Sie sei lange Richterin gewesen, nun sei sie Anwältin. Zudem saß sie zehn Jahre lang im Universitätsrat der Universität Graz. Mit der Spende habe das „so was von gar nichts zu tun“, sagte Leitner. Dass sie im ÖBB-Aufsichtsrat sitzt, begründete sie mit ihrer Qualifikation, ein Grund sei vermutlich auch gewesen, „dass ich weiblichen Geschlechts bin“. Die Juristin, deren Mann Vorstandsvorsitzender der Andritz AG ist, ist seit 2018 auch Unirätin der Wirtschaftsuniversität Wien. Auf die Frage der ÖVP, ob sie sich jemals eine Gegenleistung für eine Spende erwartet habe, sagte sie: „Nein.“ Bei der späteren NEOS-Mandatarin Griss sei es darum gegangen, ein Zeichen zu setzen, beim Kärntner ÖVP-Regionalwahlkreiskandidat um die Unterstützung für die Region, wo sie selbst einen Hotelkomplex leitet.
Beide Spenden hätten am Ende nicht geholfen. Griss wurde nicht Bundespräsidentin, und der ÖVP-Kandidat zog nicht in den Nationalrat ein. Eine „persönliche Vertraute“ von ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz, wie von SPÖ-Mandatar Andreas Kollross angemerkt, sei sie nicht. Sie sei mit ihm bekannt, persönlich getroffen habe sie Kurz aber länger nicht mehr. Leitner könne nicht ausschließen, dass sie mit Kurz über ihre Bestellungen in den ÖBB-Aufsichtsrat und in den Unirat gesprochen hat. Aber man spreche sehr selten persönlich miteinander. An den ÖVP-Nationalratskandidaten spendete sie über ihre Firma 10.000 Euro, an Griss „das Zehnfache“, wie sie erklärte.
Posten nach 2:1-Formel besetzt
ÖBB-Vorstand Arnold Schiefer, der unter der ÖVP-FPÖ-Regierung in die Rolle gehievt wurde, sprach in seiner Befragung im „Ibiza“-U-Ausschuss die Personalquote 2:1 in den Aufsichtsräten unter ÖVP und FPÖ an. Die Intention sei gewesen, damit den Proporz 50:50 zu stoppen. Zu Cattina Leitner betonte Schiefer, der Berichten zufolge Postenbestellungen aufseiten der FPÖ koordiniert hat, dass ihr Name auf jener Liste gestanden sei, „die wir für die Aufsichtsratspositionen bekommen haben, soweit ich mich erinnere; aber das müssen Sie die politische Koordinierung fragen, wie der Name da raufgekommen ist – aber er ist offensichtlich von der ÖVP gekommen“.
Leitner bestätigte, dass sie von der ÖVP in den Aufsichtsrat entsendet wurde. Von Listen, die die ÖVP zu Posten erstellt habe, wisse sie nichts. Schon zuvor hatten SPÖ und FPÖ auf die Liste verwiesen, in der ihr Name aufscheint. Laut den Fraktionen sei diese von der ÖVP verfasst worden und beinhaltet potenzielle Kandidaten und Kandidatinnen für unterschiedliche Posten. FPÖ-Chef Norbert Hofer, der damals als Verkehrsminister den ÖBB-Aufsichtsrat besetzte, sagte bei seiner Befragung, dass zwei Drittel der Posten an die ÖVP gingen, ein Drittel an die FPÖ. Selbstverständlich streng nach fachlicher Qualifikation, sagte er.
Entschlagungen bei Sidlo
Grünen-Mandatar Stögmüller legte im weiteren Verlauf der Befragung ein Chat-Protokoll vor, in dem Leitners Name in Bezug auf die spätere Bestellung von Peter Sidlo (FPÖ) zum Casinos-Austria-Vorstand vorkommt. Die ehemalige FPÖ-Lokalpolitikerin und heutige Vizepräsidentin der Österreichischen Nationalbank, Barbara Kolm, schrieb an den damaligen Novomatic-Vorstandsvorsitzenden Harald Neumann, dass sie, Kolm, Leitner zunächst nicht erreicht habe.
Später wurde die Juristin offenbar doch erreicht. Es sehe aber nicht so gut aus, soll Kolm Neumann mitgeteilt haben. Grünen-Mandatar Stögmüller geht davon aus, dass es um ein Rechtsgutachten einer Anwaltskanzlei geht, für die Leitner tätig ist. Es ging damals um die Frage, ob der kritische Personalberaterbericht über Sidlo dem Casinos-Aufsichtsrat vorgelegt werden muss. Die Anwaltskanzlei sprach sich offenbar dafür aus. Allerdings wurde der vollständige Bericht dem Aufsichtsrat nie vorgelegt, weil dieser selbst dagegen war.
Leitner berief sich auf ihre anwaltliche Verschwiegenheitspflicht. Sie habe Sidlo nie getroffen, sagte sie. SPÖ und Grüne wollten geklärt haben, warum Leitner dann mit Barbara Kolm darüber reden konnte, wie die Nachrichten von Kolm an Neumann nahelegen würden. Sowohl der Verfahrensanwalt, der sich um die Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen kümmert, als auch der Verfahrensrichter sagten, dass Leitner sich zum gesamten Thema entschlagen habe.