Stefan Pierer beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
„Ibiza“-U-Ausschuss

KTM-Chef erklärte 436.563 Euro für ÖVP

Nach Immobilientycoon Rene Benko ist am Mittwoch KTM-Chef Stefan Pierer im „Ibiza“-U-Ausschuss Rede und Antwort gestanden. Während Benko angab, nie an die ÖVP oder eine Vorfeldorganisation gespendet zu haben, ist die 436.563-Euro-Spende Pierers an die ÖVP aus dem Jahr 2017 offiziell. Um sie drehte sich die Befragung – Pierer dazu: „Ich wollte Kurz unterstützen.“

Der KTM-Chef gab an, seit zehn Jahren Mitglied der Industriellenvereinigung (IV) zu sein. In seiner jahrzehntelangen Karriere habe er „mit einer Vielzahl an Parteien zu tun gehabt“, er habe quasi „alle Farben durch“. Aktiv machte er seine Spende an die ÖVP zum Thema: 2016/17 sei man in der IV vom Nachlassen der Wettbewerbsfähigkeit in der Großen Koalition besorgt gewesen, schilderte Pierer.

Der „junge (damalige, Anm.) Außenminister“ Sebastian Kurz (ÖVP) sei 2017 dann aktiv auf die Wirtschaft zugegangen, sein Programm sei ebendort sehr gut angekommen. „Das hat mich motiviert“, so Pierer – er habe Kurz unterstützen wollen, obwohl er ihn da noch nicht persönlich gekannt habe. Nach dem Kennenlernen sei er beim Parteitag der ÖVP sogar aufs Podium gegangen, um als Fürsprecher des späteren Kanzlers aufzutreten.

Pierer: Keine Gegenleistung für Spende

Aber davor habe er eben auch noch gespendet: Anfang Juli 2017 sei vom Team Kurz eine Crowdfundingaktion ins Leben gerufen worden, er habe sich bereit erklärt, die Summe zu verdoppeln. Am Ende seien dann mehr als 400.000 Euro rausgekommen, das habe ihm das Attribut des Großspenders eingebracht, von der Höhe der Summe sei er selbst überrascht gewesen. Gerechnet habe er mit einem „Hunderter“ (Pierer meinte damit 100.000 Euro).

Zur generellen Relevanz: Die Untersuchung im Ausschuss zielt unter anderem auf etwaige Gesetzeskäufe bzw. die Käuflichkeit von ÖVP/FPÖ ab. Jegliches entsprechende Interesse wies Pierer von sich.

„Ich bin auf Kurz zugegangen“

Dafür schoss sich Pierer auf die SPÖ ein: Sie habe die Spende an die ÖVP ausgenützt, habe ihn in parlamentarischen Anfragen diskreditiert, habe auch aus seinem Steuerakt zitiert. Eine Anzeige, auch gegen SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer, sei erfolgt, das Verfahren eingestellt worden. In Sachen Spende fragte Krainer Pierer zum Termin mit Kurz, er wollte wissen, wer aktiv geworden sei. „Ich bin auf Kurz zugegangen“, bei einer Veranstaltung der Oberbank in Linz, so Pierer.

Stefan Pierer beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Pierer betonte sein Fantum gegenüber Kurz und Ex-NEOS-Chef Strolz

In der Folge habe es einen Termin in einem Lokal in Wien, zwei Termine in Linz und einen in der KTM-Zentrale in Mattighofen gegeben. In Wien sei er mit Kurz allein gewesen. Die Verdoppelung der Spenden habe er mit ebendiesem ausgemacht. Das Geld entstamme seinem Privatvermögen, mit Gesetzesänderungen habe das nichts zu tun. Dass er am von ÖVP/FPÖ eingeführten Zwölfstundentag interessiert gewesen sei, bestätigte Pierer. Einen Gesetzeskauf wies er aber von sich.

„Kurz hat ÖVP gehörig restrukturiert“

Nach der Wahl habe er dann wenig Kontakt zu ÖVP-Vertretern gehabt. „Hat Ihnen Kurz gesagt, dass die ÖVP damals so um die 20 Millionen Euro Schulden hatte und sie die Spenden dafür gebraucht hat?“, wollte FPÖ-Mandatar Martin Graf wissen und ob er in diesem Fall auch gespendet hätte. Pierer wollte darauf nicht antworten – nur so viel: „Ich bin ein Sanierer, ein Restrukturierer“, die ÖVP habe ihn aber nicht um Sanierung gebeten, so Pierer. Und Kurz habe in der ÖVP „gehörig restrukturiert, das kann man wohl sagen“, so der KTM-Chef.

