der staatlichen BIG. Wollte die Signa Holding die ARA je kaufen? Er habe keine Wahrnehmung dazu, dass es jemals Gespräche im Untersuchungszeitraum dazu gegeben habe, so Benko. Aber man müsse die Geschäftsleitung fragen. „Hatten Sie Interesse, Teile der BIG zu kaufen?“, fragte Tomaselli weiter.

Wiederholt verwies Benko darauf, dass er nur dem Beirat der Signa Holding angehöre. Daher müssten operative Fragen auch an die Geschäftsführung, den Vorstand oder den Aufsichtsrat gestellt werden, nicht aber ihm. Er könne nur sagen, dass er „keine Wahrnehmung“ dazu habe, „dass Interesse bestanden hat, die ARE oder BIG oder Teile davon zu kaufen“.

Rene Benko und Wolfgang Gerstl beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Während der Pause unterhielt sich Benko mit Abgeordneten der ÖVP-Fraktion

Fragen zum 2013 erfolgten Kauf der Postsparkasse am Wiener Stubenring gingen wegen langanhaltender Debatten über die Untersuchungsgegenstände zumeist ins Leere. Nach einem Deal mit der BIG im Jahr 2019 – der österreichische Staat wurde als Mieter gewonnen, ab 2021 soll etwa die Universität für angewandte Kunst Wien einziehen – wurde die Postsparkasse deutlich aufgewertet. Tomaselli rechnete vor, dass es binnen sechs Jahren und nach Abschluss des 99 Jahre laufenden Vertrags mit der BIG zu einer Wertsteigerung von 190 Millionen Euro gekommen sei.

„Krone“-Beteiligung: Rechte des Minderheitsgesellschafters

Auch die Signa-Holding-Beteiligung an der „Kronen Zeitung“ und dem „Kurier“ wurde angesprochen. Im November 2018 übernahm Signa von der Funke-Gruppe einen Anteil von 49 Prozent an der WAZ Ausland Holding GmbH, die wiederum an der „Kronen Zeitung“ und am „Kurier“ beteiligt ist. Strache hatte bereits im Juli 2017 auf Ibiza mit der vermeintlichen Oligarchennichte über eine „Krone“-Übernahme gesprochen. Ein möglicher Partner sei Benko, so Strache, „der will nämlich sowieso die ,Krone‘“. Aus diesem Satz geht zumindest hervor, dass manche Personen schon im Sommer 2017 von Benkos Interesse an der „Krone“ wussten.

Lokal 7 beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Ein Mitarbeiter der Parlamentsdirektion wagt vor der Befragung noch einen Blick aus dem Ausschusslokal

Benko sagte im U-Ausschuss, dass die Signa nicht mehr Funktionen ausübe, als einem Minderheitsgesellschafter zusteht. Grund für die Frage von SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter war ein „Presse“-Artikel aus dem Jahr 2019. Darin wird Benko zitiert: „Falls Signa den restlichen Hälfteanteil erwerben sollte, würde ich gern eine aktivere Gesellschafterrolle wahrnehmen. Über eine typische Gesellschafterrolle hinaus wird mein Engagement jedoch niemals gehen.“ Benko betonte allerdings, dass die die operativen Geschäfte die Geschäftsführung leite und an der Unabhängigkeit der Redaktion nichts geändert werde.

Für die Fotografen und Kameraleute im U-Ausschuss war der Auftritt Benkos nicht besonders ergiebig. Der Signa-Holding-Gründer betrat das Ausschusslokal zwar wie alle anderen Auskunftspersonen durch den Haupteingang, ein Kameraschwenk war aber nicht gewollt. Dass Benko nach der Befragung den Raum über den Hinterausgang verließ, ist ungewöhnlich. Denn normalerweise wird dieser Ausgang von Mitgliedern des U-Ausschusses und dem Personal der Parlamentsdirektion benutzt, nicht aber von Auskunftspersonen. Am Ende warteten die Fotografen und Kameraleute vergebens auf ein Bild von Benko, der sich nicht gerade in die Öffentlichkeit drängt.