Mann i Schutzanzug bei CoV-Test
APA/AFP/Joe Klamar
Slowakei

Ausgangsbeschränkungen und Teil-Lockdown

Nach mehr als elf Stunden Beratungen des nationalen Krisenstabs hat die Slowakei rigorose Maßnahmen verhängt. Zusätzlich beginnt die erste Phase von Massentests. Das Land will seine gesamte Bevölkerung auf das Coronavirus testen lassen. In Tschechien muss binnen kürzester Zeit schon der zweite Gesundheitsminister gehen.

Von Samstag bis inklusive 1. November gelten in der Slowakei wieder strenge Ausgangsbeschränkungen. Dann dürfen die Menschen mehr als eine Woche lang die eigene Wohnung nur für dringende Zwecke verlassen. Dazu gehören der Weg zur Arbeit, zu einem Coronavirus-Test und zur Deckung von Grundbedürfnissen, aber auch für kleine Spaziergänge in der Natur. Wie Wirtschaftsminister Richard Sulik erklärte, werden die Geschäfte nicht vom Staat geschlossen.

Wegen der Ausgangsbeschränkungen werden aber die meisten keine Kunden haben – abgesehen etwa von Lebensmittelgeschäften, Apotheken und Tankstellen. Die Schulen werden im ganzen Land ab Montag für einen Monat nur für die ersten vier Schulstufen offenstehen. Die älteren Schüler müssen auf Onlineunterricht umsteigen.

Tests für alle Einwohner

In vier besonders stark betroffenen Bezirken an der polnischen Grenze gelten noch strengere Bestimmungen. Dort dürfen Personen, die keinen negativen Test vorweisen können, fast nur noch ins Testlabor gehen, auch der Weg zur Arbeit ist untersagt. In diesen Bezirken soll schon ab Freitag die erste regional begrenzte Phase einer geplanten Massentestung fast der gesamten Bevölkerung beginnen. An den beiden darauffolgenden Wochenenden sollen dann im ganzen Land alle über zehn Jahre alten Menschen getestet werden. Die Teilnahme ist zwar freiwillig sein, aber mit der Einschränkung, dass jeder, der keinen negativen Test vorweisen kann, für zehn Tage in Quarantäne muss.

Bis Freitag bestätigten die slowakischen Gesundheitsbehörden 35.330 Fälle für das 5,4 Millionen Einwohner zählende Land. Die Gesamtzahl der CoV-bedingten Todesfälle liegt mit 115 niedriger als in den meisten anderen EU-Ländern, allerdings zählt die Slowakei nur Verstorbene, bei denen eine andere Todesursache ausgeschlossen wurde. Nach Angaben des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) lag die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in der Slowakei binnen 14 Tagen bei 347,0 – der EU-Spitzenwert dazu lag im Nachbarland Tschechien bei 1.066,3.

Kritik an Regierung in Prag

Tschechien setzte ebenfalls bereits wieder auf strenge Maßnahmen. Am Donnerstag verhängte die Regierung zum zweiten Mal seit dem Frühjahr Ausgangsbeschränkungen. Die Menschen sollen zu Hause bleiben, ihre Kontakte mit anderen Leuten auf das absolut Notwendige beschränken. Ausnahmen gelten für den Weg zur Arbeit, notwendige Einkäufe sowie Arzt- und Familienbesuche. Man habe zum „stärksten Kaliber“ gegriffen, sagte Innenminister Jan Hamacek.

Feldkrankenhaus bei Prag
AP/Roman Vondrous
In Prag wurde ein Feldspital als Reserve aufgebaut.

Der Kurs der tschechischen Regierung ist Anlass für viel Kritik. Am Freitag verlor das Land bereits seinen zweiten Gesundheitsminister: Regierungschef Andrej Babis sagte, er habe Roman Prymula gebeten, seinen Rücktritt einzureichen. Tue er das nicht, werde er ihn entlassen. Das Fehlverhalten des Ministers sei „unentschuldbar“. Prymula wird vorgeworfen, seine eigenen drastischen Coronavirus-Vorschriften verletzt zu haben. Die Zeitung „Blesk“ fotografierte den Politiker und Epidemiologen, wie er abends ein Luxusrestaurant verließ und dabei keine Maske trug. Dabei sind seit eineinhalb Wochen alle Restaurants in Tschechien geschlossen. Prymula war erst Ende September ins Amt gekommen, er war dem zurückgetretenen Adam Vojtech gefolgt.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen äußerte sich besorgt über die Lage in Tschechien. „Die EU ist hier, um zu helfen“, schrieb sie auf Twitter. Die Politikerin kündigte die rasche Lieferung von zunächst 30 Beatmungsgeräten aus der EU-Reserve an.

Notbremse auch in Slowenien

Auch Slowenien, das sich bereits im Teil-Lockdown befindet, führt nun weitere Einschränkungen ein. Ab Samstag bleiben nicht wesentliche Geschäfte, Hotels, Kindergärten und Studentenheime mit einigen Ausnahmen geschlossen, kündigte der slowenische Premier Janez Jansa am Donnerstagabend an. Die zusätzlichen Einschränkungen sollen wie in der Slowakei zunächst eine Woche gelten.

Die kommende Woche, wenn auch Herbstferien für Schulkinder anstehen, wird laut Jansa entscheidend im Kampf gegen das Coronavirus sein. „Diese Woche wird äußerst wichtig sein, um die Ausbreitung der Epidemie einzudämmen“, sagte der slowenische Premier bei einer Pressekonferenz. Nach einer Woche wird die Regierung entscheiden, ob die Einschränkungen verlängert oder wieder abgemildert werden.

Schon jetzt strenge Maßnahmen

Die Maßnahmen werden laut Jansa ähnlich wie bei dem Lockdown im Frühjahr sein. Zusätzlich zu Geschäften werden auch Frisör- und Kosmetiksalons schließen, offen bleiben hingegen Lebensmittelgeschäfte, Tierbedarfshops sowie Baumärkte. Der öffentliche Verkehr wird auf ein Drittel der üblichen Kapazitäten zurückgeschraubt. Die Regierung appellierte dazu an Unternehmen, überall dort, wo das möglich ist, die Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken.

In Slowenien gilt wegen rasant zunehmender Infektionszahlen schon jetzt ein Bewegungsverbot zwischen Regionen und eine nächtliche Ausgangsperre zwischen 21.00 und 6.00 Uhr. Treffen sind auf maximal sechs Personen beschränkt, Maskenpflicht gilt auch im Freien. Ein Großteil der Schüler hat bereits Fernunterricht. Die Gastronomie, sowie Kultur – und Sporteinrichtungen sind ebenfalls schon geschlossen. Die Einschränkungen könnten noch weiter verschärft werden.