Verordnungsentwurf nur an ÖVP-Länder: Streit um Infopolitik

Ein E-Mail-Verkehr zwischen dem Finanzministerium und den ÖVP-geführten Bundesländern nach einer Videokonferenz zwischen der türkis-grünen Bundesregierung und allen Bundesländern in Sachen CoV-Bekämpfung sorgt für böses Blut zwischen ÖVP und SPÖ. Die SPÖ machte gestern eine E-Mail publik, der zufolge die ÖVP-geführten Bundesländer bereits am Montagabend den neuen Verordnungsentwurf mit der Bitte um Rückmeldung und Prüfung erhalten hätten. Die ÖVP wies die Vorwürfe zurück.

SPÖ empört über Verordnungsentwurf für ÖVP-Bundesländer

Die Coronavirus-Verordnung, die am Freitag in Kraft tritt, ist noch nicht veröffentlicht worden. Doch sechs Bundesländer haben bereits am Montagabend einen Entwurf der neuen Regeln bekommen. Da es sich um ÖVP-geführte Bundesländer handelt, ist die SPÖ nun heftig empört.

In Kopie gesetzt wurden auch führende Mitarbeiter im Bundeskanzleramt. Die drei SPÖ-geführten Bundesländer fehlen im Verteiler und haben den Verordnungsentwurf bis gestern Nachmittag offiziell noch immer noch nicht erhalten, berichtete die SPÖ in einer Aussendung.

„Verantwortungslose Kommunikationspolitik“

Parteichefin Pamela Rendi-Wagner sowie die Landeshauptleute Hans Peter Doskozil und Peter Kaiser zeigen sich darin verärgert über diese „völlig unnötige und verantwortungslose Kommunikationspolitik“. Und: „In Zeiten einer Jahrhundert-Gesundheitskrise eiskaltes parteipolitisches Kalkül über eine gemeinsame Krisenbewältigung zu stellen ist mehr als fahrlässig. (…) Dieser Vorfall ist höchst aufklärungsbedürftig“, so Rendi-Wagner.

In dieselbe Kerbe schlugen die SPÖ-Landeshauptleute: „Einerseits wird immer mediengerecht von notwendiger Einigkeit geredet und dazu aufgerufen, an einem Strang zu ziehen – andererseits wird aber, wie aus dem Schriftverkehr abzuleiten ist, Parteipolitik über das Gesamtwohl der Bevölkerung gestellt. Das ist ungeheuerlich.“

Kaiser und Doskozil betonen auch, dass es Kanzler Sebastian Kurz und der ÖVP offenbar darum gehe, der eigenen Partei die Möglichkeit zu geben, Verordnungen nach ihren Wünschen zu beeinflussen, und die SPÖ-geführten Bundesländer durch die späte Übermittlung eines Entwurfs vor vollendete Tatsachen zu stellen.

ÖVP weist Vorwurf zurück

Die ÖVP wies diese Vorwürfe zurück. „Es gibt in der Krisenbewältigung ständig Abstimmungsrunden auf allen Ebenen zwischen Ministerien, Bundesländern und Behörden.“ Bei dem E-Mail-Verkehr handle es sich um eine regierungsinterne Koordination innerhalb der ÖVP und nicht um ein Begutachtungsverfahren, wie auch im Betreff („Koordinierung“) ersichtlich sei.

„Es wurden alle Maßnahmen in der Videokonferenz mit den Landeshauptleuten besprochen und es ist ein völlig normaler Prozess im Sinne einer legistischen Qualitätssicherung der Verordnung“, sagte ein Sprecher auf Anfrage.

Aus dem Gesundheitsministerium hieß es auf ORF.at-Anfrage, dass der in der E-Mail angesprochene Verordnungsentwurf aus dem Ressort von Rudolf Anschober (Grüne) stamme. Es sei üblich, dass man diesen im Sinne der Koordinierung dem Koalitionspartner übermittelt. Am Ende werde die Verordnung zu den neuen Maßnahmen, die heute kundgemacht werden soll, regierungsintern abgestimmt.