Angestellte in einem Supermarkt
Reuters/Leonhard Foeger
Einigung bei KV

Gehälter im Handel steigen um 1,5 Prozent

Nach knapp elf Stunden haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaft bereits in der ersten Verhandlungsrunde auf einen neuen Kollektivvertrag (KV) für die rund 415.000 Angestellten und 18.000 Lehrlinge im Handel geeinigt. Die Gehälter und Lehrlingsentschädigungen steigen per 1. Jänner 2021 um 1,5 Prozent. Das entspricht der durchschnittlichen Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate.

Zum Vergleich: Die Arbeitgeber und die Gewerkschaft hatten sich für die Metallindustrie Ende September auf ein Gehaltsplus von 1,45 Prozent geeinigt. Traditionell schließen die Metaller deutlich höher als der Handel ab.

Die von der Gewerkschaft geforderte Coronavirus-Mitarbeiterprämie ist nicht Teil des neuen KV. Die Sozialpartner einigten sich aber auf eine Aufforderung an Betriebe, die es sich leisten können, eine Prämie in Höhe von 150 Euro auszuzahlen. Eine verpflichtende Prämie von 150 Euro gibt es aber für Lehrlinge im Handel, die während des Lockdowns per Verordnung vom Homeschooling ausgenommen waren und zur Arbeit herangezogen wurden.

„Konsumlaune zum Weihnachtsgeschäft“

Es war „heuer kein einfacher Weg“, sagte WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik nach dem Abschluss der Verhandlungen vor den Medien. Mit dem Abschluss könne man die „gewünschte Kaufkraft sichern“. Es gebe auch Signale von großen Handelsbetrieben, dass sie die freiwillige Coronavirus-Mitarbeiterprämie ausbezahlen wollen, sagte der Handelsobmann.

WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik und Arbeitnehmer-Verhandlerin Anita Palkovich
APA/Robert Jaeger
WKÖ-Handelsobmann Trefelik und die gewerkschaftliche Chefverhandlerin Palkovich konnten eine Einigung erzielen

„Die Prämien sollen noch heuer an die Beschäftigten fließen und die Konsumlaune zum Weihnachtsgeschäft im österreichischen Handel positiv beeinflussen“, so Trefelik. REWE (Billa, Bipa, Merkur, Penny) kündigte nach den KV-Verhandlungen am Mittwochabend eine zweite „Corona-Prämie“ für die 40.000 Mitarbeiter an. Dafür werde ein „einstelliger Millionenbetrag“ aufgewendet, hieß es.

Vor Abschluss der Verhandlungen sprach Trefelik von „besonders herausfordernden Rahmenbedingungen“. Bei den Verhandlungen gehe es um „die nachhaltige Sicherung der Arbeitsplätze“. Er wies darauf hin, dass im Frühjahr viele Betriebe schon freiwillig CoV-Prämien ausbezahlt hätten. „Das dürfen wir nicht vergessen.“ Es gebe auch eine große Anzahl von Handelsunternehmen, die im Lockdown ihre Geschäfte geschlossen halten mussten.

„Große Herausforderungen“

„Mit dem Abschluss wurde den besonderen wirtschaftlichen Gegebenheiten des Handels Rechnung getragen, und es konnte eine nachhaltige reale Gehaltserhöhung für alle Angestellten erzielt werden“, so die gewerkschaftliche Chefverhandlerin Anita Palkovich von der GPA-djp. „Zusammen mit den rahmenrechtlichen Verbesserungen ist es ein herzeigbares Ergebnis, von dem die Handelsangestellten langfristig profitieren.“ Bei überlangen Arbeitszeiten würden die Ruhezeiten verlängert, und zu Silvester gebe es einen Zuschlag ab 13.00 Uhr. Diese Rahmenrechtsänderungen treten bereits ab 1. Dezember in Kraft.

Alexandra Siebenhofer über die KV-Verhandlungsergebnisse für den Handel

Am Mittwoch haben Gewerkschaft und Unternehmen einen neuen Kollektivvertrag für die 420.000 Beschäftigen im Handel verhandelt. Bereits in der ersten Verhandlungsrunde gab es eine Einigung, wie ORF-Reporterin Siebenhofer berichtet.

Außerdem wird die Frist für den Umstieg auf das neue KV-Gehaltssystem für die Betriebe um einen Monat auf 1. Jänner 2022 verlängert. Seit Ende 2017 gibt es einen neuen Handels-KV mit höheren Einstiegsgehältern, seitdem läuft die Übergangsfrist für die Betriebe.

Palkovich hatte im Vorfeld von dem Wunsch, „eine gute und faire Lösung für die Handelsangestellten und die Betriebe“ zu erreichen, gesprochen. Die Gewerkschaft forderte „zumindest eine Inflationsabgeltung“ zur Erhaltung der Kaufkraft, eine „Corona-Mitarbeiterprämie“ von den wenigen Betrieben, die in den letzten Monaten gut verdient haben, und eine bessere Bewertung und Abgeltung der Arbeitsbedingungen.

Grafik zum KV-Abschluss im Handel
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: gpa-djp

Handel unterschiedlich schwer getroffen

„Wir haben keine überzogenen Forderungen“, so die Gewerkschafterin vor Beginn der Verhandlungen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lebensmittelhandels und von Drogerien hielten während des Lockdowns im März und April die Versorgung in Österreich aufrecht. „Sie haben die Stellung gehalten, sie haben Österreich mit den wichtigsten Produkten des täglichen Bedarfs versorgt, und das verdient unsere Wertschätzung und Anerkennung“, so die gewerkschaftliche Chefverhandlerin.

Die KV-Verhandlungen fanden aufgrund der Coronavirus-Krise unter schwierigen Vorzeichen statt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie haben die Handelsbranche höchst unterschiedlich getroffen. Während der Lebensmitteleinzelhandel, Elektronikketten, Baumärkte und Einrichtungshäuser Umsatzzuwächse verzeichneten, brachen die Erlöse im Textil-, Schuh- und Kfz-Handel stark ein.

Der Handelsverband – eine freiwillige Interessenvertretung von rund 3.000 Unternehmen – begrüßte den KV-Abschluss angesichts der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. „Vor diesem schwierigen Hintergrund gratulieren wir den Verhandlungspartnern zur Einigung. Arbeitnehmer und Arbeitgeber leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Arbeitsplätze im österreichischen Handel“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer Aussendung.