Das erscheine jetzt so, als zentriere sich die ÖVP auf seine Person. Doch sei alles vielfältiger: Auch mit NEOS habe er Kontakt gehabt, gab Pierer an. Von NEOS sei er gefragt worden, „ob ich Minister werden will oder so was“ oder ob er finanzieren wolle. Pierer outete sich als Fan von Ex-NEOS-Obmann Matthias Strolz – der sei auch „so ein Junger, Dynamischer“ gewesen. Sonst habe dann niemand mehr bei ihm gefragt, ob er etwas spenden wolle, „die 430.000 Euro waren genug“, so der Unternehmer.

Harte Bandagen zwischen Krainer und Pierer

SPÖ-Mandatar Krainer legte den Fokus auf die „Abschleicherliste“: Von dieser habe Pierer über die APA erfahren, im Zuge der SPÖ-Anfrage im Parlament. Zur Erklärung: Krainer hatte Pierer im Herbst 2017 in die Nähe dieser „Abschleicherliste“ gebracht. Bei dieser handelte es sich um eine Liste im Finanzministerium über österreichische Steuerpflichtige, die noch schnell ihr Geld nach Österreich transferiert haben sollen, bevor Steuerabkommen mit Liechtenstein und der Schweiz in Kraft traten. Auf dieser soll sich Pierers Name befunden haben, was Thema im Nationalratswahlkampf 2017 war.

Kai Jan Krainer beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Krainer und Pierer lieferten sich ein scharfes Wortgefecht

Krainer wollte wissen, ob er jemals vom Finanzamt auf die Überweisungen angesprochen worden sei. „2016 sei eine Steuerprüfung vonstattengegangen, das sei Teil der Prüfung gewesen“, alles sei ordnungsgemäß abgeschlossen, so Pierer. Ob er, Pierer, auf die Zahlungen aufmerksam gemacht habe, wollte der KTM-Chef auf Krainers mehrfache Nachfrage nicht beantworten. Die ÖVP sprang Pierer zur Seite: Der SPÖ gehe es darum, ein Finanzstrafverfahren gegen Pierer einzuleiten.

„Das sollten Sie einmal lernen!“

Nach einer langen Geschäftsführungsdebatte wollte Krainer wissen, ob Pierer Kontakt zu hochrangigen Amtsträgern im Finanzministerium hatte, was Pierer verneinte. Generell war der Ton zwischen Pierer und Krainer rau. Der KTM-Chef erklärte, dass er sich in seinen 30 Jahre nie eine Dividende ausbezahlt habe, „der Lohn des Unternehmers ist die Dividende, das sollten Sie einmal lernen, Krainer!“, so Pierer, der dem SPÖ-Mandatar empfahl, Volkswirtschaft zu lernen. Zu Kurz habe er wegen der Abschleicherlisten-Angelegenheit jedenfalls keinen Kontakt gehabt.

Auch ging es also – zwischendurch recht fern dem Untersuchungsgegenstand, wie Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) einige Male kritisierte – um die Steuerkonstruktion von Pierers Konzern. Diese sei legal. SPÖ-Mandatar Krainer sagte aber, er wolle solche Konstruktionen weiterhin bekämpfen. Pierer bot ihn daraufhin ein „Privatissimum“ an, um die „Konstruktion, die Arbeitsplätze sichert“ gegenüber Krainer zu erläutern.

Ebenso bestritten wurde der Zusammenhang zum Beweisthema bei Fragen von NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper zur KTM Motohall in Mattighofen im Bezirk Braunau am Inn, für die Pierer umstrittene Landesförderungen erhalten hatte. Der Schauraum falle eigentlich nicht in den Untersuchungszeitraum, sagte Pierer, lobte aber dennoch die „40-Millionen-Investition“ am Standort. Er betonte, dass die treibende Kraft dahinter ein SPÖ-Bürgermeister gewesen sei.